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Werner, Anton von
Ansprachen und Reden des Direktors A. von Werner an die Studirenden der Königlichen Akademischen Hochschule für die Bildenden Künste zu Berlin und Verzeichniss der Lehrer, Beamten und Schüler derselben seit 1875 — 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.70876#0110

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Farbengefühlsduselei und zwang ihn, mit dem Zeichenstifte
zu malen, ausserdem aber kam dies auch noch der Ent-
wickelung unserer Lithographie und des Holzschnitts in
allerhöchstem Maasse zu gute. Wer möchte diesen Umstand
nicht segnen, wenn wir Menzels Schaffen in den Jahren von
1839 bis 1849 oder 1850 überblicken! In diesen Jahren ent-
standen jene Werke, welche Menzels Namen als Maler un-
sterblich gemacht haben würden, auch wenn er nie einen
Pinsel in die Hand genommen hätte. Die 400 Illustrationen
zu Kuglers Geschichte Friedrichs des Grossen, die 200 Illustra-
tionen zu den Werken Friedrichs des Grossen und die Bilder
der Heroen oder Zeitgenossen Friedrichs des Grossen — was
sollen wir von diesen Schöpfungen, als Gesammtheit be-
trachtet, aus welcher übrigens die später entstandenen Oel-
bilder derselben Epoche hervorgegangen sind, sagen? Was
kannte man denn damals im grossen Publikum von künst-
lerischen Dokumenten aus der Zeit des grossen Königs?
Kannte man in jener Zeit romantisch-historisch-religiöser
Strömungen und Stimmungen überhaupt den grossen Realisten,
den Freund Voltaire’s, den Autokraten und gleichzeitig ersten
Diener seines Staates, oder wollte man ihn kennen, den
Unvergleichlichen und Einzigen? Wir dürfen ohne Ueber-
treibung sagen: Menzel hat ihn erst für uns lebendig gemacht,
er hat nachgeholt, was des grossen Königs Zeitgenossen ver-
säumt haben, er hat uns nicht nur Friedrichs äussere Er-
scheinung malerisch gestaltet und vor Augen geführt.... nein,
Menzel hat mehr gethan: mit genialem Blick und scharfem,
durchdringendem Verstände ist er in Friedrichs des Grossen
innerstes Wesen, in das Wesen seiner Zeit und seiner Umgebung
eingedrungen, er ist Geschichtsforscher gewesen im Sinne der
modernsten historischen Schule, er hat den grossen König und
seine Zeit an den Quellen studirt, und zwar an Quellen, welche
vielleicht selbst einem Ranke und Sybel verschlossen waren,
aber dem klaren, scharfen Künstlerauge Menzel’s lauter
redeten als alle Dokumente aus unseren Staatsarchiven!

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