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sirung sicli gesellt, so ist es nicht unmöglich, dafs beide Bäu-
werke demselben Baumeister angehören. Dadurch wird aber ein
weiterer Grund fiir die Annahme gewonnen, dafs die Kloster-
kirche nicht erst 1290 begonnen wurde, sondern bereits 1271,
denn dafs der Schöpfer beider Bauwerke neunzehn Jahre später
noch leben konnte, wird kaum bestritten werden können. Ist
diese Vermuthung zutreffend, so würden wir aus der Urkunde
von 1291, in welcher der Bitter von Nebede den Franzis-
kanern seine Ziegelei bei Tempelhof schenkt, den Namen jenes
hochbegabten Meisters entnehmen dürfen. Es ist der dort als
Meister bezeiehnete Siegfried, welcher den als Zeugen fun-
girenden Berliner Bürgern Schönhausen, Lietzen und Belitz,
mit der Formel „und auch“ als letzter Zeuge angereiht wird.
Weil man ihm durch den lierrlich gelungenen Kirchenbau
dankbar verpfhchtet war und weil kein anderer wie er den
hohen Werth cles Gesehenkes der Ziegelei zu schätzen wufste,
hat man ihm gestattet, bei dem wichtigen Schenkungsakte als
Zeuge mitzuwirken.

B. Die Stadt Treuenbrietzen.

Historisches.

Der ursprünghche wendische Ort Bricene erhielt unter der
Askanier Herrschaft eine Burg, nach welcher sich — urkundlich
seit 1209 — eine Adelsfamilie von Brietzen nannte. Die Burg
bestand bis 1319, dann wurde sie abgetragen und ihre Steine
iiach einer Ueberlieferung des XVII. Jahrhunderts für den Bau
des Thurmes der St. Marienkirche verwendet. In cler Be-
stätigungsurkunde des Bischofs Siegfried II. von Brandenburg
für den Güterbesitz des Domkapitels von 1217 ist Brietzen
hereits der Mittelpimkt eines Pfarrsprengels und besafs dalier
eine Kirche. Es kann dies nur St. Maria gewesen sein, weil
cliese Kirche und nicht St. Nikolaus in solcher Nähe der Burg
lag, dafs diese ihr hinreichenden Schutz gewähren konnte.
Aufserdem wird sie und nicht St. Nikolaus in den älteren Ur-

kunden ausdrücklich als Pfarrkirche genannt (so 1301, 1337
u. s. w. 1). Das Kloster Zinna erwarb schon am Ende des
XIII. Jahrhunderts bedeutenden Grundbesitz in der Nachbar-
schaft von Brietzen, darunter die Dörfer Bardenitz und Pecliüle
1268 und wenig später das Eigenthum an der Nieplitz, d. h.
dem durch die Stadt laufenden Flusse, um mehrere Wasser-
mühlen daran anzulegen. Bald darauf (1290) wird von den
Markgrafen der Stadt das Kaufhaus überwiesen und sechs Jahre
später (1296) erhält sie eine zehnjährige Abgabenfreiheit zur
Erbauung ihrer steinernen Stadtmauern. 2)

Im XIV. Jahrhundert hat Brietzen sein Stadtrecht von
Magdeburg empfangen und hielt in der Mitte desselben Jahr-
hunderts bei dem Erscheinen des falschen Waldemar an dem
Markgrafen Ludwig dem Bayern fest. Es soll deshalb zum
Unterschiede von Brietzen an der Oder (jetzt Wriezen) den
Namen Treuenbrietzen erhalten haben, doch erscheint dieser
Name erst in denUrkunden des XV. Jahrhunderts. Die Marien-
kirche ist iluer Stellung entsprechend durch eine gröfsere An-
zahl von Ablafsbriefen, sie datiren von 1330, 1373, 1375 und
1395, gegen St. Nikolaus stark bevorzugt worden.

