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stattliche Dominikanerkirche zu Cöln (1297) ist nebst den Schwe-
sterkirchen zu Straufsberg und Seehausen (beide von 1254) unter-
gegangen, und das Gleiche gilt von detn Kathedralbau des Bis-
thums Lebus, welcher mit bedeutenden Mitteln von ca. 1276—90
errichtet, schon im Jahre 1325 wieder zerstört worden ist. Theil-
weis erhalten sind Reste des alten um 1270 auf seine jetzige
Stelle verlegten Rathhauses zu Berlin, deren Bauformen mit den
unversehrt gebliebenen Theilen vom Umbau des Domes zu Bran-
denburg (1296 — 1310) völlig übereinstinnnen und die fort-
dauernde Festhaltung der altgothischen Bauformen ebenso sicher
bezeugen wie die alten Theile an der Hospitalkirche St. Spiritus
zu Berlin (um 1290 — 1300) und an den Schiffspfeilern der Pfarr-
kirche St. Maria zn Frankfurt a. d. O. (vom Schlusse des XIII.
Jahrh.) Ungeachtet mancher schwer zu ergänzenden Lücken giebt
sich die fortdauernde Blüthe des Backsteinbaües durch die Ka-
pellen St. Peter (1311 —15) und St. Jakob (1320) zu Branden-
burg, sowie durch die Pfarrkirchen zu Müncheberg (um I3i0),
St. Nikolaus zu Jüterbock und St. Maria zu Gransee (1320) zu
erkennen und wird besonders durch die mit lebhaftem Kunstge-
fühle durchgeführten städtischen ßefestigungsanlagen zu Span-
dow, Mittenwalde, Müncheberg, Teinplin und Gransee (alle vom
Anfange des XIV. Jahrh.) noch bestjmmter charakterisirt.

Nach dem Aussterben der Markgrafen aus dem ballenstädti-
schen Flause (1320), macht sicb, zumal durch die schweren
Wirren und Streitigkeiten bei detn Erscheinen des sogenannten
falsclien Waldemar veranlafst, eine eben so plötzliche wie an-
dauernde Stockung in der märkischen Bauthätigkeit geltend.
Während der fünfzigjährigen Herrschaft der Regenten aus dem
bairischen Hause sind aufser der 1363 eingeweihten und schon im
XVI. Jahrh. verfallenen Wallfahrtskirche zu Nykamer bei Nauen,
als gröfsere und hervorragende Bauausführungen nur der treffliche
aber langsam geförderte Umbau von St. Godehard zu Brandenburg
(1324 — 48) nnd der selten schöne Bau des Chorpolygons an
der Franziskanerkirche zu Berlin (um 1343), welchen Mark-
graf Ludwig der Römer selbst gestiftet haben soll, zu nennen.
Unter den kleineren sicher datirten Bauanlagen verdienen die
vom Domkapitel zu Brandenburg um 1340 neu erbaute Dorf-
kirche zu Buckow, ferner die Todtenkapelle bei Trebbin und
die nur theilweis erhaltene Ueberwölbung in der Pfarrkirche St.
Maria zu Straufsberg (1342) eine Erwähnung.

Die Erwerbung der Mark Brandenburg durch das luxem-
burgische IJaus, insbesondere die ausgesprochene und vielbe-
kannte Vorliebe Kaiser Karl IV. für Tangermünde hat bei gebesser-
ten f'riedlichen Zuständen im Gegensatze zu jener langjährigen Un-
terbrechung an den verschiedensten Punkten der Mittelmark eine
erneute Bauthätigkeit wachgerufen. Der rnit vielem Aufwande
hergestellte Neubau des Chores von St. Nikolaus zu Berlin
(1375), die gleichzeitigen und umfangreichen Herstellungsbauten
des Domes zu ßrandenburg (1377 —90), und der Pfarrkirchen
St. Maria zu Berlin (1380-^1405) und Frankfurt a. d. O. (um
1378), sowie der Erneuerungs-Bau der trotz des bescheidenen
Maafsstabes vorzüglich edlen und gehaltvollen St. Nikolauskirche
zu Spandow (um 1380) geben für diese Anschauung die voll-
gültigsten Beweise. Selbst an werthvollen Kunstwerken fehlt
es nicht, wofür namentlich der prachtvolle siebenarmige Leuch-
ter und Taufkessel in der Marierikirche zu Frankfurt a. d. O.
(beide von 1375) und das elegante Chorgestühl in der Fran-
ziskanerkirche zu Berlin von 1383 zu nennen sind. Indessen
sind auch für diese Epoche nicht unerhebliche Lücken vorhan-
den, welche durch den 1385 in Fürstenwalde abermals neu er-
bauten Dom des Lebuser Bisthums, der nur bis 1432 existirte,
sowie durch die schöne Pfarrkirche St. Peter zu Cöln (um 1380),
endlich aber durch die glänzende und vielgepriesene Anlage der
1396 bei Frankfurt a. cl. O. gestifteten, 1432 nochmals erneuerten
und jetzt völlig verschwundenen Karthause bezeichnet werden.

