Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Adler, Friedrich
Mittelalterliche Backsteinbauwerke des Preußischen Staates (Band 1): Die Mark Brandenburg: 1. Die Stadt Brandenburg. 2. Die Altmark — Berlin, 1862

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31747#0025
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
15

Bischofs durch strenge Formen ausgezeichnet, sehr wohl bis in
(l (-n Anfang des XIII. Jahrhunders zürückreichen kann. Die
Kirche besitzt aufserdem einen bedeutenden Schatz von pracht-
vollen Mefsgewändern, darunter das erwähnte Sammtgewand mit
den Insignien des Schwanenordens, ferner von Leuchtern, Schrän-
ken, .Flügelaltären und Reliquien. Von den 15 Altären, welche
einst den Dom schmückten, sind die wenigsten erhalten.' Der
jetzige Choraltar, der unzweifelhaft aus'dem KlosterLehnin stammt,
ist wegen seiner trefilichen Flügelbilder vom Jahre 1518 beson-
<iers berühmt.

V. Kapelle St. Jacob vor Brandenburg.

Hislsorisches.

Diese vor dem Steintliore der Neustadt Brandenburg bele-
gene kleirie Kapelle göhört zu dem Hospifal gleichen Namens.
Die früheste fast alleinige Erwähnung,- ist in Fincke, Programm
vom J. 1749. S. 19. enthalten. Die daselbst mitgetheilte auf
städtische Urkunden zurückweisende Notiz bezeugt, dafs im Jahre
1349 die St. Jacobs-Kapelle vorhanden gewesen ist und eine
Schenkung vom Magistrat empfangen hat.

Technisches.

. Für die Ausführung des romanischen wie gothischen Baues
gilt dasselbe, was früher von der Kirche St. Nicolaus gesagt
V'Orden ist. Bei vortrefflichem Material und gediegener Arbeit
Zeigt sich grofse Sparsamkeit in Formsteinen. Die Baclcstein-
formate wechseln den verschiedenen Bauzeiten entsprechend sehr
häufig; ohne dafs sich eine so bestimmte zeitliche Veränderung
darin nachweisen liefse, wie dies Minutoli in seinem Werke ver-
Sücht hat. Die Chorstrebepfeiler sind auffallenderweise auf Gra-
^itfundamenten errichtet. An einzelnen Iheilen, z. B. den Chor-
wänden zwischen den Fenstern der Krypta und denen ,des Chores,
s°wie an den -gothischen Obermauern des Querschiffs erscheint
(-ior Steinverband als Musterwerk von -glasirten Steinen geordnet,
’Wovon Bl. VII. Fig. 1 u. 2. Beispiele geben. Sonst ist der ganze
Aufsenbau mit Ausnahme der westlichen Portälfront und des
Nordgiebels in sehr einfachen Kunstformen durcbgeführt. Von

Construction des Innerri läfst sich nichts Erhebliches nnl-
Ikeilen, da dicker Kalkputz Wände und Decken bedeckt. Bei
den Gewölben des Mittelschiffs ist zu bemerken, dafs ungeachtet
'krer zweckmäfsigen hochbusigen Construction die Obermauern,
deren Widerlagsstärke ca. | der Spannweite beträgt, im Jah're 1834
So auseinander gedrängt waren, dafs 'nur durch starke eiserne
Nnker, welche in Kämpferhöhe quer durch die Mittelschiffsmauern
gezogen worden sind, eine genügende Festigkeit wieder erzielt
vmrden konnte. Die hohe Lage des Chorfufsbodens über dem
dßs Mittelschiffs erklärt sich aus der Rücksicht, dafs die Krypta des
Sümpfigen Terrains halber mit ilirer Sohle nicht tief in den ge-
V Tachserien Boden eingesenkt werden konnte, weil sonst hohe
Wasserstände dieselbe leicht unbenutzbar gemacht hätten.

R e s u 1 t a t.

Der Dom gewährt, wie kaum ein anderes Bauwerk der Maik,
tlle belehrendsten Aufschlüsse über die verschiedenen Erschei-
üungsformen des mittelalteriiclien Backsteinbaues und lst deshalb
hier einer eingehenden Analyse unterworfen worden.

Als Resultat. der Untersuchung stelien sicli die wichtigen
^auabschnitte so.zusammen:

1170 bis 1194. Romarrischer Bau. Die Arkadenpfeiler
Jlebst Bogen, die westliche Innenwand, die Mauern des Quer-
schifTs, der Krypta und des Chores (aber ohne den Polygon-
Schlufs) — alles dies etwa 40 Ftffs hoch erhalten, sodarin die
üördliche Seitenschiffsmauer 16 Fufs hoch erhalten.

1235. Uebergangsbau. Säulen und Gewölbe m derKrypta, .
dle bunte Kapelle, die Ostseite des Kreüzganges.

Vor 1295. Die Nordseite des Kreuzganges.

Nach 1295 bis 1310.- I. Gothischer Umbau. Chorpo-
]yg°n und Strebepfeiler, Pfeilervorlagen in den Seitenschiffen,
Nrhöhung des romanischen Baues um ca. 20 Fufs ari den Mauein
Jes Chores, des Querschiffs, der nördlichen Mittelschifismauei.

