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Adler, Friedrich
Mittelalterliche Backsteinbauwerke des Preußischen Staates (Band 1): Die Mark Brandenburg: 1. Die Stadt Brandenburg. 2. Die Altmark — Berlin, 1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.31747#0059
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essant, die mit denen des Klosters Neuendorf yerwandt, einer
§Mchen Bauzeit, der Mitte des XIII. Jahrhunderts angehören.
Kervorzuheben ist namentlich die innere Architektur, welche über
cien nach aufsen hin spitzbogig geöffneten Fenstern flache Bogen
§ espannt und diese Anordnung systematisch in mehreren Ge-
schossen übereinander durchgeführt hat.

Technisches.

Die Ausfülirung des Bauwerkes ist nicht so vorzüglich, wie
le von Jerichow oder Diesdorf, aber noch immer gut und ge-
legcn zu nennen. Am besten sind Ghor, Hauptabsis und Quer-
Schiff gemauert, während die Längsfronten und der Westgiebel
§ eHngere Sorgfalt verrathen. Entschiedene Xachlässigkeit bei
^ er Ausführung zeigen der Kreuzgang und der Obertheil der
k °nnen-Empore; dagegen sind alle Gewölbe von trefflicher Ar-
eih X)ie Stärke derselben beträgt im Scheitel 1 Stein und sie
Sllld bis auf 1 der Höhe hintermauert. Spuren des Yerfalles sind
aran nirgends sichtbar.

Die Gewölbeflächen waren stets geputzt, die Wand- und
ützenflächen scheinen aber ursprünglich nur gefugt gewesen
Zl1 sein. Die Bogenleibungen der Fenster und Schiffsarlcaden
in der Unterfläche zwar durchgehends geputzt, aber der
ütz hört stets 2—3 Zoll vor der Vorderkante des Bogens auf.

^ Die im Innern angewendeten Kunstformen zeigen eine flei-
^§ e Arbeit. So weit ein Urtheil möglich ist, scheinen Kapitelle,
aiüpfer und Basen nicht geformt, sondern gemeifselt zu sein,
agegen sind die gerundeten Verblendungssteine der Hauptabsis,
s°Wie die Plinthen- und Lissenensteine daselbst geformt. Inter-
essant ist das im Holzschnitt mitgetheilte, an der
Hauptabsis befindliche Werkzeichen, welches genau und
sorgfältig in einen gewöhnlichen Verblendungstein ein-
gemeifselt ist.

Von dem Hauptportal des Südkreuzes, Bl. XXVIII, Fig.8, ist
s°Wohl d er Verband der Seiten-Einfassungen, als der der Bogen
^ütgetheilt, wobei noch Folgendes hinzuzufiigen ist. Da der Bogen
111 sogenannten Rouladen gemauert ist, so kann ein Verband der-
Se^en unter sich nicht stattfinden, wie dies auch aus den nicht
^üsanamentreffenden Lagerfügen ersichtlich ist. Es ist wohl des-
aii) bei dem betreffenden Verbande darauf Rücksicht genommen,
en Rücken jeder Bogenschicht möglichst eben herzustellen, zur
lre gleichsam für die Leibung der folgenden.

Der angewendete Steinverband ist meistentheils der wendi-
/ lej seltener der Blockverband. Die Kuppelgewölbe sind zwar
^ht überall, aber doch vorwiegend in geschlossenen Ringen
§ eüiauert. Das Format der gut gebrannten hellrothen Steine be-
an der Absis 11 Z'oll, 5—5| Zoll und 3f Zoll; an der West-
l°üt 11 — H'Zoll, 4f—5 Zoll und 3f Zoll, wodurch wiederum
üen nahen Zusammenhang der Bauzeiten beider Theile hin-
§ eWiesen wird.

Kunstwerke.

, ^°ü mittelalterlichen Kunstwerken ist nur der in dem Quer-
^ üitte auf BI. XXVI, Fig. 1 dargestellte Flügelhochaltar zu nen-
ü, der in der Mitte die Krönung Mariä, daneben die 12 Apostel
i- . ei Daldachinen und in der Pedrella die Brustbilder von 7 weib-

Jlchen

Heiligen, — Alles trefflich geschnitzt, bemalt und vergoldet,

^üstellt. Die fleifsige und gediegene Arbeit beurkundet einen
j 1 güten Meister, dessen Name leider weder Monogramm noch

n® chrift überliefert. Die Behandlung der Architektur ist von

eiüe

r merkwürdigen Uebereinstimmung mit den schönen Schmtze-
reieü an dem Baldachin der Kapelle des heiligen Blutes hinter
0eiü Hochaltare der Klosterkirche zu Dobberan. Man glaubt in
detü Altare zu Arendsee die Hand desselben Meisters zu erkennen.

1 jene Schnitzereien zu Dobberan auf Grund dei daian voi
Kominenden Wappen in das Jahr 1425 gesetzt werden konnen,
So ist es erlaubt, für den so ähnlich behandelten Altar von Arend-
Se° eine gleiche Zeitepoche anzunehmen.

D

Resultat.

