Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Werner, Anton von
Ansprachen und Reden des Direktors A. von Werner an die Studirenden der Königlichen Akademischen Hochschule für die Bildenden Künste zu Berlin und Verzeichniss der Lehrer, Beamten und Schüler derselben seit 1875 — 1896

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.70876#0062

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Leistungen der einzelnen Abtheilungen im verflosse-
nen Lehrjahr sind im Ganzen so zufriedenstellender Art, dass
ich mich darauf beschränken kann, auf das zu verweisen,
was ich im vorigen Jahre darüber äusserte und nur das be-
sonders hervorzuheben brauche, wo meine Kritik in diesem
Jahre zu anderen Resultaten führt, als im vergangenen.
Da ist zuerst die Antikenklasse, bei welcher ich im ver-
gangenen Jahre darauf aufmerksam machen musste, dass sich
namentlich im Studium des Aktes eine gewisse dekorative
Oberflächlichkeit bemerklich machte, welche mehr für Kunst-
oder Handwerkerschulen berechtigt sei, als gerade für uns.
Die diesmal hier ausgestellten Arbeiten konstatiren erfreu-
licher Weise eine wesentliche Vertiefung und Verfeinerung
des Studiums, ohne dass die grosse und breite Anschauungs-
und Darstellungsweise darunter gelitten hätte.
Für die Malklasse möchte ich dasselbe wünschen, eine
etwas liebevollere Vertiefung in den darzustellenden Gegen-
stand, was hier um so nöthiger sein dürfte, als eine Anzahl
der hier benutzten Modelle schon an und für sich durch ihre,
wie soll ich sagen, robustere Erscheinung zu einer ober-
flächlicheren und dekorativeren Behandlung verleiten. Dass
dies jetzt vielleicht als sogenannte Arme-Leute-Malerei gerade
Mode ist, darf die Herren Studirenden in ihrem eigenen In-
teresse nicht beeinflussen, sondern sie müssen bestrebt sein,
auch dem scheinbar Hässlichen oder Gewöhnlichen jenen
Reiz abzugewinnen, welcher selbst die Studie zum Kunstwerk
erhebt. Bekanntlich haben dies Rembrandt, Franz Hals und
viele andere, alte wie neue Meister, nicht ohne Erfolg ver-
sucht und ich darf Ihre Blicke wohl auf diese Meister lenken.
Die Leistungen im Maleraktsaal waren im vorigen Jahre
nicht im erwünschtem Maasse befriedigend. Als um so er-
freulicher darf das diesjährige Resultat bezeichnet werden
und ich glaube den diesjährigen Preisakt von aus der Ohe
als eine koloristisch wirklich hervorragende Leistung — neben
anderen guten Arbeiten — anerkennen zu dürfen. Das Ge-
56
 
Annotationen