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Werner, Anton von
Ansprachen und Reden des Direktors A. von Werner an die Studirenden der Königlichen Akademischen Hochschule für die Bildenden Künste zu Berlin und Verzeichniss der Lehrer, Beamten und Schüler derselben seit 1875 — 1896

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.70876#0126

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Weisheit seiner Bauherren, den Stürmen der Zeit trotzen und
seinen Bewohnern hinter starken Mauern und unter sicherem
Dache Schutz und Schirm gewähren kann. Der Vergleich
ist richtig, denn zunächst wenigstens 25 Jahre lang hat dieser
Bau seine Insassen geschützt gegen Sturm und Drang von
aussen und hat ihnen den Frieden nach aussen gesichert,
dank seiner Stärke und Solidität. Und dafür danken wir
heute und feiern den Tag seiner Gründung, trotz der kurzen
Spanne Zeit, welche seitdem verflossen ist. Aber ein guter
Bau soll Jahrhunderten Trotz bieten, und thut es auch, wenn
das Interesse und die Sorgfalt seiner Besitzer und Bewohner
darauf achtet, dass nicht Wasser in die Mauern dringt, die
Balken morsch werden und das schützende Dach schadhaft
wird. Und das ist unsere Aufgabe und die der kommenden
Generationen gegenüber dem Deutschen Reich!
Als des ersten Napoleon zermalmende Faust das alte
heilige römische Reich deutscher Nation in Trümmer ge-
schlagen hatte, richtete sich das philosophische Denkervolk
der Deutschen in allerlei kleinen, mehr oder weniger nied-
lichen Häusern und Hütten schlecht und recht ein und ergab
sich glückselig-romantischen Träumen von längst vergangener
Kaiser- und Ritterherrlichkeit, in der Politik der Nachbar den
Nachbarn überwachend oder auch ihn ärgernd in allerhand
kleinen Kleinlichkeiten. Vom Schwung der Befreiungskriege
war wenig mehr übrig geblieben als unbefriedigte, straf-
fällige Sehnsucht nach einem scheinbar unerreichbaren Ideale
und Ernst Moritz Arndt’s „Was ist des Deutschen Vaterland?1'
Diese Stimmung und diese Klänge klangen auch noch
— nach dem eingefrorenen Völkerfrühling von 1848 — in
meine Jugend hinein, als ich 1860 die Berliner Kunstakademie
bezogen hatte. Wir turnten damals eifrig und sangen zu
E. M. Arndt’s „Was ist des Deutschen Vaterland?“ auch noch
„Deutschland, Deutschland über alles“ (was damals aber eine
andere Bedeutung hatte als heute) und „Wir hatten gebauet
ein stattliches Haus“. Nur gab es noch kein Deutschland,

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