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hat das noeh vorhandene, freilieh undatirte Taufbecken von Erz
gestiftet und 1475 eine leider jetzt umgebaute Kapelle mit
Chörchen an der Südseite hinzufügen lassen. Auch verdankt
diesem baulustigen Herren das Stift den Ban der St. Adalberts-
Kapelle auf dem Schlosse 1466 und die Stadt den Neubau
des Müncheberger Tliores 1470. Yon den Nachfolgern hat
sich Bischof Dietrich von Bülow um die Stadt dadurch ver-
dient gemacht, dafs er zwischen 1490 —1500 das Rathhaus
neu erbauen liefs. Dann folgten neue Drangsale für heide
Theile durch den Ueberfall des Nickel von Minkwitz 1528
und langdauernde schwere Wirren in Folge der Reformation,
welche liier den hartnäckigsten Widerstand fand. Erst 1557
verglichen sich der kleine Rest des Domkapitels mit dem längst
evangelisch gewordenen Magistrate zur gemeinsamen Benutzung
der Domkirche, ein Yerhältnifs, das nur bis 1565 dauerte.

Die ferneren Schicksale der Stadt sind — ahgesehen von
einigen Bränden 1576 und 1766, von denen der Letztere für
den Dom hesonders verhängnifsvoll war, Kriegsnötlien im
dreifsigjährigen und siebenjährigen Kriege und dergl. — bau-
geschichtlich ohne Belang.i)

Das Aeufsere, von den Eundamenten (Granitquadern) und
der Plinthe (Sandstein) abgesehen, ist ein Bäckstembau grofsen
Mafsstabes, aber sehr schlichter Fassung. Die breiten Fenster
des Langhauses und Chores sind mit doppelten Kehlen und
starken Rundstäben innen und aufsen trefflich profilirt und mit
fünf- bezw. viertheiligem Stabwerke ausgesetzt. Die mageren
Strebepfeiler wirken dagegen schwächlich, das Hauptgesims fehlt.
Die alte charaktervolle Westf'ront, welclie Petzold’s Zeichnung
besonders deutlich erkennen läfst, ist durch den WiederherStel-
lungsbau nach dem Brande von 1766, welchen der jüngere
Boumann von 1769 — 71 durchführte, auf das Unwürdigste
entstellt worden. Dieser talentlose Mann hat nicht nur die
welschen Hauben der drei Thürme beseitiot, sondem den
Mittelbau durch einen zweigeschossigen Quadratthurm im liüch-
ternsten Zopfstile mit gepaarten korinthischen Pilastern im
Obergeschosse ersetzt und die ganze Kirche unter Hinzufügung
von neuen Gesimsen u. s. w. in Putz geliüllt.

Auch dem Inneren hat derselbe Meister dadurch unersetz-
lichen Schaden zugefügt, dafs er sämmtliche Gewölbe zerstören
liefs, um eine mit Vouten verseliene, berohrte und geputzte


Abbildungen der Stadt von 1652 bei Merian, von 1706
bei Jobst und Beckmann S. 28, von 1837 bei Goltz, a. a. O.
Taf. II. Einen besonders sorgfältig gezeichneten Prospekt von
etwa 1714 verdanken wir Daniel Petzold; der mittlere und
Haupttheil desselben wird liier zum ersten Male veröffentlicht.

Pfarrkirche St. Maria (früher Dom).

Baubeschreibung.

Grofse dreischiffige, spätgothische, gewölbte Hallenkirche
von fünf Jochen mit halb sechseckigem Chore und Polygon-
schlufs von sieben Seiten des Yierzehneckes. Im Westen er-
hebt sich eine gruppirte Thurmanlage aus Quadratthurm und
zwei iiberaus starken achteckigen, diagonal gestellten Flan-
kirungsthürmen bestehend, an der Nordseite liegen zwei Ka-
pellen, eine zweigeschossige und eine eingeschossige. Als Vor-
bild fiir den Plan hat offenbar der Grundrifs der Marienkirche
zu Frankfurt a. O. gedient, weil auch hier im Mittelschiffe das
selten verwendete System mit quadratischen Kreuzgewölben ein-
gebürgert wurde.

1) Zusammenstellung nach Wohlbrück, Gesch. d. Bisthums Lebus. Bd. I
bis III. — Berghaus, Landbuch III, 109 ff. — Biedel, A. XX, XXIII und
XXIV und Goltz, Diplomat. Chronik von Fürstenwalde. Mit 13 Tafeln.

Holzdecke dürftigster Ausbildung an ihre Stelle zu setzen.
Von dem grofsen spätgothischen Baue sind aufser den Um-
fassungsmauern mit ihren kräftigen Halbcylinderdiensten und
Schildbogen auch noch die übertrieben starken Acliteckspfeiler
nebst ihren einmal abgestuften und trefflich profilirten Ar-
kaden erhalten. Der echt vandalischen Zerstörung sind nur
die oben erwähnten beiden Kapellen an der Nordseite ent-
gangen. Von ihnen ist die östlich belegene die wichtigere,
weil sie in ihrem Untergeschosse noch Reste der alten Pfarr-
kirche, nämlich vier auf gut profilirten Rippen lagernde Kreuz-
gewölbe sowie die zAveitheiligen Fenster bewahrt hat. Die
Rippen entspringen aus Konsolen, von denen eine, vortrefflich
gearbeitet, einen Spielmann darstellt, welcher eine kleine trag-
bare Orgel spielt. Dieser Bautlieil stammt siclier aus dem
XIV. Jahrhundert. Das Obergeschofs ist mit Gewölben vom
Schlusse des XV. Jahrhunderts (oblonge, lang gezogene Stern-
gewölbe ohne Schlufssteine) bedeckt und minder werthvoll.
Steinformat: 10V-3 +, 5 und 3Vi Zoll.

Kunstwerke.

Trotz aller schicksalvollen Ereignisse, die der Dom er-
litten hat, sind ihm noch eine Anzahl von Kunstwerken ge-
 
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