Der Hauptbau der Klosterkirche wird nach dem Resultat
der mitgetheilten Untersuchung von 1182—1208 ausgeführt sein
und zeigt als früher Gewölbebau eine bemerkenswerth einheit-
liche Konception und ebenso sichere Durchführung. Die Klo-
stergebäude entsprechen dem Styl in der Mitte des XIII. Jahr-
hunderts; auch kann die Südkapelle (St. Thomas) wohl auf 1280
angenommen werden. Der Glockenthurm datirt von 1473, wäh-
rend die Nonnen-Empore und der Kreuzgang etwas später, wohl
gegen 1480 erbaut sein werden.

IX. Klosterkirche zu Diesdorf.

Historisches.

Dieses 3 Meilen südwestlich von Salzwedel belegene Kloster
wird unter dem Namen „Marienwerder“ zuerst in einer Urkunde
des Bischofs Herrmann v. Verden v. J. 1161 erwähnt, worin
derselbe der so eben fertig gewordenen und von ihm einge-
weihten Klosterkirche bedeutende Güter in der Umgegend über-
weist. Als Stifter des Klosters wird in dieser Urkunde Heri’-
mann, Sohn des Grafen Uh’ich von Wei’tbeke genannt, ') und
das Verdienst eines frommen Mönches Iso, welcher Tag und
Nacht selbst gearbeitet hatte, uiu mit Hülfe und Unterstützung
gläubiger Christen den Kirchenbau zu vollenden, besonders her-
voi’gehoben. 2) Ohne Zweifel ist in dem Bruder Iso der Bau-
meister des ältesten Theiles der Kirche, welcher am 10. Dezem-
ber 1161 geweiht wui’de, zu vei’stehen und mit Rücksicht auf
die besondere Wichtigkeit dieses Baues wüi’de es von Interesse
sein, etwas Weitei’es über eine anderweitige Bauthätigkeit die-
ses geistlichen Architekten kennen zulei’nen. Leider sind aber
direkte Mittheilungen weder in der oben citirten noch in an-
deren zur Prüfung hei’angezogenen Ui’kunden aufzufinden ge-
wesen. Dafs der von 1205 — 31 i’egierende Bischof Iso von
Verden (ein Grafensohn aus dem Hause Wölpe), nicht der Bru-
der Iso, welcher von etwa 1157 —1161 zu Diesdorf die Klo-
sterkirche erbaut, gewesen sein kann, lehrt eine Vei’gleichung
der Zeitangaben. Angenommen, dafs Iso im Jahre 1157 min-
destens 20 Jahre alt war, so müfste er bei seinem Tode das
seltene Alter von 94 Jahren erreicht haben, was schwerlich
in der Geschichte des Bisthums Verden anzumerken vergessen
woi’den wäre. Aufserdem sagt aber Bischof Hernnann in der
Weihungs-Urkunde ausdrücklich: „ frater Iso, adveniens“, was
wohl nicht anders gefafst werden kann, als dafs Bruder Iso
von einern andern Stiftssprengel her zur Hülfsleistung nach
Diesdoi'f gekommen sei. Und an diese Thatsache läfst sich eine
andere auf technischem Gebiete anknüpfen, wodurch über die
Person und weitere Thätigkeit des Iso Aufschlüsse gewonnen
werden, welche wenigstens einen hohen Gi’ad von Wahrschein-
lichkeit besitzen. Da nämlich die vom Stiftungsbau erhaltenen
Theile der Klostei’kirche zu Diesdorf, nämlich Chor und Quei’-
schiff, den besten Backsteinbau zeigen, der in der Altmark vor-
kommt, und der nur mit der eben so vollendeten Technik zu
Jei’ichow verglichen werden kann, da ferner im Jahre 1161 nir-
gend anderswo ein so stattlicher, epochemachender Backsteinbau
in den Marken vorhanden war, der als Vorbild dienen konnte,
als gerade Jerichow, so ist es -höchst wahrscheinlich, dafs auch
von dort her die neue Bauweise nach Diesdorf übertragen wurde.
Diese Vermuthung wird dadurch unterstützt, dafs zu Jerichow ein
Mönch, Namens Isfried genannt wird, der von 1159 ab in Ur-
kunden als Propst des grofsen Prämonstratenserklosters erscheint

') Die Grafen von Wartbeck oderWarpke, welche sp'ater unter dem Namen Grafen
von Lüchow erscheinen, sind auch als Wohlthäter der Klöster Amelunxborn und ßeinhausen
bekannt. — Wohlbrück, a. a. O. S. 88 u. ßaumer, ßeg. 720 u. 1272.

2) Hermannus Comes TJdalrici Comitis de Wertbelce filius .... et ibi Canonicos el in-
clusaß moniales sub regula Austini Deo et B. Mariae servire instituit, quo quondam vene-
rabilis frater Iso, adveniens, ut aeternam sui nominis memoriam apud Deum conderet, in eo-
dem Dei agro nocte ac die laboravit et propria labore fideliumque oblatione adjutus hanc ec-
clesiam Deo cooperante consummavit. — Buchliolz, Gesch. der Churmark Brandenburg
Thl. IV. Urk. A. S. 6 und Beckmann, a. a. O. Kap. X. Sp. 139.

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