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dem zweischiffigen, vierjochigen Langhause, ein westliches Haupt-
portal fehlt, die einzige Pforte liegt an der Nordostecke des
Schiffes. Das Innere ist durcli doppelte Emporen und eng ge-
drängte Bestuhlung derartig ausgenutzt, dafs die an sich vor-
handene günstige Raumwirkung vollständig verloren gegangen
ist. Auch hat man die alten Fenster beseitigt und durch
nüchterne breite Oeffhungen ersetzt, welclie innen flachbogig
gesclilossen, nach aufsen aber spitzbogig hergestellt sind. Im
Schiffe — vergl. Blatt LXXY Fig. 8 und 9 — tragen drei
quadratisclie, an den Ecken abge-
faste Backsteinpfeiler die nahezu
quadratischen Kreuzgewölbe, welche
auf sehr breiten und hohen abge-
kehlten Rippen ruhen. (Yergl. a auf
dem nebenstehenden Holzschnitte.)
Die Pfeiler besitzen weder Kapitelle
noch Basen -— nur einen Sockel —,
auch fehlen sowohl Sclilufssteine,
als aucli Wandkonsolen, denn die
Rippen wachsen unmittelbar aus
den Pfeilern und Wänden heraus.
Der Triumphbogen war ursprüng-
lich rundbogig geschlossen, später
wurde er im Sclieitel zerschnitten und spitzbogig überhöht,
aucli an seinen Pfeilern in barbarischer Weise unten erweitert.
Das Aeufsere ist von gleicher Schlichtheit wie das Innere.
Mit Ausnahme der beiden Langmauern des Cliores und der
Ostecken des Schiffes, welche unberührt geblieben sind, haben
die übrigen Mauern starke Strebepfeiler, die ein Mal absetzen,
erhalten. An der Nordmauer des Schiffes haben sich die Reste
der alten liochsitzenden rundbogigen Fenster erhalten, auch be-
findet sich dort irn zweiten Joche von Westen das alte —
jetzt vermauerte — Hauptportal, welches die im obenstehenden
Holzschnitte dargestellte Bogenstruktur besitzt. Längs der
beiden Mauern sind oben derbe Kreuzstabfriese vorhanden, von
denen der südliche in seinem Quadrate reliefartig beliandelt,
der nördliche ausgemauert und geputzt ist. Der einst wohl
schwer beschädigte Ostgiebel ist in befremdender Rohheit er-
neuert worden. Unter ihm befindet sich ein Dreiecksstabfries
nebst Sägeschicht, welcher unzweifelhaft bekundet, dafs der
alte Giebel eine richtige Durchbildung erfahren hatte.
Da man in der Ostmauer neben den zwei modernen
Fenstern den Rest eines alten rundbogigen Fensters erkennt, so
läfst sich die Vermuthung rechtfertigen: es seien ursprünglich drei
Fenster solcher Art vorhanden gewesen. Auch der Westgiebel
zeigt leider eine spätere halbrohe Erneuerung. Das Steinformat
in der Nordmauer hat folgende Mafse: IOV4— 8A, 5 V-i und
3 — 37s Zoll; die Ziegel sind roth, fest und hart gebrannt.
Die Kirche darf nach den historischen Angaben und der
Bauanalyse als aus zwei Bauzeiten stammend, betraclitet werden:
1) der spätromanische Stiftungsbau — mit Holzdecke, in seinen
Umrissen erhalten — um 1210 — 20 und 2) seine Umformung
zunr Gewölbebau mit Strebepfeilern gegen die Mitte des
^ ^ - Jahrhunderts.
F. Stadt Müncheberg.
Historisches.
Seitdem nach dem frühen Tode AlbrechtsII. im Jahrel220
wegen Unmündigkeit seiner Söhne Johann I. und Otto III. die
kühnen Eroberungen im Barnim ins Stocken gerathen waren,
benutzten andere geistliche wie weltliche Fürsten diese günstige
Gelegenheit, ihre Maclit südlich wie nördlich von der Spree
auszubreiten und zwar mehr durch den Pflug als durch das
Schwert. Zu ihnen gehören der Erzbischof Albert I. von
Magdeburg und der Herzog Heinrich der Bärtige von Schlesien.
