Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Adler, Friedrich
Mittelalterliche Backsteinbauwerke des Preußischen Staates (Band 1): Die Mark Brandenburg: 1. Die Stadt Brandenburg. 2. Die Altmark — Berlin, 1862

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31747#0022
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
12

menzuhängen, wodurch Papst Cölestin III. 1197 dem Dompropste
erlaubt, als Stellvertreter des Bischofs und innerhalb der Kirche
die Insignien desselben tragen zu dürfen. ') Bald nachher finden
sich mehrfache Stiftungen für Lichter und Lampen zur würdigen
Ausstattung des Domes. Im Jahre 1235 wird der Altar in der
Krypta zu Ehren der Jungfrau Maria, Johannes des Täufers,
Maria Magdalena’s, Katharina’s und Levinus, von einem Dom-
herrn und spätern Bischof Rutger geweiht * *). Sechzig Jahre
später, 1295 und 1296, finden sich Ablafsbriefe von Papst Bo-
nifaz VIII. und 14 Kardinälen, die denjenigen, welche die Ka-
thedrale gottesdienstlich besuchen und zu ihrer Baukasse oder
zum Bau beitragen wollen (aut qui prelibate ecclesie pro sua
fabrica vel structura .... manus porrexerint adjutrices) reichen
Ablafs verheifsen 2). Um den Anfang des XIV. Jahrhunderts ist
der finanzielle. Zustand des Stiftes kein günstiger gewesen; erst
1321, 1329, 1333 treffen wir auf Altarstiftungen, 1357 wird von
Seiten des Bischofs Dietrich ein heil. Kreuz im südlichen Quer-
schiff Xin choro .... versus meridiem) aufgerichtet und mit Ablafs
begabt. 1375 wird ein Reliquienschrein durch Meister Nicolaus
Tabernaculus angefertigt und aufgestellt :i). Aber im Jahre 1377
war der bauliche Zustand des Domes ein so gefahrdrohender
geworden, dafs der berühmte am Hofe Carl’s IV. viel geltende
Bischof Dietrich von Schulenburg sich zu einem umfassenden
Reparatur- und Erneuerungsbau entschlofs, und zu diesem Behuf
die Einkünfte der Pfarre zu Mittenwalde und Klein Kreuz') der
Baukasse überliefs. Der Bau scheint aber bei der herunterge-
kommenen Lage des Stiftes nur langsam gefördert zu sein, da
1389 wieder Pfarreinkünfte zu Tremmen und Schmerzke der
Baukasse zugewiesen werden, und noch in demselben Jahre ein
bedeutender Ablafs vom Bischof Dietrich zu Havelberg zu glei-
chem Zwecke erwirkt wird 5). Wann dieser Bau beendigt wor-
den ist, läfst .sich nicht bestimmen; doch scheint er nicht alle
schadhaften Punkte berührt oder gesichert zu haben, weil 1426
wieder einer Reparatur „an Türnen und an Kirchen“ gedacht
wird 6), die bis 1435 gedauert und besonders den nördlichenThurm
gefördert haben mufs, wie die Papiere des, 1834 herabgenomme-
nen Knopfes angedeutet haben. Ferner ist wieder 1582 und 1669
bis 1672 am Thurm reparirt 7), endlich durch den grofsen Re-
staurationsbau von 1834 dem Dome seine jetzige Gestalt gege-
ben worden.

Baubeschreibung.

Der Dom bildet eine dreischiffige Basilika mit überhöhtem
Mittelschiff und niedrigen Seitenschiffen, welche durch viereckige
Pfeiler mit Rundbogen darüber getrennt werden. Das weit aus-
ladende Querschiff' und der quadrate Chor, welcher polygonal
geschlossen ist, geben der Kirclie eine ausdrucksvolle Kreuz-
Anlage. Unter der Vierung und dem Ohor erstreckt sich die
zweischiffige in das Terrain wenig eingesenkte Krypta. Nörd-
lich neben derselben befindet sich auf gleichem Niveau eine be-
sondere Kapellenanlage, die „bunte Kapelle“ genartnt. Der über
der Krypta sehr hochgelegene Chor ist jetzt durch eine impo-
sante Treppe von der ganzen Breite des Mittelschiffs zugänglich.
Früher mufs derselbe aber von dem Mittelschiffe aus nicht be-
treten, sondern mittelst zweier in den Seitenschiffen belegenen
Ideinen Treppen erstiegen worden sein, deren südliche bis 1834
vorhanden war, und deren nördliche in deutlichen Spuren noch
sichtbar ist. Mittelst zweier grofser Bogen ist dann das Innere
der Krypta zwar nicht zugänglich, aber doeh zu übersehen ge-
wesen, — eine Anordnung, wie dieselbe noch jetzt in der Kloster-
kirche zu Jerichow erhalten ist, Nordwärts schliefst sich der

') Riedel, a. a. 0. VIII. 122.

*) Diese baugeschiclitlich höchst werthvolle Nachricht befindet sich als Fragment der
1360 nach Böhmen gekommenen und seitdem verschollenen brandenburgischen Chronik,
welche Piilkawa auf Carl’s IV. Befehl zur Geschichte Bölimens benutzt hat, in Mader; An-
tiquit. Brunsvic. 175. •

2)

Riedel,

a.

a.

0.

VIII. 181.

3)

Ri e del,

a.

a.

