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zu komponieren, beim Billardspielen, beim Reiten oder
Spazierengehen, beim Gespräch und Scherz mit guten
Freunden; das Niederschreiben war dann nur noch eine fast
mechanische Tätigkeit, bei der er schon wieder an neue Kom-
positionen denken konnte.
Erst recht mufsten nun Mozarts kritischer Verstand und
scharfes Urteil sich zeigen, wo es nicht, wie beim »Veilchen«,
allein auf einzelne dramatische Betonungen ankam, sondern
wo ganze Opern zu schaffen waren. In der Tat finden wir
ihn hier schwierig und wählerisch. Vor der Komposition von
»Figaros Hochzeit« hatte er an die hundert Textbücher durch-
gelesen, ohne dafs auch nur eins allen seinen Ansprüchen
genügt hätte. Als er an der »Entführung« arbeitete, veranlafste
er zahlreiche Änderungen des Librettos, in bezug auf Szenen-
führung sowohl als auf den Wertausdruck. Bei dieser
Gelegenheit schrieb er auch dem Vater ausführlicher, als es
sonst seine Gewohnheit war, über seine Grundsätze bei der
Opernkomposition, und diese Bemerkungen zeigen uns mit
voller Deutlichkeit, wie klar und bewufst er jetzt auf das Ziel
lossteuerte, das ihm vorschwebte. Er sagt über Osmins grofse
Arie unter anderm: »Der Zorn des Osmin wird dadurch in
das Komische gebracht, weil die türkische Musik dabei an-
gebracht ist. . . . Das ,Drum beim Barte des Propheten' ist
zwar im nämlichen Tempo, aber mit geschwinden Noten, —
und da sein Zorn immer wächst, so mufs — man glaubt, die
Arie sei schon zu Ende — das Allegro assai ganz in einem
andern Zeitmafse und anderm Tone eben den besten Effekt
machen; denn ein Mensch, der sich in einem so heftigen
Zorn befindet, überschreitet ja alle Ordnung, Mafs und Ziel,
er kennt sich nicht — und so mufs sich auch die Musik nicht
mehr kennen. Weil aber die Leidenschaften, heftig
oder nicht, niemals bis zum Ekel ausgedrückt sein
zu komponieren, beim Billardspielen, beim Reiten oder
Spazierengehen, beim Gespräch und Scherz mit guten
Freunden; das Niederschreiben war dann nur noch eine fast
mechanische Tätigkeit, bei der er schon wieder an neue Kom-
positionen denken konnte.
Erst recht mufsten nun Mozarts kritischer Verstand und
scharfes Urteil sich zeigen, wo es nicht, wie beim »Veilchen«,
allein auf einzelne dramatische Betonungen ankam, sondern
wo ganze Opern zu schaffen waren. In der Tat finden wir
ihn hier schwierig und wählerisch. Vor der Komposition von
»Figaros Hochzeit« hatte er an die hundert Textbücher durch-
gelesen, ohne dafs auch nur eins allen seinen Ansprüchen
genügt hätte. Als er an der »Entführung« arbeitete, veranlafste
er zahlreiche Änderungen des Librettos, in bezug auf Szenen-
führung sowohl als auf den Wertausdruck. Bei dieser
Gelegenheit schrieb er auch dem Vater ausführlicher, als es
sonst seine Gewohnheit war, über seine Grundsätze bei der
Opernkomposition, und diese Bemerkungen zeigen uns mit
voller Deutlichkeit, wie klar und bewufst er jetzt auf das Ziel
lossteuerte, das ihm vorschwebte. Er sagt über Osmins grofse
Arie unter anderm: »Der Zorn des Osmin wird dadurch in
das Komische gebracht, weil die türkische Musik dabei an-
gebracht ist. . . . Das ,Drum beim Barte des Propheten' ist
zwar im nämlichen Tempo, aber mit geschwinden Noten, —
und da sein Zorn immer wächst, so mufs — man glaubt, die
Arie sei schon zu Ende — das Allegro assai ganz in einem
andern Zeitmafse und anderm Tone eben den besten Effekt
machen; denn ein Mensch, der sich in einem so heftigen
Zorn befindet, überschreitet ja alle Ordnung, Mafs und Ziel,
er kennt sich nicht — und so mufs sich auch die Musik nicht
mehr kennen. Weil aber die Leidenschaften, heftig
oder nicht, niemals bis zum Ekel ausgedrückt sein