Der Letztere, den hohen Werth des Cistercienser-Ordens für
die Germanisation früh erkennend, schenkte 1224 den beiden
Klöstern Leubus und Trebnitz 400 Hufen Landes im Lande
Lebus mit der Befugnifs, nach erfolgter Theilung des Bodens
an passender Stelle einen Markt anzulegen 1). Trebnitz zog es
vor, seine Hälfte mit deutschen Dörfern zu besetzen, während
Leubus 1232 den Markt Lubes gründete und mit 100 Hufen
ausstattete, während der Herzog gleichzeitig unter Vermehrung
des Grundbesitzes zehn Freijahre für deutsche Ansiedler be-
willigte.
Die Stadt erwuchs schnell, doch büfste sie iliren Tauf-
namen bald ein. Das Volk nannte sie, weil ihre Pfarrkirche
auf einem Hügel auf Kosten des Klosters erbaut worden war,
sehr bald Monnikenberg. Diesen Namen trägt sie sclion 1223, 2)
während erst 1245 ihren Einwohnern das deutsche Recht ver-
bürgt wurde. Gleich nach dem Tode des vorletzten Askaniers
— 1319 — erwarb die Stadt von dem Herzoge Wartislav von
Pommern als Vormund des unmündigen Markgrafen Heinrich
das wichtige Recht, sich befestigen zu dürfen. Der Mauerbau
kam zu Stande, doch erlitt die Stadt trotz ihrer Wehrhaftig-
keit 1432 durch den Einfall der Hussiten so schweren Schaden,
dafs ihr eine zehnjährige Abgabenfreiheit bewilligt werden mufste,
um wieder zu Kräften zu kommen. 8) Die weiteren Scliicksale
sind mit Ausnahme einer grofsen Feuersbrunst 1641 unerheblich.
Pfarrkirche St. Maria. j
Wie der Grundrifs auf Blatt LXXV I ig. 11 zeigt, besteiit
jetzt die Kirche aus dem zweischiffigen und dreijochigen Lang-
hause und dem etwas schmaleren dreijochigen Langchore, welcher
in sieben Seiten des Zwölfecks geschlossen ist. Leider fehlt
die alte Westfront; vor achtzig Jahren bildete sie ein trotziger
oblonger, oben in’s Achteck übergeführter und mit einer welsclien
Haube beendigter Westthurm von der Breite des Schiffes. 5)
Man hatte diesen etwa 16 Fufs tiefen Thurm bei schwacher
Fundamentiruns; dem westlichen Ende des Burghügels so nahe
gerückt, dafs er in Folge stetiger Abspülung der steilen Böschung
im Anfange dieses Jahrhunderts sehr gefahrdrohende Risse be-
kam und 1820 abgebrochen werden mufste. An seine Stelle
trat, nach Schinkels Entwurf, auf hohem Granitunterbau ein
starker backsteinerner Glockenthurm gotliischen Stiles von drei
Geschossen, die Ecken mit Fialen besetzt und in einer massiven
Kegelspitze endigend. Dieser neue Thurm ist oben mittels einer
breiten spitzbogigen Tonne brückenartig mit der stehengebliebenen
Ostmauer des alten Thurmes derartig verbunden, dafs er als
Widerlager dienend, der Kirclie ein malerisches’ Gepräge ver-
leiht. In dem oben genannten Grundrisse mufs daher nach
Westen in einer Entfernung von 13 Fufs die westliche Thurm-
mauer ergänzt werden.
Die alte Kirclie war in allen Theilen aus behauenen Feld-
steinen erbaut worden und sie trug, wie viele Stadt- und Dorf-
kirchen des gleichen Grundrisses — aus Westthurm, Langhaus
und plattgeschlossenem Chore bestehend — den ausgeprägten
Charakter des gothischen Uebergangsstiles. 6) Der Grund-
rifs giebt dies durcli tiefere Schraffirung zu erkennen. Kein
Bautheil war gewölbt, aber der Spitzbogen war sowohl
in den Fenstern, wie in den Portalen vorhanden, wie aus
1) ßiedel A. XX 126. 2) Eiedel a. a. O. 12S. 3) Riedel a. a. O. 156.
4) Kuchenbuch. Die Marienkirche zu Müncheberg. Jahres-Bericht des
Histor. Statist. Vereins zu Frankfurt a. O.
5) Petzold’s Skizze von etwa 1710 liifst das erkennen.
