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ein besonderer Bau neben der Airche stand,
und vielleicht auf dein höchsten j)unkte des 5and-
hügels, so daß nicht nur sein Aussehen den Gc-
danken an ein custsllum erweckte, sondern er selber
sogar als custsllum zu Vertheidigungszwecken
diente.

Die fränkische Alosterkirche s^ig. sZ u. s-j) war
nach diesen urkundlichen Acittheilnngen und unsern
Untersuchungen eine dreischifsige flachdeckige Basilika
mit zwei Thünnen, einer Borhalle sparadies) und
einem Atrium, das sich mit einem dreitheiligen
prachtthore denr Volke öffnete. Bor dem Tintritt
zum paradies') lag eine mehrstufige Terrasse. ^)
Die Airche entsprach somit in ihrer ganzen An-
lage deni altchristlichen Basilikentypus, wie er auch
diesseits der Alpen in mehreren Beispielen nachge-
wiesen worden ist, so bei den etwa ein halbes
Iahrhundert später erbauten Basiliken Tinhard's
zu Lteinbach i. G.^)1.ind Seligenstadt a. Ak. und
an der etwa ein ganzes ^ahrhundert später er-
richteten Alosterkirche auf dem l)eiliaenberg bei

Das paradies wird »nter Gerbodo erwähnt. Bei
der Schilderuiig des Brandes (<üoä. Dnur. p. 20 0 heißt es:
turres guogue cum porticidus ÜUIUIUU victrix obtinuit. Es
fragt sich, ob die beiden Ausdrücke pursäisuiu Iind cum por-
ticibus dasselbe bedeuten oder ob der crste von ihnen enlweder
bloß eine von Säulen getragene vorhalle oder einen vorhof
bezeichnen soll. Der Ausdruck psruöisus wird bei italienischen
Schriftstellern des achten Iahrhnnderts zur Bezeichnnng des
ganzen vorhofes, also gleichbedeutend init »irium gebrancht.
tVir glauben aber, daß der Schriftsteller hier nur eine Dor-
halle im engeren Sinne niit dem Worte hat bezeichnen wollen,
da er auch die Anlage einer Treppe oder Terasse, die zu ihr
hinanfführte, erwähnt. Nach den uns mitgetheilten Steignngs-
verhältnissen im vorhofe war eine solche Anlage vor der
Airchenfa^ade nothwendig. ffinsichtlich des Gcbranchs des
plurals cum porticibus haben wir uns oben schon geäußert.
Ist unsere dort gemachte Annahme richtig, so decken sich obige
beide Begriffe nicht, und der letztere dürfte mit Recht auf
ffallen des vorhofes bezogen werden. Spnren eines ehe-
maligen Brandes haben sich aber auch neben der Thorhalle
tief im Boden vorgefunden, nachrichtlich gerade da, wo ffallen-
banten sich dem unteren Theil des südlichen Giebels ange-
schlossen haben könnten.

2) Vb bereits die sränkische Alosierkirche in Lorsch eine
Arypta gehabt hat, ist mit Sicherheit weder zu verneinen
noch zn bejahen. Allenfalls könnte die Stelle aus der Schil-
derung des Brandes, welche die Miederanffindung des Leich-
nams des hl. Nazarius erzählt, Loäsx S. 2vZ: Oito guiäum
uobilis tum urcbilectus, repentiuo velut coucavi souitu
äivinum guicl unimo concipieus, euixius inslitii, nec mullo
post tumbnm mnrmoream ms^niüc! üecoris, siAÜIis nc noclis
lerreis nrtius obsi-:nslnm, remoto circumposito la-
piüum n^Zestu, explicuit etc. anf eine solche schließen
lassen.


Lbenso muß dahin gestellt bleiben, ob die fränkische und die aus ihrer
Stelle später errichtete romanische Airche ein Vuerhaus gehabt haben. Ein
solches findet fich allerdings erwähnt bei Dahl a. a. G. S. 22 Z und in einer
Mittheilung des Vberstjägermeisters ffreiherrn von Dörnberg im Grßhzl.
ksaiis- und Staats-Archiv zu Darmsradt vom 9. Iuni >8SZ.

2) vgl. Adamy, die Linhard-Basilika zu Steinbach i. B.

