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Adler, Friedrich
Mittelalterliche Backsteinbauwerke des Preußischen Staates (Band 1): Die Mark Brandenburg: 1. Die Stadt Brandenburg. 2. Die Altmark — Berlin, 1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.31747#0089
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79

R e s u 1 t a t.

Der oblonge Westtburm ist in seinen untern Theilen vor
^O, im obern Stockwerke um 1220, die westlichen Untertheile
ei‘ Seitenschiffsmauern ca. 1310—1320, der Westtheil des Lang-
laUses 1412—1420, der Chor 1440—1468 erbaut worden.

II. Kapelle St. Spiritus.

j theses kleine, auf und an der Stadtmauer belegene Gottes-
aUs isf mit Genehmigung des Ordenspriors im J. 1313 vom
athe der Stadt gestiftet worden 1). Weitere Nachrichten felilen.

Die Kapelle ist eine einschiffige, gewölbte, zweijochige, im
“ en Sechseck geschlossene Bauanlage, welche mit bescheide-
* letl Mitteln in höchst einfachen Kunstformen errichtet ist. Das
^teressanteste ist das auf Bl. XLII, Fig. 6 dargestellte System
er Südfayade, welches das mehrfach vorkommende Struktur-
'ncip, niedrige Nebenkapellen zwischen den Strebepfeilern aus-
auen mit der Variation wiederholt, dafs hier die weit zurück-
^ egenden Strebepfeiler oben durch Flachbogen mit einander ver-
^nden sind. Däs auf dem schmucklosen Westgiebel einst vor-
^ anden gewesene Glockenthürmchen felilt. Das häufige Auftreten
ei Plachbogen aufsen wie innen (denn das Innere zeigt das-
I Strukturprincip der durch Flachbogen verbundenen Stre-
^ epfeiler), sowie die schwerfälligen Profile der oberen Spitzbo-
^ufenser verstatten nicht die Annahme, dafs die 1313 gestiftete
apelle in dem jetzigen Baue noch erhalten ist. Wahrscheinli-
er ist es, den jetzigen Bau als eine Erneuerung vom Schlusse
C8 XV. Jahrh. ca. 1480 aufzufassen z).

III. Das Elbthor.

^ Das schöne und wohlerhaltene Stadtthor 3 4), welches auf
w ' XLV in Fa^ade, Durchschnitt, Grundrissen und Details dar-
^ estellt worden ist, besteht aus dem zum Durchgangsverkehre
eshrnmten Thorhause und dem daneben stehenden Rundthurme.

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erstere öffnet sich mittelst profilirter Spitzbogen nach Stadt-
Feldseite und ist mit einem auf birnenförmigen Rippen ru-
enJen Kreuzgewölbe überdeckt. Die reiche, aber schon etwas

flaue Profihrung des äufsern Thorbogens,
sowie den an den Formsteinen desselben
J^'l vorkommenden Ziegelstempel zeigen die
Holzschnitte. Die über dem Thore an-
geordnete Plattform ist innen und aufsen
§ egliederten Zinnenwänden besetzt, an deren Pfeilern Wap-
aüf ien^ en eing efugt sind. Der in zwei Absätzen sich erhebende
^ ■ !‘)'ordentlich starke Rundthurm, dessen Untermauer eine Dicke
M Fufs besitzt, wird von der Stadtseite her mittelst einer
!>.. I|laien Treppe erstiegen. Diese Treppe führt zu dem kreis-
^öiigejj, mjt einer Rundkuppel überwölbten Wachtraume, wel-

Tnittelst dreier Fensterscharten die Feldseite bestreicht und
lcb eine Oeffnung im Fufsboden mit einem kuppelüberwölb-
ünterirdischen Raume verbunden ist, in dessen Mitte sich

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n ^asserbrunnen befindet. Vergl. den Querschnitt Fig. 4 mit

^en

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Grundrissen Fig. 5 und 6. Von dem Wachtraume führt eine
Treppe einerseits auf die Plattform des Thores, andrer-
^ 8 zu dem gleichfalls mit einer Kuppel überwölbten oberen
l0°y CWer^ e, weMkes einen Kamin besitzt und von dem 2 Fufs
^ ° ^ breiten gezinnten und abgepflasterten Umgange, der den

^Verthurm bekrönt, durch eine Doppelthür abgeschlossen wer-
^ 11 kann. An der Aufsenmauer des Oberthurmes sind 26 ei-

P Uiedel a. a. O. VI. 402.

U'edel a. a. O. VI. 399, scheint diese Ivapelle als die 1483 gestiftete St. Georgs-
St. Q;e zu 1>etrachten, aber seiner Auffassung widerspricht die urkundliche Nachricht, dafs
Jellg * n aer Vorstadt gelegen sei, ebenso die späteren Berichte, dafs St. Georgs-Ka-
3^ 1 rlGrTI Aufwerfen der schwedischen Verschanzungon 1631 zerstört worden sei.