6) Die von Schlesicn aus versuchte Kolonisation in der Mittelmark hat also
dieselbe Bauweise geiiht, wie die von Sachsen oder der Altmark ausgehende.
dem zweischiffigen, vierjochigen Langhause, ein westliches Haupt-
portal fehlt, die einzige Pforte liegt an der Nordostecke des
Schiffes. Das Innere ist durcli doppelte Emporen und eng ge-
drängte Bestuhlung derartig ausgenutzt, dafs die an sich vor-
handene günstige Raumwirkung vollständig verloren gegangen
ist. Auch hat man die alten Fenster beseitigt und durch
nüchterne breite Oeffhungen ersetzt, welclie innen flachbogig
gesclilossen, nach aufsen aber spitzbogig hergestellt sind. Im
Schiffe — vergl. Blatt LXXY Fig. 8 und 9 — tragen drei
quadratisclie, an den Ecken abge-
faste Backsteinpfeiler die nahezu
quadratischen Kreuzgewölbe, welche
auf sehr breiten und hohen abge-
kehlten Rippen ruhen. (Yergl. a auf
dem nebenstehenden Holzschnitte.)
Die Pfeiler besitzen weder Kapitelle
noch Basen -— nur einen Sockel —,
auch fehlen sowohl Sclilufssteine,
als aucli Wandkonsolen, denn die
Rippen wachsen unmittelbar aus
den Pfeilern und Wänden heraus.
Der Triumphbogen war ursprüng-
lich rundbogig geschlossen, später
wurde er im Sclieitel zerschnitten und spitzbogig überhöht,
aucli an seinen Pfeilern in barbarischer Weise unten erweitert.
Das Aeufsere ist von gleicher Schlichtheit wie das Innere.
Mit Ausnahme der beiden Langmauern des Cliores und der
Ostecken des Schiffes, welche unberührt geblieben sind, haben
die übrigen Mauern starke Strebepfeiler, die ein Mal absetzen,
erhalten. An der Nordmauer des Schiffes haben sich die Reste
der alten liochsitzenden rundbogigen Fenster erhalten, auch be-
findet sich dort irn zweiten Joche von Westen das alte —
jetzt vermauerte — Hauptportal, welches die im obenstehenden
Holzschnitte dargestellte Bogenstruktur besitzt. Längs der
beiden Mauern sind oben derbe Kreuzstabfriese vorhanden, von
denen der südliche in seinem Quadrate reliefartig beliandelt,
der nördliche ausgemauert und geputzt ist. Der einst wohl
schwer beschädigte Ostgiebel ist in befremdender Rohheit er-
neuert worden. Unter ihm befindet sich ein Dreiecksstabfries
nebst Sägeschicht, welcher unzweifelhaft bekundet, dafs der
alte Giebel eine richtige Durchbildung erfahren hatte.
Da man in der Ostmauer neben den zwei modernen
Fenstern den Rest eines alten rundbogigen Fensters erkennt, so
läfst sich die Vermuthung rechtfertigen: es seien ursprünglich drei
Fenster solcher Art vorhanden gewesen. Auch der Westgiebel
zeigt leider eine spätere halbrohe Erneuerung. Das Steinformat
in der Nordmauer hat folgende Mafse: IOV4— 8A, 5 V-i und
3 — 37s Zoll; die Ziegel sind roth, fest und hart gebrannt.
Die Kirche darf nach den historischen Angaben und der
Bauanalyse als aus zwei Bauzeiten stammend, betraclitet werden:
1) der spätromanische Stiftungsbau — mit Holzdecke, in seinen
Umrissen erhalten — um 1210 — 20 und 2) seine Umformung
zunr Gewölbebau mit Strebepfeilern gegen die Mitte des
^ ^ - Jahrhunderts.
F. Stadt Müncheberg.
Historisches.
Seitdem nach dem frühen Tode AlbrechtsII. im Jahrel220
wegen Unmündigkeit seiner Söhne Johann I. und Otto III. die
kühnen Eroberungen im Barnim ins Stocken gerathen waren,
benutzten andere geistliche wie weltliche Fürsten diese günstige
Gelegenheit, ihre Maclit südlich wie nördlich von der Spree
auszubreiten und zwar mehr durch den Pflug als durch das
Schwert. Zu ihnen gehören der Erzbischof Albert I. von
Magdeburg und der Herzog Heinrich der Bärtige von Schlesien.
