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Loi beidcn sitzt dcr Aonsul unter eincm r>on Säulen getragenen Giebel,
dessen profilicrung bci dem ersten bis auf die Beschränkung auf
nur ein unteres plättchen genau dieselbe ist, wie die an den
Bpitzgiebeln der Lorscher Halle; bei dem
andern ist cs auch die Darstellung des
Lierstabes, welche die Verwandtschaft der
Thorhallenkapitäle mit der spätrömischen
Aunst beweist.

Durchaus in klassischen Formen ist end-
lich däs lsauptgesims gebildet (Lig. 26).

Die mit einer platte bedeckte und unten von
einem Plättchcn begrenzte Siina wird von
Aonsolen getragen, welche gleichfalls das
profil der 5ima haben, mit einer Abakus-
platte bekrönt und in den Zwischenräumen
von vortretenden Lpiegeln begleitct sind.

Nnten schließt sich das lsauptgesims
mit einer wiederum von einem jDlätt-
chen bedeckten ksohlkehle an die Acauer-
fläche an.

Da das Hauptgesims sich auch an den
Giebelseiten und zwar an den 5chrägen
fortsetzte, so wurde eine besondere Gcklösung
für den Fall erforderlich, daß das Profil
unverändert bcibehalten blieb. Man hat
nun aus praktischen Gründen die <Lck-
proflle aus einem 5tein gebildet, dabei
abcr ohne 5crupel das schräg aufsteigende
Giebelgesims sich gegen die Gcken der vor-
dercn Gesimse verlaufen lasfen. Nur ein
prüfender Blick erkennt das hierdurch
entstandene Außgebilde, das für das
Ganze in keiner IVeise störend hervortritt
(5ig. 27).

Das ursprüngliche Znnere der frän-
kischcn Thorhalle bot nichts ästhetisch
Bedeutsames. Die jDfeilerflächen setzten
sich ununterbrochen bis zu den mit putz
bedeckten Mauerflächen fort. Das Dach
war nach römischer weise flach (Taf. H),
und gcrade dieser Umstand berechtigt zu
dcr Annahme, daß der Dachstuhl, gleich-
falls nach römischen oder altchristlichen
Borbildern ein offener war.

was von den Glicdern des kleinen
Baues der Antike entlehnt ist, was die
Lrbaucr aus eigenen Aräften hinzugethan,
haben wir uns bemüht durch feste Linien
zu trennen. Die Originalität der Lrbauer
zeigtc sich, abgesehen von der Anlage des
Ganzen, vorzugsweise in der Darstellung
des Grnamentalen, also da, wo der
schaffcnden j)hantasie und der ausführenden
ksand der freieste öpielraum von selbst
gewährt war. lcherzu aber ist auch die
Behandlung der äußeren Alauerflächen zu
rechnen und zwar die am meisten auf-
fallende, küustlerisch fchöne der über den
Arkaden aufsteigenden wände. wohl
erkanuten wir auch bei diesen die römische
Technik wiedcr; allein das einfachc und
doch reizende Spiel mit den Larbcn der weißen und rothen Ltcine
ist kem romisches Lrbtheil: hier stoßen wir auf einen Grundzug
^ nierowingischen Aunst, dem wir überall begegnen, wo die

Fig. 25. Ionifierender pilaster der Thorhalle.

phantasie frei schalten und walten durfte.') Das Farbenspiel an
der Lorscher halle ist nichts anderes als die Uebertragnng des
in der Aleinkunst vorhcrrschenden lebendigen malerischen Zuges
auf die Architektur, und wie dort neben
dem Silber das Gold erglänzt, neben und
zwischen ihnen die dunkle Harbe des!.ciello,
auf ihnen die ^arbenpracht bunter Ldel-
steine und s)erlen, wie ferner bei dcn
Zuwelierarbeiten die farbigen Steine zu
reizvollen Ucustern neben einander geordnet
wurden, fo hat man hier mit hem zu
Gebote stehenden wenigen farbigen Ge-
stein ein den architektonischen Gesetzen ent-
sprechendes ruhiges und würdiges Harben-
spiel hergestcllt, dem man ein erhöhtes
§eben bloß durch die verschiedene Gestalt
und die verschiedene Lage dcr Steine gegeben
hat. Denn auch die letztere ist mit Ab-
sicht gewählt, und die Vorliebe für das
Lckige, Lpitze tritt cbensowohl bei den
übereck gestellten Tuadraten, wie bei den
die Acichen zwjfchen den Sechsecken aus-
füllenden Dreiecken hervor.

Auch die ^ormensprache, so ergiebt
fich aus unsrcr Untersuchung, widerstreitet
somit unserer Datierung des Bauwerkes
nicht, sondern dient im Gegentheil gleich-
wic die angewandte Technik als Glied der
Gesammtbetrachtung zu ihrer Bestätigung.

Werfen wir nun am Lchluß dieser
Betrachtung noch einen Blick auf die ur-
sprüngliche Gestaltung der Thorhalle, wie
unsre Tafel (fi:) sie wiederzugeben versucht,
und vergleichen wir dieses Bild mit dem
durch das Dach und den runden Treppen-
thurm entstellten, wie es unser Farbendruck
darstellt, so tritt einerseits das Gefühl der
Lrbauer für schöne Berhältnisse auf's deut-
lichste hervor, während sich andererseits jene
Beränderungen als schändende, nur durch
cinen drängenden Nützlichkeitszweck gerecht-
fertigte Umgestaltungen geltend machen.
Das ursprüngliche Dach, wie wir es in
seiner l)öhe genau wiederherzustellen ver-
mochten, ist bis zur Lirstspitze etwas nied-
riger als das obere über dem Fricsstreifen
aufsteigende Stockwerk, während dieses
wiederum durch seine geringere ksöhe das
untere Stockwerk mit seinen Bogenöff-
nungen als das wichtigste deutlich her-
vortrcten läßt. So drückt dcr reizende
Bau vortrefflich den Zweck aus, dcm er
zu dienen hatte, nämlich einen würdigen
Lingang zu der rasch berühmt gewordenen
wallfahrtskirche des hl. Nazarius zu
bilden. Aber auch der Zusammenhang
des Bauwerkes mit rämischen Vorbildern
kommt durch das flachere Dach in
seiner Gesammterscheinung wiedcr mehr
zur Geltung: der klassische hauch, welcher
auch über diesen Spätling römischer
Aunst in der hier wiederhcrgestellten Form

Ls ist für uns gar kein Gruiid vcirhanden. in diesem Farbeiiweäisel
der Steine byzantinischeii Liiiflnß zu erkeimeii. Das näher Liegende ist auch
lfier das Richtige.
 
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