Ver|perspektivische Skizze in Strack und Meyerheym a. a. 0. Bl. 5 ist in den
n* sscn nicht völlig richtig.

serne Haken eingemauert, welche wahrscheinlich zur Befestigung
der bei feindlichen Angriffen anzubringenden Schirmdächer über
dem gezinnten Umgange dienten ’). Von dem oberen Geschosse
führt endlich eine massive Treppe zu der Plattform des Ober-
thurmes, welche mit einem Zinnenkranze umgeben ist und die
übliche Einrichtung zur Ableitung des Regenwassers zeigt. Die
mit schwarz glasirten Zickzackstreifen belebte Fa^ade des Rund-
thurmes macht durcli die energische Gesammtgestaltung und die
kräftige Profilirung der Zinnenkränze und Hauptgesimse, welche
aus den Details Fig. 2 und 3 ersehen werden kann, eine sehr
bedeutende Wirkung. Das Mauerwerk ist in sörgfältigem Roh-
bau hergestellt und die Güte des Materials entspricht der Ge-
diegenheit der Arbeit. Das Steinformat beträgt an den Zinnen
des U.mganges ll 1-Zoll, 5i Zoll und 3§ Zoll, an dem Thore und
Unterthurme 11§ —12 Zoll, 5§ — 5§ Zoll und 3§-—4 Zoll.

Nach dem Charakter der Kunstformen beurtheilt, darf die
Bauzeit des Elbthors auf ca. 1460 angenommen werden.

D. Die Stadt Osterburg.

Die Stadt Osterburg, welche zur Zeit der Griindung Sten-
dals im J. 1151 2) unter den bereits vorhandenen Städten der
Altmark urkundlich genannt wird, scheint den auf ILebung der
Landeskultur gerichteten, durch herbeigezogene niederländische
Ansiedler so erfölgreich durchgeführten Bestrebungen Albrechts
des Bären ihre erste Anlage verdankt zu haben 3). Auch ge-
schah es wohl auf Albrechts Veranlassung, dafs sein Schwager
Werner, ein Edler aus dem Geschlechte von Veltheim, zwischen
1160 und 1170 seinen Wohnsitz in einer bei Osterburg neu er-
richteten Burg gleichen Namens nahm und in Folge dieser Stamm-
hausverlegung sich fortan Graf von Osterburg nannte '). Von
seinem in Urkunden bisher nicht hervorgetretenen Sohne Hein-
rich sollen nach späteren aber glaubwürdigen Berichten die Kir-
chen zu Königsmark und Kalberwisch 1164 und die Pikrrkirche
St. Nikolaus zu Osterburg ca. 1170 erbaut worden sein, wobei
hinzugefügt wird, dafs man sich bis dahin mit der älteren Pfarr-
kirche St. Martin beholfen habe 5). Da übe’rdies in einer Urkunde
von 1287 ausdrücklich ein Zoll-Lokal die „alte Stadt“ genannt
wird 6), so wir.d eine in frühester Zeit vorgenommene Verlegung
der Stadt um so weniger bezweifelt werden können, als beide
Pfarrkirchen St. Martin und St. Nikolaus noch vorhanden sind,
und die erstgedachte, weit aufserhalb der Stadt belegen, nach
ihrer Bauart und Technik zu den ältesten Backsteinbauwerken
der Altmark gehört. — Bei inneren Landesfehden hat die Stadt
Osterburg 1208 7) und 1240 s) sehr gelitten und scheint erst nach
dem in der Mitte des XIII. Jahrh. eingetretenen Aussterben der
Grafen von Osterburg durch vielfache Rechtsvergabungen und
Schenkungen der Markgrafen zu einer gedeihlicheren Entwicke-
lung gelangt zu sein. Indessen hat die durch ihre Lage nur auf
die Pflege von Ackerbau und Viehzucht beschränkte Stadt nie-
mals die Stellung und Bedeutung von Stendal, Tangermünde,
Salzwedel etc. erlangt. Nach dem durch Brand und Vernach-
lässigung bewirkten Untergange kleinerer kirchlicher Bauwerke,
der Thore und des Rathhauses besitzt die Stadt nur noch die
Pfarrkirchen St. Martin und St. Nikolaus.

') Das Neustädter Tlior zu Tangermünde hat gleichfalls diese Haken-Einriehtung be-
wahrt, doch sind dieselben dort so auffallend hoch iiber dem bodachten Umgange angcord-
net, dafs es schwer hält, ihre Benutzung fiir fortifikatorische Zwecke einzuselien.

2) Kiedel a. a. O. XV. 6.

3) Vgl. über diese Kolonisirung die unter Historisches des Klosters Jerichow goge-
benen Nächrichten', sowie des Verfassers Abhandlung über diesen Gegenstand: Märkische
Forschungen, III. 110—127.

4) Dieser Graf Werner von Osterburg ist der Stifter des bcreits S. 44 ff. mitgetheil-
ten Ivlosters Krewese.

s) Entzelt Chronik a- a. O. S. 117 und Steinhart Altmark Th. II. S. 8 ff.

6) Ricdel a. a. O. XVI. 321.

7) Angelus Ann. ed. 1598. S. 95.

*) Wohlbriick a. a. 0. S. 148.
 
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