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Camin 1261 bestätigt, 1) erfolgt 1272 durch Papst Gregor X.
die Einverleibung des Konventes in den Cistercienser-Orden.
Die übrigen Xachrichten von 1316, 1320, 1321 u. s. w. sind
unerheblicli. 1816 —17 hat eine Restauration stattgefunden. 2 3 4)

I)ie Kirche besitzt die alleremfachste Gestalt, welche ein
Gottesliaus haben kann. Sie bildet einen oblongen Saal von
85 Fufs Länge und 30 Fufs Breite ohne Chor, ohne Vorhalle
und ohne Thurm; denn der im Westen stehende reicht nicht
bis zum Boden hinunter, sondern ist ein nüchterner Giebel-
fachwerksthurm mit geschweiftem Dache. Die Mauern zeigen
guten Feldsteinbau, doch ist für die Bestimmung des Alters
nur die Ostseite entscheidend, weil sie ihre drei schmalen, tief-
gelaibten, lanzettförmigen Fenster — in schwachen Spitzbogen
schliefsend — bewahrt hat. Der in Backsteinen erbaute Giebel
darüber ist mit einer Gruppe von Blenden verziert, die sich
aus Kreuz-, Kreis- und zwei Spitzblenden zusammensetzt.
Alle Fenster auf der Xord- und Südseite sind leider verändert,
breit- und flachbogig eingebrochen worden. Oi) dies im vorigen
oder in diesem Jahrhundert geschehen, ist gleichgültig, jeden-
falls ist der Kunstcharakter des ehrwürdigen Gotteshauses,
welches sicherlich von 1240 stammt, vollständig verloren ge-
gangen.

e) Dominikaner-Klosterkirche Heilig-Kreuz.

Historisches.

In der zweiten Hälfte des XIII. Jalirhunderts hat sich
aucli der Dominikaner-Orden in Prenzlau niedergelassen, und
zwar auf Veranlassung und mit Unterstützung des Markgrafen
Johann II. und seiner Gemahlin Hedwig. Diese Thatsaclien
gelien aus zwei lateinischen, gemalten und daher leider mehr-
fach übermalten Inschriften hervor, welche die rechts und
links am Choreingange stehenden Wandpfeiler tragen. Die
zelmzeilige Inschrift am Südpfeiler lautet in ihrem Anfange-,
Ao. Dni. 1281. 4 idus Septembris obiit Mcirchio Johannes fun-
dator istius conventus. Ao. Dni. 1287. 5 idus Sept. obiit Dna.
Hedwig uxor Marchionis Johannis praedicti que ded.it nobis

ortum' 6). Die nördliche zwölfzeilige Inschrift lautet

vollständig: Anno Dni. 1275. 32) nonas maii fundata est ecclesia
ista in honorem S. Crucis. Anno Dni 1343 in die Qregorii
Papae consecrata est ecclesia et summum altare in honorem
S. Crucis, Trium regum, S. Martini JJpiscopi et decem millia
militum factum. Anno Dni 1375. 4 nonas junii fratres prae-
dicatores ad voluntatem dominorum Marchionum et consulum
civitatis renunciaturi juri suo quod in ecclesia S. Nicolai lia-
buerunt et pro eo locum istum receperunt et in eodem ecclesiam
et claustrum aedificare coeperunt.

Die Weihungs-Urkunde, wahrscheinlich bei dem Ab-
bruche des alten Hochaltares gefunden, lautete: Anno Domini
MCCXLIII hoc altare consecratum est a venerabili Patre ac
domino domino Henrico de Appoldia Hpiscopi Ecclesie Lauacensis
in honore Stae Crucis Trium Regum et Decem milliwm Militum
quarta feria post Reminiscere et Sti. Martini Episcopi. ~j

In dem dritten Satze der nördlichen Inschrift, welche bei
einer Erneuerung an eine falsche Stelle gerathen ist, steckt
ein schlimmer Fehler, insofern die Jahreszahl 1275 und nicht
1375 heifsen mufs. Wenn man dies sowie die Korrektur in
der Fufsnote 5 berücksichtigt, so ergiebt sicli, dafs die in un-

1) Eiedel XXI, S. 93.

2) Berghaus a. a. 0. III, S- 270 macht aus jener Kestauration einen Neu-
bau und Bergau S. 614 hat diesen Irrthum leider iibernommen.

3) Dor weitere Theil der Inschrift bezieht sich auf einen 1396 gestorbenen
Wohlthäter des Klosters.

4) Die 3 fehlt in der Inschrift, was Seckt schon verbessert hat a. a. O. S. 51.

