liegt eben darin, daß auf einem so kleinen Raum eine so große Welt
enthalten ist. Diejenigen, die oft HochgebirgStouren gemacht haben,
werden dies ohne weiteres verstehen. Bei der Profildarstellung kann
man die beiden Augen selbstverständlich nicht vollkommen sehen, aber
eine wahre Kunst ist keine anatomische Abbildung. Hier kommt haupt-
sächlich die seelische Erhabenheit in Betracht ; wenn sie vorhanden ist,
so ist das künstlerische Ziel erreicht. Betrachtet man die Figuren in den
Steindrucken aus der Han-Dynastie, so kann man erkennen, daß die
Augen dieser Figuren besonders groß und lang geformt sind, jedoch
stört uns diese unproportionale Darstellung gar nicht, wir emp-
finden im Gegenteil, daß die Figuren dadurch ausdrucksvoller werden.
In den Frauenbildnissen des Ku K'ai-chih (um 400), in der Höllen-
darstellung des Wu Tao-tzu (um 700—760) sind die Augen auch im
Profil von vom zu sehen. Die späteren Meister, wie Chou Fang (um
800), Li Lung-mien (j- no6 ?), haben ebenfalls die Figuren in dieser Aus-
führung gemalt. Sie äußern die seelische Erhabenheit noch außerhalb
der begrenzten Gestalt. Daher ist die oberflächliche Kritik an ihrer ana-
tomischen Genauigkeit hier nicht haltbar. Ähnlich ist es auch bei den
Bäumen- und GraSgemälden. Hier kommt die lebendige Beweglich-
keit durch die unbemalte Fläche zum Ausdruck. Daher sagt man, wo
kein Pinsel und keine Tusche ist, ist daö größte Leben. Der Gedanke ist
die Hauptsache, nicht unbedingt die Pinselausführung. Daö ist eben
das Schönste an dieser Kunst. Wir betrachten gern die Fläche auf dem
Malpapier als die große natürliche Welt. Die unbemalte Fläche dient
auch ohne farbige Darstellung als richtiger Hintergrund. Sie kann alle
Erscheinungen der Welt hier vertreten. So ist bei der Landschafts-
malerei die unbemalte Fläche oft als Himmel oder Wasser zu be-
trachten, und bei der Figurenmalerei ist sie entweder der Himmel, die
Erde oder sogar Gebäudewände und anderes. Der wichtige Gegenstand
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enthalten ist. Diejenigen, die oft HochgebirgStouren gemacht haben,
werden dies ohne weiteres verstehen. Bei der Profildarstellung kann
man die beiden Augen selbstverständlich nicht vollkommen sehen, aber
eine wahre Kunst ist keine anatomische Abbildung. Hier kommt haupt-
sächlich die seelische Erhabenheit in Betracht ; wenn sie vorhanden ist,
so ist das künstlerische Ziel erreicht. Betrachtet man die Figuren in den
Steindrucken aus der Han-Dynastie, so kann man erkennen, daß die
Augen dieser Figuren besonders groß und lang geformt sind, jedoch
stört uns diese unproportionale Darstellung gar nicht, wir emp-
finden im Gegenteil, daß die Figuren dadurch ausdrucksvoller werden.
In den Frauenbildnissen des Ku K'ai-chih (um 400), in der Höllen-
darstellung des Wu Tao-tzu (um 700—760) sind die Augen auch im
Profil von vom zu sehen. Die späteren Meister, wie Chou Fang (um
800), Li Lung-mien (j- no6 ?), haben ebenfalls die Figuren in dieser Aus-
führung gemalt. Sie äußern die seelische Erhabenheit noch außerhalb
der begrenzten Gestalt. Daher ist die oberflächliche Kritik an ihrer ana-
tomischen Genauigkeit hier nicht haltbar. Ähnlich ist es auch bei den
Bäumen- und GraSgemälden. Hier kommt die lebendige Beweglich-
keit durch die unbemalte Fläche zum Ausdruck. Daher sagt man, wo
kein Pinsel und keine Tusche ist, ist daö größte Leben. Der Gedanke ist
die Hauptsache, nicht unbedingt die Pinselausführung. Daö ist eben
das Schönste an dieser Kunst. Wir betrachten gern die Fläche auf dem
Malpapier als die große natürliche Welt. Die unbemalte Fläche dient
auch ohne farbige Darstellung als richtiger Hintergrund. Sie kann alle
Erscheinungen der Welt hier vertreten. So ist bei der Landschafts-
malerei die unbemalte Fläche oft als Himmel oder Wasser zu be-
trachten, und bei der Figurenmalerei ist sie entweder der Himmel, die
Erde oder sogar Gebäudewände und anderes. Der wichtige Gegenstand
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