Der Letztere, den hohen Werth des Cistercienser-Ordens für
die Germanisation früh erkennend, schenkte 1224 den beiden
Klöstern Leubus und Trebnitz 400 Hufen Landes im Lande
Lebus mit der Befugnifs, nach erfolgter Theilung des Bodens
an passender Stelle einen Markt anzulegen 1). Trebnitz zog es
vor, seine Hälfte mit deutschen Dörfern zu besetzen, während
Leubus 1232 den Markt Lubes gründete und mit 100 Hufen
ausstattete, während der Herzog gleichzeitig unter Vermehrung
des Grundbesitzes zehn Freijahre für deutsche Ansiedler be-
willigte.
Die Stadt erwuchs schnell, doch büfste sie iliren Tauf-
namen bald ein. Das Volk nannte sie, weil ihre Pfarrkirche
auf einem Hügel auf Kosten des Klosters erbaut worden war,
sehr bald Monnikenberg. Diesen Namen trägt sie sclion 1223, 2)
während erst 1245 ihren Einwohnern das deutsche Recht ver-
bürgt wurde. Gleich nach dem Tode des vorletzten Askaniers
— 1319 — erwarb die Stadt von dem Herzoge Wartislav von
Pommern als Vormund des unmündigen Markgrafen Heinrich
das wichtige Recht, sich befestigen zu dürfen. Der Mauerbau
kam zu Stande, doch erlitt die Stadt trotz ihrer Wehrhaftig-
keit 1432 durch den Einfall der Hussiten so schweren Schaden,
dafs ihr eine zehnjährige Abgabenfreiheit bewilligt werden mufste,
um wieder zu Kräften zu kommen. 8) Die weiteren Scliicksale
sind mit Ausnahme einer grofsen Feuersbrunst 1641 unerheblich.
Pfarrkirche St. Maria. j
Wie der Grundrifs auf Blatt LXXV I ig. 11 zeigt, besteiit
jetzt die Kirche aus dem zweischiffigen und dreijochigen Lang-
hause und dem etwas schmaleren dreijochigen Langchore, welcher
in sieben Seiten des Zwölfecks geschlossen ist. Leider fehlt
die alte Westfront; vor achtzig Jahren bildete sie ein trotziger
oblonger, oben in’s Achteck übergeführter und mit einer welsclien
Haube beendigter Westthurm von der Breite des Schiffes. 5)
Man hatte diesen etwa 16 Fufs tiefen Thurm bei schwacher
Fundamentiruns; dem westlichen Ende des Burghügels so nahe
gerückt, dafs er in Folge stetiger Abspülung der steilen Böschung
im Anfange dieses Jahrhunderts sehr gefahrdrohende Risse be-
kam und 1820 abgebrochen werden mufste. An seine Stelle
trat, nach Schinkels Entwurf, auf hohem Granitunterbau ein
starker backsteinerner Glockenthurm gotliischen Stiles von drei
Geschossen, die Ecken mit Fialen besetzt und in einer massiven
Kegelspitze endigend. Dieser neue Thurm ist oben mittels einer
breiten spitzbogigen Tonne brückenartig mit der stehengebliebenen
Ostmauer des alten Thurmes derartig verbunden, dafs er als
Widerlager dienend, der Kirclie ein malerisches’ Gepräge ver-
leiht. In dem oben genannten Grundrisse mufs daher nach
Westen in einer Entfernung von 13 Fufs die westliche Thurm-
mauer ergänzt werden.
Die alte Kirclie war in allen Theilen aus behauenen Feld-
steinen erbaut worden und sie trug, wie viele Stadt- und Dorf-
kirchen des gleichen Grundrisses — aus Westthurm, Langhaus
und plattgeschlossenem Chore bestehend — den ausgeprägten
Charakter des gothischen Uebergangsstiles. 6) Der Grund-
rifs giebt dies durcli tiefere Schraffirung zu erkennen. Kein
Bautheil war gewölbt, aber der Spitzbogen war sowohl
in den Fenstern, wie in den Portalen vorhanden, wie aus
1) ßiedel A. XX 126. 2) Eiedel a. a. O. 12S. 3) Riedel a. a. O. 156.
4) Kuchenbuch. Die Marienkirche zu Müncheberg. Jahres-Bericht des
Histor. Statist. Vereins zu Frankfurt a. O.
5) Petzold’s Skizze von etwa 1710 liifst das erkennen.
6) Die von Schlesicn aus versuchte Kolonisation in der Mittelmark hat also
dieselbe Bauweise geiiht, wie die von Sachsen oder der Altmark ausgehende.