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geträgen wurden. Zwei diagonale und drei achsiale, ohne Ahsatz
aufsteigende und oben abgeschrägte Strebepfeiler bildeten die

Widerlager und zwischen ihnen befanden sicli die kämpferlosen,
einfach ahgestuften Spitzbogenarkaden.

Die Gewölbe ruhten auf breiten abgefasten Rippen und
besafsen vier mit flachem Relief dekorirte Schlufssteine. Yergl.
den Holzschnitt. Sie wurden in den Ecken von frühgothi-

Knochen hält, und endlich zwei menschenköpfige Yogelgestalten,
deren Leiber in Schlangen endigen. Zwischen diesen sirenen-
artigen Gestalten und dem Schweinepaare befindet sicli ein auf-
recht stehender gegürteter Lüscliel von rundlich gesäumten
Blättern, deren innere Mittelrippen mit kleinen Diamantquadern
belegt sind. Höchstwahrscheinlich, wenigstens gestatten die Mafse
diese Vermuthung, kehrte dieses Ornamentstück auf der ent-
gegengesetzten Seite wieder, so dafs der Fries in zwei verschieden
durchgebildete, aber gleichmäfsig verknüpfte Hälften zerlegt war.
Indessen genügt das Erhaltene in dem figuralen, wie in dem
ornamentalen Theile vollständig, um den Einflufs der älteren
romanischen Kunst, speciell in Sachsen, deutlich zu erkennen
und damit ein frühes Datum zu gewinnen. Der Ziegelplatten-
fries im Innern der Klosterkirche von Lehnin — Blatt LIX
Fig. 2 und 4 —, welcher dem Anfange des XIII. Jalirliunderts
entstammt, läfst derartige Naehklänge romanischer Baukunst iu
noch älterer Fassimg erkennen. Auch darf an die romanischen
Stuckkonsolen in dem nördlichen Seitenscbiffe von Zinna er-
innert werden. Bezüglich der Kunstsymbolik wird sich die
Vermuthung rechtfertigen lassen, clafs cler Künstler es versucht,
liat, diejenigen menschliclien Laster, über deren Folgen hier an
der Gerichtsstätte von den Schöffen entscliieden werden sollte,
wie Völlerei, Raub, Diebstahl und Unzucht, sinnhildlich dem
Volke vorzuführen. Aus demselben Grunde hatte er aucli an
der Stirnseite des süclwestlichen diagonalen Strebepfeilers in
einer Höhe von neun Fufs aus gebranntem Thone auf einer
Konsole hockend eine Eule mit Eselsohren und grinsenclem
Menschenantlitz angeordnet, unter welchem sehr viel tiefer zwei
Halseisen hingen. Die Höhe des Bildwerkes beträgt 18 Zoll
und die Breite 10 Zoll. Es war dies der monumental gefafste
Scliandpfeiler: Der Kaak — vergl. den untenstehenden Holz-
schnitt —, an welchem die an clen Pranger gestellten und ge-
brandmarkten Uebelthäter büfsen mufsten.

Mit Rücksiclit auf die frühgothischen, aber noch mit roma-
nisclien Reminiscenzen erfüllten Bauformen und im Anschlusse
an die geschichtliche Entwickelung Berlins kann es keinem

schen, zum Theil sehr beschädigten Konsolen getragen und
in der Mitte durch den Rundpfeiler abgestützt. Sein Kapitell,
dem Kerne nach aus Sanclstein bestehend, aber mit einem aus
hartem Stucke hergestellten Reliefe gesclimückt, ist \on ganz
besonderem kunsthistorischen Interesse. Auffallend ist zunäclist
die Thatsache, dafs der übliche quadratische Kämpferstein fehlt

und durch einen geflochtenen Strick
ersetzt wird und dafs statt des Hals-
ringes ein ähnlich dekorirter, schwer
erkennbarer Blattstab erscheint; un-
mittelbar darüber erheben sicli die
Rippen. Vergl. den nebenstehenden
Holzschnitt. Den mittleren Tlieil
füllt ein 12 1/, Zoll hoher Fries mit
phantastischen Grotesken aus der
Thierwelt mit stilisirten Pflanzen-
formen verbunden. Leider felilt ein
Drittel des Ganzen, so dafs eine
sichere Deutung dieses merkwür-
digen kunstsymbolischen Restes er-
schwert wird. Das noch Erhaltene zeigt obenstehender PIolz-
schnitt in abgewickelter Lage. Mit Sicherheit sind zu erkennen:
ein Affe, der einen Baum plündert, zwei Schweine Eicheln
fressend unter einem Eichbaume, ein Raubvogel, der einen

Zweifel unterliegen, dafs der Bau des Rathhauses nebst der
Gerichtslaube spätestens um 1270 zu Stande gekommen isl
Der für jene Frühzeit und in dieser Gegend auffallende
Reichthum an bildhauerischem Schmuck,
veibunden mit der Thatsache, dafs der
„Kaak ein massiv keramisches Bildwerk
von schwieriger Teclmik und bemerkens-
werther Gröfse ist, drängt clazu, sich nacli
Analogieen umzusehen, um weitere Auf-
schlüsse anzubahnen. Solche liegen nahe
genug. Es sind dies clie vier grofsen sta-
tuarischen Untertheile, welche im Lang-
chore cler Klosterkirche die hoch über dem
Fufsboclen beginnenden Dienste tragen und
bei der Baubeschreibung liereits streifend
berührt wurclen. Sie sind gleichfalls massic'
aus gebränntem Thone angefertigt und er-
reichen einschliefslich ihrer kesselförmigen
Ivonsolen, welche zum Theil mit roma-
nischen Ranken, zum Theil mit früh-
gothischen steifen Blättern (Eiche, Wein-
stock, Eplieu) belegt sincl, die seltene Höhe
von zwei Fufs vier Zoll. Da, zu der
gleichen seltenen Teclmik clieselbe Stili-
 
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