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turelle Thätigkeit cler beiden Cistercienserklöster in der Mark,
von Zinna und Lelinin, überholt wurde. l)ie Landeslierren
Joliann und Otto haben diese Thatsaclie — wenn auch spät
— erkannt, denn im Februar 1258 1) bezeugt Biscliof Otto von
Brandenburg urkundlich ilire Absicht, in Mariensee ein Cister-
cienserkloster erbauen zu wollen. Er selbst legt dieser Stif-
tung die bischöflichen Hebungen von 50 Hufen Landes bei.
Unter den Zeugen erscheinen bereits der Abt Johannes und
noch zwei Würdenträger des Klosters Lehnin, ein sicheres
Zeichen, dafs dieses Kloster berufen war, die neue Stiftung ins
Leben zu rufen. In der That schenken beide Markgrafen im
September jenes Jahres mehrere Dörfer und Seen (darunter die
von Chorin und Parstein) an Lehnin mit dem Auftrage, auf
der gröfseren Insel, die obengenannte insula caprarum, des Par-
steiner Sees unter dem Kamen „Mariensee“ (stagnum sancte
Marie virginis) ein Cistercienserkloster zu erbauen. 2) In der
beigefügten sehr interessanten Grenzbesclireibung wird erwähnt,
dafs gewisse Grundstücke dem Hospitale zu Oderberg gehört
hätten. Und zum Beweise, dafs die alten Ansprüche des Prä-
monstratenser-Ordens an das Marien-Hospital aufgegeben waren;
übereignet noch an demselben Tage 1258 3) Markgraf Johann I.
allein das bei Bardin (sic!) belegene, also noch vorhandene
Hospital dem Kloster Mariensee.

Zwei Jalire später — 1200') — bekunden dann der Abt
und der Konvent von Lehnin, dafs sie aus ihrer Mitte den-
jenigen Stamm von Brüdern, welcher zur Begründung von
Mariensee erforderlich gewesen sei, geliefert und aufserdem von
den Gütern ihrer Kirclie die Dörfer Jädickendorf und Wolters-
dorf — in der Neumark bei Mohrin belegen — mit 100 Hufen
Landes hergegeben liätten. Unter den Zeugen wird nacli dem
Prior, dem Pförtner und dem Kantor auch der Baumeister der
nahezu vollendeten Kirche von Lehnin genannt, Conradus
magister operis. Man darf wohl annehmen, dafs dieser sacli-
verständige Möncli die Entwürfe für Mariensee angefertigt und
wahrscheinlicli auch ausgeführt haben wird. Denn Ivirche und
Kloster sind wirklich auf der Ziegeninsel im Parsteiner See zu
Stande gekommen, wie die Urkunden und noch erhaltene
Baureste beweisen. Im Jahre 1266 starb Markgraf Johann I.,
der Hauptgönner des neuen Klosters, imd wurde sicher in ihm
begraben, obsclion alle späteren Nachrichten melden, dafs sein
Grab in Chorin sich befände. Ist diese Ueberlieferung be-
gründet, so kann nur eine spätere Uebertragung seiner Ge-
beine nacli Chorin angenommen werden, nachdem diese Kirche
vollendet war. Und dafs sie geschehen ist, darf aus der
sicher iiberlieferten Thatsache geschlossen werden, dafs sämmt-
liche Fürsten der Joliannei’schen Linie in Chorin bestattet
worden sincl.

Itidessen hat man schwerlich schon 1266 an einen Neu-
bau in Chorin gedacht, wenigstens geht dies aus den Urkunden
nirgends hervor. Am 2. Februar 1267 bestätigen die drei
Sölme Joliann I., Johann, Otto und Conrad, 5) die Schenkungen,
welche ihr verstorbener Yater und ihr nocli lebender Onkel
Otto III. (der noch in demselben Jalire starb imd in den von
ihm gegründeten und aus Jiüdersdorfcr Kalksteinen erbauten
Dominikanerkloster zu Straufsberg bestattet wurde ,;), dem Kloster
Mariensee gemacht hätten und fügen auf Bitte des Abtes ilirer-
seits noch das Dorf Parstein und manches andere, besonders
einige Mühlen hinzu. In der Urkunde wird ausdrücklich gesagt:
Bernardus Abbas et collegium novellae plantationis stagnum
sancte Mane virginis und wenige Woclien später, am 16. April,
legen dieselben Fürsten dem von ihrem Vater in Palitz (in loco
qui Paliz dicitur) gegriindeten Kloster Mariensee nicht nur die

1) Eiedel a. a. O. 204. Die Annales Colbazenses in Monum. Germ. XIX,
S. 710 haben 1255 und die Annales Cistereienses bei Winter, Cistercienser I,
357 haben 1250, wo das unverständliche Abbatia de Favati in Marclna nur auf
den Pälitz-Werder, d. h. die Ziegeninsel, gehen kann.

2) Eiedel a. a. O. 205. 3) Eiedel a. a. O. 207. 4) Eiedel a. a. O. 209.

5) Eiedel 211. 6) Eiedel, D. I. 280.