Neue Impulse rücksichtlich der mit dem höchsten Reich-
thume von Kunstformen auszustattenden Fapadengliederung hat
alsdann der märkisclie Backsteinbau aus der Uckermark ern-

j pfangen, woselbst die originell gestaltete Pfarrkirche St. Maria
zu Prenzlow vor der Mitte des XIV. Jahrh. vollendet, nicht
nur auf die kirchliche Architektur, sondern aucli auf den Pro-
fanbau, zunächst in engeren, dann in weiteren Kreisen nach-
haltigen Einflufs geübt hatte. Das werthvollste Beispiel dieser
von dem Reichthume und der Machtfülle der Städte zeugenden
Richtung ist die Pfarrkirche St. Katharina zu Brandenburg, wel-
che 1381 begonnen und 1401 mit glänzenden Nebenkapellen
ausgestattet, mit dem hohen Cbore 1411 vollendet wurde.
Ebenso reicheAnlagen dieserfast ausschliefslich auf dieHerstellunfr
äufserer Effekte hinstrebenden Richtung sind nach dem Unter-
gange der Schwanenordenskapelle bei Brandenburg (1440, nicht in
der Mittelmark, wohl aber in der Neumark, Pommern und Altmark
nachweisbar. Dagegen zeigt sich ein steigender Einflufs altmär-
kischer Baukunst, der von den Städten Stendal und Tangermünde
ausgehend, in Brandenburg am Mühlthore (1411), am Steinthore
(nach 1430), ferner an den Nebenkapellen von St. Godehard und

den reichen Giebelfronten beider Rathhäuser (1440_50) nach-

weisbar ist, 1447 zu Jüterbock an der Pfarrkirche St. Nikolaus, und
1470 bei dein Bau der zierlichen Schlofskapelle zu Ziesar, end-
lich 1479 — 81 am Rathhause zu Zerbst sowie gleichzeitig an der
Pfarrkirche zu Bernau erscheint. Neben dieser altmärkischen
sehr charakteristischen Bauart, behauptet sich eine ungjeich ein-
fachere und schlichtere Behandlung des Backsteinbaues in ein-
zelnen Orten, besonders in Berlin, wo neben der kleinen Ka-
pelle St. Gertrud (1405 —11), auch die etwas reicher gestaltete
Liebfrauenkapelle an St. Nikolaus (1452), sowie der langsame
Umbau dieser Pfarrkirche selbst (1460 - 87) in solchem Sinne
zu nennen sind. Derselben Richtung schliefsen sich der zum
dritten Male begonnene Neubau des Domes zu Fürstenwalde
(1446 — 70), sowie die Chöre der Pfarrkirchen von St. Maria
und St. Nikolaus zu Frankfurt a. d. O. (1419 u. 1435), der zu
Rathenow (1420), sowie als Herstellungsbauten nach verheeren-
den Hussitenkriegen die Pfarrkirchen zu Strausberg und Mün-
cheberg (nach 1433), auch die Erweiterung der Pfarrkirche zu
Freienwalde (1447) an.

Die in Folge so umfangreicher Bauthätigkeit gewonnene
technische Sicherheit gab schliefslich der märkischen Back-
steinarchitektur den leicht erkennbaren spätgothischen Charakter,
welcher sicli in der Struktur zuerst durch die Bevorzuf-ung von
reich getheilfen Sterngewölben, alsdann durch die Einführung von
rippenlosen Zellengewölben äufsert, und in dekorativer Hinsicbt
durch die Häufung zierlich weicher Gliederformen an Fenstern
und Portalen erkannt werden kann.

Zu den besseren Bauwerken dieser spätgothischen Bauepoche
gehören die Restaurationsbauten der heiligen Geist-Kapelle (1476)
und der Klostergebäude des Franziskanerklosters zu Berlin (1474
und 1516), ferner der Franziskaner Ivlosterkirche zu Frankfurt
a. d. 0. (151 ! -6), sowie der Erneuerungsbau der mit interes-

santen Malereien geschmückten Gewölbe an den Pfarrkirchen
St. Maria zu .Herzberg (um 1500) und Straufsberg (1524). Von
Neubauten verdienen Erwähnung: die grofsräumigen Pfarrkir-
chen St. Nikolaus zu Zerbst (1430 — 94), so wie die etwas jün-
gere Oberkirche zu Cottbus, ferner das Langhaus der Pfarrkir-
chen St. Maria zu Frankfurt a. d. O. (1494 f) und zu Rathenow
(1517), die Kapellen zu Wittenberg (Mitte des XV. Jahrh.), Neu-
Ruppin (1490), Beeskow (1496) und an St. Maria zu Frank-
furt a. d. O. (1522) die Westfront am Nonnenkloster Gülden-
stern bei Mühlberg (1490), endlich die Franziskanerkirche, das
Rathhaus und die Thore von Jüterbock (1470 — 1500). In
den letztgenannten Bauten erscheinen schon die auf Sachsen zu-
rü'ckweisenden, die volle Auflösung der mittelalterlichen Struk-
tursysteme bekundenden Zellengewölbe, wrnlche auch bei der
1519 vollendeten Pfarrkirche St. Maria zu Bernau und der Ka-
pelle St. Peter zu Brandenburg (1521) nicht fehlen. Zu den grofs-
artigsten Erscheinungen dieser Bauepoche mufs endlich der statt-
liche Umbau der Dominikanerkirche zu Cöln gerechnet werden,
welchen der Kurfürst Joachim II. kurz vor seinem Uebertritte zur
 
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