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Aeit von 89l (893) bis 9>i5 fällt.') Noch inancherlei Nerwandt-
schaft init der fränkischen Aunst zeigend, insbesondere auch in
den klassischen ilNotiven und ihrer bewegten Auffassung, hat es
doch in der Aussührung zuglcich wesentliche Nerschiedenheiten von
dieser, welche deutlich den U)eg erkennen lassen, welchen die Aunst
in karolingischer Zeit zur romanischen überführte. NAr bedauern,
an dieser chtelle uns ein näheres Lingehen auf diesen Gegenstand
versagen zu müssen.

Dagegen gestatten wir uns, den Leser noch auf ein bisher
wenig bekannt gewordenes Bruchstück eines Thürsturzes aus 5and-
stein aufmerksam zu machen, das, obwohl im ^aulus-Atuseum
zu worms ausgestellt, doch bisher der Runstsorschung bis aus
eine gelegentliche kurze Lrwähnung ^) entgangen ist. Mben giebel-
förmig abgedacht wie der bekanntere, von uns oben crwähnte Thür-
sturz zu s?saffenhofen, zeigt dieser Stein (Fig. 5s) innerhalb einer
ornamentierten Amrahmung eine Darstellung von Thiergestalten in
dem flachen Aletall- oder lsiolzschnitt der sränkischen Tchmuckstücke.
Da, wo die Thiergestalten einen Raum srei lassen, zwischen den
Beinen oder in der Tcke oder auch oben, sind Grnamente als
^üllglieder angebracht — ein echt sränkischer Zug, dem wir bei
den tv-chmucksachen übera'l begegnen. 5ehen wir von der naiven
Darstellung der Thiere ab, zu der sich gleichfalls Analoga
der fränkischen Metallkunst nach-
wcisen lassen, so ist schon dic
rauhe Behandlung der 5tein-
oberfläche und vorzugsweise das
Ornament des umrahmenden
chtreisens wichtig sür uns; letzteres
ist eine Art chcheerenornament,
das sich in eigener Horm, durch
Rautenmuster, die je zwischen
den folgenden, an ein bserzblatt
erinnernden chchenkeln angebracht
sind, fortpflanzt. Dieses herzblatt-
förmige Nkotiv ftndet sich an
den sränkischen Grabfunden in
gleicher Horm sehr oft angewen-
det, und zwar, wie schon gesagt,
mit demselben charakteristischen
Bchnitt. Der 5tein stammt aus

dem in Aheinhessen gclegenen Vrte j?seddersheim, dessen
Basilika in einer Nrkunde vom Zahre 763 Trwähnung gethan
wird. Bischos Throdegang von A cetz schenkte in diesem Zahre die
Airche zu ?utsrni-vi>Ia sj)feddershcim) in x>. äVorivucisuss der Abtei
Gorzia. ^) N)ir kännen keinen Anstand nehmen, senen Thürsturz
gleichfalls noch der sränkischen Zeit zuzuweisen, wozu auch die
Verwandtjchast nrit der tecknischen Behandlung der §orscher chtein-
ornanrente genügende Veranlassung giebt.

Tndlich ist es auch nicht ohne Belehrung, noch einen Blick
nach ZngeIhei in zu wersen. Bon dort hat sich anßer den ge-
nannten Aapitälen von zweifellos röniischer k)erkunft cin Bruchstück
eines ^srieses crhalten, das wir als karolingisch betrachten müssen
sHig. 52). Die ^lachheit der Hormen und der scharfe Bchnitt erinnern
in gleichem Bnrße an die erörterten Tigenthümlichkeiten der srän-
kischen Kunst wie dic naiven, aber lebensvoll bewegtcn Darstellungen
der Thierc an Funde aus fränkischen Gräbern. Gehört das bverk

9 val. Schncider Das bsattho-Denkmal im tltainzer Doin. Iltit Abbildnng
Lbds. Seite Zö rc.

9 vgl. wörner in »Unnstdenkmäler im Großherzogthnm ksessen,
prov. Rbeiichesscn, Arcis worms.«! Darmstadt ;887. ch. 12S. wir rerdanken
die unserer Abbildnng zu Grunde gelegte Pchotograplste dcr Güte des tchrrn
Dr. Aöb! in worms.

9 Die Urkunde findet sich abgedruckt bei Neurisse, Ilist. 6es evegues
6e Lletn. INetr. LI. . XXXIIII 5. ;67, woselbst es heißt: Oonumus etiam

iu pa§o ^Vormaciense iilam busiiieLm, guue est iu Uuterni-viiia construetu.

uicht vielleicht noch der fräukischen Zeit an, einc Annahme, zu
der ein triftiger Grund nicht vorliegt, so ist es uns ein redendes
Aeugniß sür den Fortbestand derselbcn auch in der karolingischen
Zeit. Aus jeden Lall läßt auch dieses IVerk dcn Tinfluß der
klolztechnik aus die germanische Zteinsculptur deutlich erkcnnen.