5) Seckt a. a. 0. I, S. 51. Ob und wo dieser Pergamentstreifen noeh auf-
bewahrt wird, habe icli nicht ermitteln können. Jedenfalls hat Seckt in der

Jahreszahl das Zahlzeichen C ausgelassen, es mufs — ganz abgesehen von der
nördlichen Inschrift — 1343 heifsen, denn erst damals und nicht im XIII. Jahrh.
lebte der weihende Priester Heinrich von Apolda, Bischof von Lavanl [Kärnthen],
Hierdurch fallen auch die irrthtimlichen Schliisse bei Fidicin IY, S. 10 fort.

bekannter Zeit — wahrscheinlich bald nach 1266 — nach
Prenzlau gekommenen schwarzen Brüder durch die Gunst der
Markgräfm Hedwig, Gemahlin Johann II., zunächst in der
Xähe der St. Xikolaus - Kirche angesiedelt worden sind und
dieses Gotteshaus für ihren Kultus mehrere Jahre lang benutzt
haben. Xeun Jahre später — 1275 — erhalten sie einen
eigenen Bauplatz angewiesen und erbauen darauf ihre Kirche
nebst Kloster. Das späte Einweihungsdatum von 1343 kann
nur auf eine durch einen Erweiterungsbau veranlafste zweite
Einweihung bezogen werden. Die iibrigen Xachrichten sind
belanglos.

Baubeschreibung.

Der auf Blatt LXXXXVIII Fig. 12 mitgetheilte Grund-
rifs zeigt. das übliche Schema der Bettelmönchskirchen, weim
die Besitzer auf einem nahrhaften Boden safsen. Es ist eine
über das Mittelmafs beträclitlich hinausgehende, dreiscliiffige
Hallenkirche von seclis Jochen, mit kurzem einschiffigen Lang-
chore und dem 5/s Chorpolygone. Auf der Südseite liegen
Kreuzgang und Kloster, im Südosten die Sakristei; ein massiver
Thurm war nie vorhanden, sondern nur ein Dachreiter. Der
Bau ist ebenso einfacli gestaltet wie durchgebildet, doch ver-
mifst man an keiner Stelle das Walten einer künstlerischen
Hand. Der gröfste Theil der Kirche ist nach einem Plane
erbaut und mit Ausnahme des letzten Joches imd der sich
anschliefsenden Westfront ziemlich rasch vollendet. Man er-
kennt dies sehr bald im Inneren wie im Aeufseren. Die öst-

lichen Theile besitzen kräftige, alter-
thümliche, ja selten vorkommende
Einzelformen, wie z. B. Hörnchen-
konsolen unter den Runddiensten
des Chores (Holzschnitt). Die Ver-
hältnisse sind liclit und schön so-
wohl im Chore wie im Langhause

— vergl. Fig. 11, das System des Inneren. — Achteckige
Pfeiler mit kleinen Kämpfergesimsen und ebenso einfachen
Basen tragen die sanftbusigen Ivreuzgewölbe, docli fehlen schon
die Quergurte. Alle Fenster, sowohl die zweitheiligen im Poly-
gone, wie die dreitheiligen im Langcliore und im Langhause
sind geschmiegt und besitzen neues Stab- und Mäfswerk aus
der Restauration von 1876, docli ist es dem alten gut nacli-
gebildet und hat den kräftigen Charakter vom Schlusse des
XIII. Jahrhunderts bewahrt. Für diese Zeit sind nocli be-
sonders mafsgebend die verhältnifsmäfsig schwachen Strebe-
pfeiler, weil sie — ohne Absatz aufsteigend — auf ihrer
oberen Abdachung plötzlicli junge zarte Strebepfeiler aufwachsen
lassen, die mit einem kleinen Satteldache schliefsen. Vergl.
Fig. 10. Dieses Motiv stammt aus Chorin und ist am Schlusse
des XIII. Jahrhunderts häufig verwendet worden, z. B. in
Ruppin, Gransee u. s. w. Ferner ist entscheidend nicht nur eine
Spitzbogennische in der Siidmauer des Polygones, welche mit
dreitheiligem, kelchtragendem Stabwerk von auffallender Stärke

— durehaus an frühgothischen Steinbau erinnernd — aus-
gestattet ist, sondern auch das Mafswerk der fünf Chorfenster
mit drei Dreipässen (Amiens und Cöln) wie einige Fenster der
Klosterkirche zu Berlin (Langhaus). Dieser zeithchen Schätzung
widerspricht auch'nicht das stattliche, jetzt zweipfortig wieder-
liergestellte Hauptportal der Xordseite — Fig. 10 — mit seiner
reichen, aus zweitheiligem Stab- und Mafswerk hergestellten
oberen Blendwand, denn der krönende Ziergiebel ist, wie das
Detail — Fig. 6 — lehrt, als ein kräftig modellirter Fries von
Weinlaub, sehr ähnlich den bekannten schönen Einzelheiten
von Chorin, behandelt.

Etwas jünger ist die remterartig gestaltete kleine Sakristei
mit ihren vier auf einem Rundpfeiler — von Sandstein [? j —
rulienden Kreuzgewölbe auf Birnenrippen mit flachen Schlufs-
steinen. Schildbogen sind vorhanden und die Wandkonsolen
 
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