Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Werner, Anton von
Ansprachen und Reden des Direktors A. von Werner an die Studirenden der Königlichen Akademischen Hochschule für die Bildenden Künste zu Berlin und Verzeichniss der Lehrer, Beamten und Schüler derselben seit 1875 — 1896

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.70876#0128

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Kaiser Wilhelm hat das, was auf diesem Blatte in jugend-
licher Unbeholfenheit geahnt und ersehnt war, zehn Jahre
später zur Wahrheit gemacht, nachdem er in jenem gewal-
tigen Manne, auf welchen am heutigen Tage aller Blicke mit
Stolz und Ehrfurcht gerichtet sind, den Steuermann gefunden
hatte, welcher mit eiserner Faust unbestimmtes -Sehnen und
Hoffen zielbewusst in die richtigen Wege leitete und das
Staatsschiff unbeirrt durch alle Hindernisse und Klippen
lenkte. Dass er damals in den sechziger Jahren schroff und
rücksichtslos, am rücksichtslosesten aber gegen sich selbst
und seine Popularität, jene Politik einschlug, welche zu den
Kriegen von 1864 und 1866 führte und ihn zum bestgehassten
Manne in Europa — nicht nur in Deutschland — machte,
wird immerdar zu den höchsten Ehrentiteln seines für uns
thaten- und erfolgreichen Daseins gehören.
Nach der Schlacht bei Königgrätz, der Gründung des
Norddeutschen Bundes und der Berufung des deutschen
Zollparlaments, wurde die Frage der künftigen Gestaltung
Deutschlands akut, aber gleichzeitig ihre Lösung auch klar
und einfach -— wenigstens für den Grafen Bismarck. Der
Ruf, welcher von jenseits des Rheins nach Königgrätz un-
aufhörlich zu uns herüberschallte: „Revanche pour Sadowa“
liess kaum einen Zweifel mehr darüber übrig, wohin die
Stimmung hüben und drüben treiben musste. Der Versuch,
Deutschland eine Neugestaltung zu geben, war auf dem
Fürstentag in Frankfurt a. M. 1863 missglückt, und bei der
Zusammenkunft, welche Kaiser Napoleon mit Kaiser Franz
Josef im August 1867 in Salzburg hatte und welche eine
Revision des Prager Friedens bezweckte, konstatirte ' der
Pariser „Moniteur“, wie es in meinem Tagebuch von damals
heist: „in Ausdrücken, die einem Deutschen die Schamröthe
ins Gesicht treiben müssen, dass die süddeutschen Herrscher
sich beeilt hätten, den Kaiser von Frankreich zu begrüssen.“
Das war nun freilich gelogen, denn weder die Könige von
Bayern und Württemberg, noch der Grossherzog von Baden

122
 
Annotationen