1377/ II. .Gothischer Bau. Die sämmtlichen Gewölbe,
dle südliche' Seiten- urid Mittelschiffsmauer, der nördliche Kreuz-
giebel, die westliche Aufsenwand und das Hauptportal.

Bis zu clen ältesten Bauzeiten hinaufreichend lst.dem Dome
jede Phase des älteren Backsteinbaues in characteristischer Eigen-
bhümlichkeit, aber stets in ernster, fast strenger Weise aufgepiägt.

darf in dieser herben Einfachlieit des Baues bis zu den
Btzten Zeiten hin eine Nachwirkung der strengen Prämonstra-
tenser Ordensregeln ibrös Stifters Norbert erkennen.

Baubeschreibung.

Der Grundrifs in Bl. VIII. Fig. 10. zeigt einen oblongen Raum
von sehr ldeinen Abmessungen, dessen Ecken und Längwände
mit Strebepfeilern besetzt sind. Auf der Westseite Fig. 8. erhebt
sich das später hinzugefügte bis zur Spitze massive Glocken-
thürmchen, während die Ostseite Fig. 7. einen. schlank empor-
steigenden, mit Blenden und einem Spitzbogenfenster sehr ein-
fach geschmückten Giebel zeigt. — Die früheren Kreuzgewölbe
sind bei einem Restaurationsbau herausgenommen und durch eine
hölzerne bogenförmige Decke ersetzt worden. Von den beiden
Ein gängen auf der Nord- und Westseite ist nur der erstere noch
benutzbar, der letztere vermauert. An der Ostseite befindet sich
ein Relief in gebranntem Thone mit der Darstellung Jesu am
Kreuze von zwei Figuren, einer knieenden Frau und einem ste-
henden Manne verehrt Fig. 9. Dasselbe ist äus zwei ziemlich
starken Ihonplatten zusammengesetzt und zeigt bei handwerks-
mäfsiger Technik dennoch eine tüchtige Characteristik. Das acht-
eckige Glockenthürmchen, welches später hinzugefügt ist, besitzt
im Grundrifs keine reguläre Polygonform, sondern ist nach dem
Schema ein'es Rechtecks mit abgeschnittenen Ecken aufgemauert.
Um den alten westlichen Kapelleneingang zu erhalten, öffnet sich
der Thurm nach aufsen in einer so hohen Spitzbogennische, dafs
- •-Z/vf^KV- ’ d' e alle Thür und ein darüber liegendes,
später restaurirtes Fenster unverdeckt blei-
■ ^ en* T>ie zur Aufnahme von zwei kleinen

Glocken bestimmte Glockenstube besitzt
sechs einfäche 'und zwei doppelte Schall-
löcher, deren einfache aber interessante
Construction Fig. 2. 3. u. 11. detaillirt gege-
ben ist. Eine achteckige massive Spitze
mit dagegen gesfellten dreieckigen Giebeln,
welcfie den verschiedenen Thurmseiten ent-
spreehend verschieden gegliedert sind, vol-
lendet den kleinen wolilerhaltenen Bau.

: Technisches.

Das Mauerwerk in wendischem Steinverbande ist sowolil bei
den Langhauswänden, 'wie den Thurmmauern von guter Arbeit.
Das Format der Steine beträgt: 11 Zoll, 5} und 3f Zoll.

Die spitzbogigen Blenden sind ohne Bogenformsteine und
mit einer Scheitelfüge statt des _ Schlufssteines gemauert. Der
Thurm ist fi'ir sich fundamentirt und erst später mit der Kirche
in eirier einfächen aber wohlüberlegten urid zweckmäfsigen Oori-
struCtion verbunden wofden. Um Material zu sparen, hat man
deris'elben nämlich nür in der Hälfte seines Grundrisses ünten
angelegt, darin 18 Fufs, ho'ch ohne Verband frei vor der West-
wand äufgemauert und in dieser Höhe durch doppelte, mehr und
mehr hervortretende Auskragungen auf der Innenseite, Fig. 6.,
zur beabsichtigten- Grundrifsanlage gebracht und nach Herstel-
lung der Glockenstube mit einer massiveri 11 Zoll starken Spitze
abgedeckt. Diese sparsame, und. durchdachte. Art des Thurm-
baues, welche sich gut bewährt hat, dürfte für verwandte Zwecke,
voraus gesetzt, dafs der Maafsstab des Bauwerks nicht zu grofs
ist, zu empfehien sein. Eben so eigenthümlich ist der obere'
Grundrifs des Thurmes Fig. 11. gebildet, wo bei dem Wunsche.
nach allen acht Seiten Schallöffnungen einrichten zu können, die
vier an den kurzen Rechtecksseiten belegen'en Pfeiler zu schwach
geworden wären, wenn man nicht für eine entsprechende Ver-
li stärkung gesorgt Iiätte. Die§e wurde dadurch bewirkt, dafs man
 
Annotationen