0.

310.

4)

Riedel,

a.

a*

0.

315.

5)

Riedel,

a.

a.

0.

357.

6)

Riedel,

a.

a.

0.

399.

7)

G e r c k e;

n,

Stiftshist. 299.

im Ganzen wohlerhaltene Kreuzgang an und verbindet die Stifts-
gebäude mit dem Dome. Nach Westen zu liegt zwischen den
Unterbauten der Thürme eine tiefe Vorhalle, die mit dem mäch-
tigen Hauptportal sich nach Aufsen öffnet. Von den beabsich-
tigten beiden Thürmen ist nur der nördliche nothdürftig fertig
geworden. Sämmtliche Räume sind mit hochbusigen Kreuzge-
wölben überdeckt, nur der südliche Kreuzflügel entbehrt dasselbe
seit dem letzten Restaurationsbau. Bei einer genauen Prüfuno-
des Bauwerks lassen sich nun mit Sicherheit die Bauepochen
unterscheiden, denen dasselbe in seinen wesentlichen Theilen an-
gehört, und welche im Grundrifs Bl. V, Fig. 4, durch verschie-
dene Schraffirungen charakterisirt sind. Dem romanischen älte-
sten Bau von 1170'—1194 gehören die dunkel schraffirten Bau-
theile, nämlich die innere Westwand rnit einfachem Portalbogen,
sämmtliche Pfeiler mit ihren Rundbogen und der Mittehnauer bis
zu der Brüstung der spitzbogigen Oberfenster, die nördliche Sei-
tenschiffsmauer, sämmtliche Umfassungswände des Querschiffs,
der Krypta und des Chors, aber ohne den Polygonschlufs an.
Diese Bautheile sind mit Ausnahme der selbstverständlich tiefer
liegenden nördlichen Seitenschiffsmauer bis über den Scheitel der
alten hochgelegenen Rundbogenfenster, welche früher Chor, Quer-
und Mittelschiff erleuchteten, wohlerhalten. Dies beweisen ein-
mal die aufsen und innen trotz der spätern Vermauerung noch
deutlich sichtbaren Ründbogenfenster, deren Abmessungen an der
nördlichen Mittelschiffswand mefsbar (nämlich 4 Fufs 3 Zoll breit

und 12 Fufs 9 Zoll hoch), aber auch
äufserlich vergl. Bl. VI, Fig. 1, zweifel-
los zu erkennen sind. Die Seitenschiffs-
dächer stiegen ursprünglich bis dicht un-
ter die Sohlbänke der Oberfenster hinan,
wie der Holzschnitt zeigt, und wurden
von dem übertretenden Gesimse abge-
deckt. Ferner beweisen dies dieflachen
Eck- und Wandlissenen (siehe im Grund-
rifs Bl. V, Fig. 4, das südliche Querschiff), welche auf einem un-
profilirten Mauerabsatz aufsetzend, bis zu derselben Höhe empor-
steigen, und die einst regelmäfsig zwischen den Fenstern wieder-
kehrend auch die Oberwände des Mittelschiffs schmückten. Dafs
die nördliche Seitenschiffsmauer bis zu den Kämpfern von dem
romanischen Baue herrührt, geht aus dem ungestörten Verbande,
womit dieselbe bei gleicher Stärke mit dem nördlichen Kreuz-
schiff zusammenhängt, sowie aus der deutlich erkennbaren That-
sache hervor, dafs die spitzbogigen Seitenschiffsfenster in die
ursprüngliche Wand eingebrochen und in ihren Profilen mit an-
ders formatisirten Steinen gemauert sind. Ein Gleiches gilt von
den Chorseitenwänden, die aufsen die Lissenen und Oberfenster-
umrisse deutlich zeigen. Die sämmtlichen eben erwähnten Bau-
theile zeigen durchweg bei sehr solider Technik den schlichten,
strengen Charakter einer ausgedehnten, aber in ihren Kunst-
formen höchst einfachen Bauanlage, wie sie in ähnlicher Weise
bei andern verwandten Klosteranlagen derselben Epoche, z. B. Leh-
nin, .Arendsee u. a. erscheint. Von besonderem Interesse sind
die gut erhaltenen Wandpfeiler der Krypta, welche den darüber
befindlich gewesenen Wölbungsgurten entsprechend in Haupt-
und Zwischenpfeiler zerfallen. Beide Arten sind auf Bl. VII,
Fig. 13 u. 14, dargestellt und bieten die bemerkenswerthe Eigen-
thümlichkeit dar, dafs beide in verschiedenen Maafsstäben, aber
nach demselben System, nämlich doppelten Halb-
säulen mit dazwis.chen auftretender Pfeilerkante
auf hohen Wandabsätzen gebildet sind. Die
Kapitelle und Basen sind nach Analogie der
bekannten Würfelkapitelle gegliedert und nicht
aus Formsteinen, sondern aus gemeifselten, sehr
grofsen Backsteinstücken hergestellt. Nur die
Sehäfte scheinen, so weit eine Untersuchung
der leider übertünchten Pfeiler erkennen läfst,
aus Formsteinen aufgemauert zu sein. Die obern
Deckplatten bestehen, ebenso wie die Kapitelle
der Schiffspfeiler (s. Bl.VII, Fig. 15 und den Holz-
 
Annotationen