Die meisten Zeugen merowingischer Bauthätigkeit hat uns
das heutige Frankreich erhalten. Antikisierende Aapitäle von eigen-
artiger Gestaltung, Blendgiebel, Grnamente verschiedener Art, bei
denen insbesondere die Bandverschlingungen als charakteristisch
hervorzuhebcn sind, das opus rsticulatuin in ähnlicher Gestalt und
Berwendung wie an dcr Lorscher Thorhalle, Zickzackornamente,
Rosettenmuster, ^ischgrätenmaucrwerk und das opus incsrtum mit
^üllmauerwerk in oben beschriebener Art sind hier nicht so seltene
Trscheinungen wie in Deutschland, und manche Barkophagorna-
mente insbesondere lassen über die Berwandtschaft dieser Tpoche mit
der altchristlichen keinen Zweisel auskommen. Wir können uns
hier mit einem bloßen bjinweis aus diese Trscheinungen mero-
wingischer Aunstthätigkeit begnügen, da sie schon vielfältig ge-
würdigt worden sind.') Nur müssen wir hervorheben, daß kein
einziger dieserAeste merowingischcr Bauthätigkeit ein so geschlossenes
Bauschstem zeigt als die Thorhalle zu Lorsch an der Bergstraße,
und daß die einzelnen Llementc, welche in Lorsch zu einem ein-

heitlichen wirkungsvollen Ganzcn
verschmolzen sind, hier nur ver-
einzelt und wie zusällig vor-
kommen. Von jener ruhigen künst-
lerischen Aomposition, die jedeS
Glied als Theil cines Ganzen
erfaßt und diesem Ligenwerthe
gemäß künstlerisch abmißt, also
von jener selbstbewußten Arast
künstlerischer Zntuition nnd maß-
vollen 5elbstbeherrschung treffen
wir bei diesen IVerken kaum eine
Bpur. Die genannten Tlemente
sind mehr malerisch frei, als
architektonisch gesetzlich verwerthct.
A)enn wir im Gegensatz hierzu
von der schmucklosen Basilika zu
Tteinbach sagen konnten, daß es
»der erwachende germanische Geist ist, welcher in der Aom-
position seine Alarheit und Arast erprobt hat«, so dürsen wir
von der Thorhalle zu §orsch mit cben demselben Rechte sagen,
daß der germanische Geist seinc künstlerische Araft in eben solcher
Alarheit an ihrem Ausbau zum ersten Akal erprobt habe, mit
sremden Formen zwar, aber darum in nicht minder gut ge-
lungener und sogar eigenthümlicher Ausführung. Der künftlerische
Geist einer ernsten Alosterschulung aus gcrmanischem Boden hat
sich in der Thorhalle bis zur Ltunde das schönste IDerk sciner
Schöpsungskrast diesseits der Alpen erhalten, und was nach
den urkundlichen Nachrichten Bischos Throdegang von Aäetz durch
Tinsührung strengercr klösterlichcr Zucht in das kirchliche Leben

9 UAr erwähiicn iininentlich die Airchen 8t. Lliiistoplie zn Suevres,
8t. stenn Iind 81. Osneronx ZII koitiers, die Airchen ZII LrLVLnt Iind Oistre,
8t. (reininin - snr -Vienne ZII 8Ltiniur, die Airche ZII Aivisre, 8t. 8eurin ZII
Lorciermx. Mit diesen Namen ist abcr keineswegs die Reibe der hierher ge-
hörigen lvcrke erschöpft. Ich rerweise auf das VuIIetin inonunientril. eä.
Lrminont, Band XXVI und XXIX; rVrcli. <te Irr commission cles monuments
Iiistoric;iies I. Bd.; Lnnales arclieoloAigues, Band XI. sdaris 185;. von den
ksandbüchern ist zu verweisen auf Reber, Aunstgeschichte des Mttelalters,
Leipzig 1886. S. Z8Z rc. Lssenwein, i,n bsandbuche der Architektnr, II. Theil,
Z. Bd. 1. ffälfte. Darmstadt 18 86. 5. 122: »Die Bauten des VI. bis IX.
Iahrhnnderts in den nördlicheu Ländern--; Adamy, Architektonik, Bd. II.
Abtheilung 1. Seite 2-11 rc.: »Die altchristliche Architektur in den gernianischen
Ländern«.

Bruchstück' cines ffrieses vcm Nieder-Ingelheim.
 
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