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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Antike Denkmäler (Band 3) — Berlin, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.1792#0062
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56

Eigenheiten der Muskulatur und der Gesichtszuge, die vielfach
noch das Gepräge hocharchaischer Befangenheit tragen und fast
hölzern wirken (Taf. 47). Ich glaube deshalb am besten zu tun,
wenn ich bei jener ungefähren Datierung bleibe, die ich bereits
in der ersten Veröffentlichung des Monumentes vorgeschlagen habe.
Die Vergleiche mit ionischen Skulpturen aus der zweiten Hälfte
des 6. Jahrhunderts (z. B. mit den Reliefs von dem sogenannten
Schatzhaus der Siphnier in Delphi), die ich damals sofort vollzogen
habe, werden bestätigt durch die großen ionischen Voluten an

sind charakteristische Züge, die sich nicht so sehr in griechischer
archäischer Kunst wiederfinden, wie vielmehr in der etruskischen.
All das bestätigt, was uns schon der erste Blick auf diese einzige
Schöpfung lehrt, daß sie, wenn man sie auch mit griechischen Bild-
werken vergleichen kann, doch in ihren Formen und in ihrem
Ausdruck unverkennbare Charakterzüge aufweist, die sie uns als
den gewaltigen Ausdruck einer Kasse erscheinen läßt, die nicht
griechisch war, einer im Verhältnis zu den Griechen augen-
scheinlich barbarischen Rasse, die aber doch eine eigene künstle-

den Stützen; aber es bestehen auch, wie ich damals bemerkte,
augenscheinliche Beziehungen zu den archaischen Terrakotten von
Unteritalien und Sizilien. Das wird durchaus bestätigt durch den
Vergleich mit dem vorauszusetzenden Original der Artemis von
Pompeji, wie ihn Anti a. a. O. S. 75 gemacht hat; auch ich
glaube, daß dieses Original einst in Sizilien gestanden hat, viel-
leicht in einem Heiligtum von Mylai (Annuario della Scuola
Italiana di Atene II 1915 S. 181 ff.) und daß es ein dem Apoll
vollständig entsprechendes Werk gewesen ist, den wir keinen
Grund haben für älter als diese zu halten (vgl. Albizzati im
Primato, II 7, 1920 S. 22 ff.). Leicht lassen sich überzeugende
Vergleiche für Profil und Gewandung ziehen mit den gleich-
zeitigen etruskischen Grabmalereien von Tarquinii, 2. B. mit
denen der Tomba delle Leonesse (Weege, Etruskische Malerei
Taf. 9). Der längliche Schädel, die ungeheure Starke des Ober-
schenkels, das facherartige Auseinanderstrahlen der Haarsträhnen

rische Seele und eine ganz einzigartige Persönlichkeit besaß. Ich
selbst habe es im Zweifel gelassen (Notizie degli seavi 1919
S. 29), ob es sich um einen griechischen Künstler gehandelt habe,
der in den Westen gekommen wäre, um seine Kunst dem Geschmack
seiner neuen Mitbürger anzupassen, oder um einen Etrusker oder
Italiker, der in der Schule der Griechen zur Meisterschaft erzogen
worden wäre, aber ich gestehe, immer mehr der Überzeugung
zuzuneigen, daß die charakteristischen Eigenheiten dieses Bildwerkes
uns nicht nur eine persönliche, sondern vielmehr eine ethnische
Bestimmung erlauben, und daß aller Wahrscheinlichkeit nach dieser
große Künstler ein Etrusker aus Veji gewesen sei.

Bemerkenswert ist die Schematisierung der Muskeln an den
Beinen und der Gesichtszuge insbesondere jenes Doppelbogens
der Augenbrauen, der in vollkommen geometrischer Regelmäßig-
keit nach beiden Seiten von der Nasenwurzel ausgeht, in dem
geöffneten bronzemaßig scharf umrissenen Munde, in den mandel-
 
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