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!133372707!; Königliche Akademie der Künste zu Berlin [Contr.]
Die Anfänge der Deutschen Kunst des neunzehnten Jahrhunderts: Rede zur Feier des allerhöchsten Geburtstages Seiner Majestät des Kaiser und Königs am 27. Januar 1907 in der öffentlichen Sitzung der Königlichen Akademie der Künste — Berlin: Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.70861#0015
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Und solche unerwarteten Talente sprießen allerorten in
deutschen Landen auf. Wie die Wasseräderchen aus weit-
entlegenen Höhen sich im Tale sammeln, so fanden sie sich
aus den Hansestädten und Pommern, aus Mecklenburg und
der Mark, aus den Rheinlanden und der Pfalz, aus Sachsen
und Thüringen, aus Österreich und der Schweiz in einzelnen
Kunststädten, wie Dresden und Wien, zusammen. Aber die
wenigsten hielten sich, wie David Caspar Friedrich und
Ferdinand Olivier, im Norden. Die meisten strebten mit
der altgermanischen Sehnsucht nach Italien und landeten,
für längere oder kürzere Zeit, in Rom. Es war eine bunte
Schar, die sich dort vereinigte und für die nächste Zeit
einen Mittelpunkt deutschen Kunstbetriebes darstellte, wie
er bis dahin entbehrt worden war; bunt nach Bildung
und Herkunft, Geist und Temperament, aber einig in dem
Glauben an eine neu auflebende deutsche Kunst und in
der Ablehnung dessen, was ihnen daheim als das Brot der
Kunst geboten worden war, und was ihnen als ein Stein
erschien.
Man kann sehr zweifelhaft sein, ob es ein Glück für
unsere Kunst war, daß an einem bedeutsamen Wendepunkt
ein so wesentlicher Teil ihres Betriebes und ihrer Ent-
wicklung sich fern von der Heimat und auf fremdem Boden
vollzog. Wie oft ist Italien für noch nicht ausgereifte
Talente gefährlich, ja verhängnisvoll geworden; und rascher
vielleicht, als förderlich war, wurden unsere Künstler dazu
geführt, so manche Vorstufe zu überspringen und nach den
höchsten Aufgaben zu greifen. Zufällige Umstände ver-
einigten sich mit dem Genius loci, um eine solche Ent-
wicklung zu befördern.
Als im Jahre 1815 Napoleons Fall bei Waterloo be-
siegelt war, verband sich in Rom die deutsche Kolonie mit
einer Anzahl gleichgesinnter Ausländer, um am 18. Oktober
 
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