Heidclberg.') Dem Aachener Alünster hat ein solcher
vorhof gleichsalls nicht gefehlt, wie auch für die
Bngelheimer Airche Aarl's des Großen ein solcher
sich mit wahrscheinlichkeit ergeben hat. ^) Unter
diesen Bauten ist jedoch die Torscher Airchenanlage
die früheste, und vielleicht sür die anderen maß-
gebend geworden. Daß der Gründer der Tinhard-
Basilika in Ateinbach eine römische Airchenanlage
an Grt und 5telle kennen gelernt hatte, haben wir
gelegentlich^) geltend gemacht; hier aber haben wir
auf cin verwandtes Borkominniß für die Lorscher
Anlage hinzuweisen. Bischof Throdegang von Aletz,
den wir als den eigentlichen Arhcber derselben an-
zusehen haben, war im ^ahre 7ö3 auf Begehren
Pipin's in Aom, um den jdabst Stephanus II. des
Lchutzes des fränkischeu Reiches gcgen die Be-
drohungen der Tangobarden zu versichern und ihn
zugleich einzuladen, dem neuen Aönige die kirchliche
IVeihe der chalbung zu gewähren. IDenn auch
damals die Aufgabe der Trbauung und Tin-
richtung des Alosters Torsch, des ältercn wie des
jüügeren, noch nicht an ihn herangetreten war, so
hatte er doch schon einige ^ahre vorher seine Liebe
zur Laukunst in reichem Alaße bethätigen können,
vorzugsweise bei der Gründung des Alosters Gorzia,
seiner Lieblingsstiftung, welches er auch zur Aus-
nahmc seiner sterblichen Reste bestimmt hatte. Leider
mclden uns die Arkunden nichts von dem Tin
drucke, den die römischen und altchristlichen N)erke
aus den baulustigen Airchenfürsten gemacht haben;^)
um so mächtiger aber redet noch heute die Thor-
halle zu Lorsch davon, der geringe Rest einer der
spätesten und größten altchristlichen Anlagen diesseits
der Alpen, und wie man mit den Basiliken zu 5tein-
bach und Seligenstadt den Namen des 5tifters, Tin-
hard's, wieder in Berbindung gebracht hat, so sei der
Nanie Lhrodegang's, des Gründers des berühmtesten
Alosters des frühen AUttelalters, der Reichsabtei
Lorsch, mit sammt den letzten, aber würdigen Resten
seiner verschwundenen j)racht, mit der Thorhalle, hier-
mit von Neuem auch für die Aunstwelt wachgerusen.

vgl. Schlenning, die Mchaels-Basilika ans dem
heiligen Berg bei ffeidelberg. ffeidelberg >887. Nach G.
ffumann, Der lvestbau des lNünsters zn Lssen. Lssen >890,
Selbstverlag dcs Verfassers, hatte anch die Altsrid'sche Ba
silika daselbst, abgesehen vom vorhofe, eine verwandte Anlage.
Vgl. übrigens weiter unten nnter »verwandtes«.

2) Siehe P. Llemen, der karolingische Aaiserpalast zn

Ingelhein, in der westdeutschen Zeitschrift für Geschichte u.
snchnngen nnd nrknndlichen Nachrichten. ^ah^^.g ,x. Trier,890.

2) vgl. A d a III y, die Linhard-Basilika zn Steinbach i. B.
In der »Allgemeinen deutschen Biographie«, 9. Bd., Leipzig >876.
s. 250 II. 25, findet sich unter »Throdegang, Bischof von Metz» folgende an
dieser Stelle hervorznhebende Lharakteristik seines künstlerischen und kirchlichen
Strebens: »Von Uönig Pipin erhielt er Unterstützung bei seinen Ulosterbanten
und der Ausschmückung seiner Rirchen, besonders der Stephanskirche in Metz.
In diesen Uunstbestrebungen, wie in der fförderung römischen Gesanges u»d
römischer Gebränche beim Gottesdienst, zeigt sich eine gewisse Vorliebe sür
römisches lvesen, wohl der Nachklang der Lindrücke seiner italienischen Reise».

i/28tt0k


^ 7tt08tt/ll.l.k






0

ffig. ;z.

Grnndriß der sränkischen Uirchenanlage.
Rekonstruktion nach lllaßgabe der Unter-
 
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