Pfarre zu Oderberg 1) hei, sondern vereignen ihm aueh eine
Hebung, die ihr Marschall Albero de Brunchow gemacht liat.
Ja, selbst noch am Sclilusse des Jahres 1268 wird ein zur
Pfarre von Oderberg gehöriger Hof zu Niendorf dem Ivloster
zu Mariensee einverleibt. ä) Aber trotz seiner guten Ausstattung
und fortdauernden Unterstützung von fürstlicher Seite hat sicli
das Kloster Mariensee nicht halten lassen; es mufste sehr bald
verlegt und an einer andern Stelle vollständig neu erbaut
werden. Diese merkwürdige Phase in der Entwicklungs-
geschichte des Klosters fällt zwischen 1269 und 1272. Denn
am 1. August 1272 sclienken die Markgrafen Otto III. und
Albrecht III. der Marienkirche in Chorin (ecclesie sancte Marie
virginis in Koryn 3) neun Hufen Landes zu Woltersdorf in der
Neumark und fünf Monate später, am 8. Februar 1273, be-
bestätigt Papst. Gregor N. dem Kloster Chorin alle seine Be-
sitzungen und Güter. Nach einer nochmaligen Ueherweismig
von Landbesitz in Woltersdorf seitens der drei Markgrafen
genehmigen diese Fürsten im Oktober 1273 die Verpflanzimg
des Klosters Mariensee an einen am Choriner See belegenen
Ort, wobei sie hinzufügen, dafs fortan der neue Name Koryn
(sic!) gelten solle und schenken bei diesem Anlasse noch das
slavische Dorf Rogosene (Rogäsen) mit 26 Hufen dem Kloster.
Der Platzwechsel wird mit den Worten gerechtfertigt, dafs die
Abtei auf der Insel „wegen vieler Beschwerden, welche den
Dienern Gottes nicht gebühren“, verlegt werden mufste. Der
schwierige Verkehr zwischen der Insel und dem Festlande in
iibler Jahreszeit sowohl fiir die Fremden als aucli fiir die Ein-
heimischen, insbesondere für die Konversen, clenen clie Land-
wirthschaft oblag und die bei den Haupt-Gottesdiensten nicht
fehlen clurften, liat wohl clie Entscheidung herbeigeführt.

Dafs ein Tlieil des Konventes im Frühjahre 1274 in
Chorin am Platze war und energisch zu schaffen suchte, ver-
rätli eine gleiclizeitige Urkunde des Bischofs von Brandenburg,
weil sie durchblicken läfst, dafs man clie Bewohner des Dorfes
Rogosene bereits entfernen wolle. Es bestand also die Absicht
—- was hier zwar nicht gesagt ist, aber was in vielen urkund-
licli bezeugten Fällen gescliehen ist —, nach Entfernung der
wendischen Besitzer einen grofsen, für die Ernährung des balcl
zu verlegenden Konventes bestimmten Wirthschaftshof anzu-
legen. Der Bau der Ivlosterkirclie mufs daher bereits im
vollen Gange gewesen sein. Dazu stimmt clie nochmalige
päpstliche Bestätigung aller Reclite und Freilieiten 1274, be-
sonders aber clie Stiftung eines Altares durch den Ritter von
Tornow für sich imcl die Seinigen im Jahre 1275 und die
gleichzeitige Abtretung einer jährlichen Hebung aus einem
Weinberge bei Oderberg, welclie ein dortiger Bürger verbrieft,
um den Büchervorrath zu vermehren. Jener Altar soll —
wie ausdrücklicli gesagt wircl — im Kloster Chorin erbaut
werden und die Kirche selbst dem Stifter und seiner Sippe als
Begräbnifsstätte dienen. Anclrerseits geht aus einer Urkunde
von 1276 die Thatsache hervor, dafs ein Tlieil des Konventes
— sicherlich der gröfsere — noch immer in Mariensee bestancl,
clenn die drei Markgrafen überlassen den dortigen Brüclern
(nicht denen in Chorin) tauschweise das wendische Dorf Ro-
gosene mit 26 Hufen, weil jene diesen Ort zum Aufbau cles
Klosters passend gefunden hätten. Scliwer verständlich ist es
freilich, dafs dasselbe Dorf, welches 1273 geschenkt werden
sollte, nun als Tauschobjekt clienen soll. Vielleicht ist die
Jahreszahl verschrieben, was nicht selten vorkommt, 4) ist sie
aber richtig, so überliefert sie das merkwürdige Faktum, dafs
man selbst damals, 1276 oder kurz vorher, noch zwischen zwei
Bauplätzen, Chorin und Rogäsen, geschwankt hat.

Die weiteren zahlreichen Urkunden sind mit einer Aus-
nahme fiir die Baugescliichte ohne Belang. Sie geben nur eine
sehr deutliche Vorstellung von cler energischen Betriebsamkeit

I) Eiedel 212. 2) Eiedel 213. 3) Eiedel 214.

4) Vergl. Eiedel a. a. O. 217 zur Urkunde von 1274 die Anmerkung.

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