1392 wurde in der Stadt eine Kapelle des heiligen Blutes
und St. Katharina erbaut. Aufserdem waren nocli zwei Hospi-
täler mit Kapellen vorhanden, St. Spiritus, zuerst 1360 erwähnt,
und St. Gertrud, 1460 gestiftet. Die holie Spitze des 1452 er-
bauten Thurmes von St. Nikolaus zerstörte der Sturm sieben
Jalire später. 3) Zuletzt wurde die Spitze 1776 erneuert und
1855 die ganze Kirche restaurirt, was 1861 aucli mit St. Niko-
laus geschah. Die kleine achteckige ungewölbte Kapelle St. Spi-

1) Riedel, IX 318. 2) Riedel, IX 353. 3) Pischon,

Greschichte von Treuenbrietzen, S. 37 und 56.

ritus, aus Feldsteinen und Ziegeln erbaut und vom Ende des
XV. Jahrhunderts stammend, wird nur noch als Kuine erhalten.

a) Pfarrkirche St. Maria.

Mittelgrofse, dreischiffige, kreuzförmige Pfeilerbasilika mit
drei apsidal geschlossenen Chören, einem dreijochigen Lang-
liause und einem starken Quadratthurme an der Westfront, der

durch vier Giebel nebst Dachreiter abgeschlossen wird. Der
nördliche Nebenchor sowie die südliche Apsis sind abgebrochen,
alier siclier erlcennbar. Das Langhaus zeigt das gebundene
System. Die Osthälfte der Kirche ist in solider Technik aus
Granitquadern, die Westhälfte, und zwar vom östlichen Halb-
joche des Langhauses ab, in Backsteinen erbaut. Dafs dieser
Wechsel im Materiale mit einem Schlage erfolgt ist, sieht man
an dem ganz unvermittelten Uebergange des Aeufseren der
Xord- und Siidmauer sowie an den Backsteingiebeln an den
Kieuzflügeln, welche über identisch liohen Gleichen des Granit-
unterbaues beginnen.

Die wohlerhaltene Hauptapsis besitzt zwei Reihen von je
fiinf schmalen, stark geschmiegten Bundbogenfenstern iiberein-
ander, nur das mittelste der Oberreihe ist spitzbogig geschlossen.
Diese Anordnung von zwei Fensterreihen ist höchstwahrschein-
licli von Lehnin übernommen worden und beweist eine relativ
fiiihe Bauzeit. Weil aber in den Kreuzflügeln bereits tief ge-
laibte, spitzbogige Fenster und an den Giebeln steigende Spitz-
bogenfriese voikommen und das schöne dreifach abgestufte Siid-
poital die gleiche Fassung zeigt — das niedrige Nordportal ist
noch rundbogig , so gehört der Bau sicherlich in den An-
fang des XIII. Jahrhunderts und mufs als gothischer Ueber-
gangsstil bezeichnet werden. Das Innere von guten Verhält-
nissen, besonders in den Seitenschiffen, zeigt in der Gliederung
eine so grofse Yerwandtschaft mit St. Nikolaus, dafs man
geneigt sein kann, eine gleichzeitige Ausführung und un'ter der-
selben Leitung anzunehmen. Dafür spricht ganz besonders die
Thatsache, dafs die Gewölbe im Querschiffe und im Chore —
zwei . oblonge Kreuzgewölbe aufser dem Apsisgewölbe, — nach-
träglich auf plumpen Konsolen eingesetzt sind, während das
Langhaus seine quadratischen Kreuzgewölbe von Anfang an er-

halten hat. Das alterthümliche Bippenprofil,
vergl. den nebenstehenden Holzschnitt a, stimmt
mit den entsprechenden von Lelmin, Zinmi um
Dobrilugk so iiberein, dafs aucli hieraus ie
Gleichzeitigkeit der Ausführung bis zur Mitte des XI • a 1

hunderts liervorgeht.

Eine besonders charakteristische Anord-
nung ini Osttheile veranschau-
licht der nebenstehende Holz-
schnitt. Die Seitenschiffe
haben aüs Sparsamkeit theils
scharfgratige Kreuzgewölbe,
theils Gewölbe mit Quadrat-
rippen erhalten. Der aufser-
ordentlich starke Westthurm
aus Backsteinen mit vier Gie-
beln, deren Hauptschmuck in
durchschlungenem Reliefstab-
werk ohne Putzflächen be-
steht, ist sicher ein Bau von
der Wende des XVI. Jahr-
hunderts.

Pfarrkirche St. Nikolaus.

Eine mittelgrofse, dreischiffige Kreuzkirche mit Langchor,
drei Apsiden und quadratischem Glockenthurme über der Vie-
rung. An der Südseite des Langchores liegt noch eine spät-

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