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einer Zeichnung meines verewigten Freundes Laspeyres aus
dem Jahre 1863 mitgetheilt wird, um ihn mit der Abhildung
bei Bergau S. 754 zu vergleichen.

C. Die Stadt Angermünde.

Historisches.

Die Nachricht des Angelus, dafs Markgraf Johann I. im
Jahre 1254 Angermiinde zu bauen angefangen habe, 1) läfst
sich urkundlich nicht erweisen, ist aber sehr wahrscheinlich,
weil sicher beglaubigte Beispiele mehrfach vorliegen, dafs man
im Anschlusse an eine vorhandene Burg eine deutsche Stadt
angelegt hat. Denn schon im Jahre 1263 erscheint urkund-
lich als Zeuge ein Heinrich de Angermünde, der schwerlich
etwas anderes als der Burgwart des Schlosses gewesen ist.
Zwei Jahrzehnte später — 1284 — wird der Ort bereits
civitas genannt 2) und empfängt 1286 die Auszeichnung, dafs
sein Stadtrecht auf das Städtchen StoLpe in der Ukermark
übertragen wird. Von den Fiirsten des bayrischen Hauses hat
die Stadt mehrfache Wohlthaten erhalten und hielt daher 1340
mit anderen Städten, wie Prenzlau, Templin und Pasewalk an
jenen fest, als der sogenannte falsche Waldemar auftrat. Bald
darauf wurde sie aber an Pommern abgetreten und kam erst
1424 an die Mark zurück. 1431 erlitt die Stadt schweren
Schaden durch die Hussiten, welche sie eroberten und plün-
derten. Noch schwerer waren die Leiden und Lasten, welclie
der dreifsigjährige Krieg mit sicli brachte. Auch an Feuers-
briinsten hat es, besonders im XVIII. Jahrhundert nicht ge-
fehlt. In Folge dessen beschränkt sich der Denlcmälerbestand
auf eine Pfarrkirche, eine Klosterkirche, eine Kapelle sowie
auf die Fundamente und einen Thurmrest des Schlosses und
die Ringmauern mit ihren Weichhäusern und einem Thurme.

a) Pfarrkirche St. Maria.

Die mittelgrofse Pfarrkirche 8) besteht aus einem breiten
trotzigen Westthurme, einem dreischiffigen Langhause von fünf
Jochen und einem zweischiffigen, dreijochigen Chore, der in
fünf Seiten des Zehneckes geschlossen ist. An der Nordseite
liegt am Chore die zweijochige Sakristei und eine zweijociiige
Kapelle. Ohne Schwierigkeit erkennt man, dafs der Bau im
Wesentlichen aus zwei Bauzeiten herrührt. Der Thurm mid
das Langhaus stammen aus der zweiten Hälfte des XIII. Jahr-
hunderts und liefern bei der strengsten Einfachlieit im Plane
wie in den Strukturen durch die vorziigliche Technik ihrer
kubischen Granitquadern einen vollgiiltigen Beweis fiir den
monumentalen Sinn, der ihre Urheher beseelt hat. Einen he-
sonders wuchtigen Eindruck macht die Wcstfacade, welche
Blatt CIII in Fig. 1 und 2 die Vorder- und die Seitenansicht
darstellt, weil sie weder Ahsätze nocli Gesimse besitzt. Ihr
einziger Schmuck ist ein dreifach abgestuftes Granitportal. Der
zweigeschossige Oberbau — das Glockenhaus — ist aus Ziegeln
hergestellt. Seine Gliederung, wie die der heiden Giebel im
Norden und Süden beschränkt sicli auf gepaarte spitzbogige
Schallüffnungen, welche ein gröfserer Bogen umrahmt und auf
mehrfache Blendreihen in den schlicht gestuften und mit Eck-
pfeilern ausgestatteten Giebeln. In den heiden aus Granit-
quadern erhauten Langmauern des Schiffes sind noch hie und
da die alten schmalen Spitzbogenfenster sowie zwei breite
Nebenportale enthalten. Der alte Chor, der wahrscheinlich platt-

1) Angelus a. a. 0. S. 105. — Pulkawa’s Chronik bei Riedel D, S. 9
meldet, dal's beide Briider Johann und Otto die Schlösser und Yogteien Berlin,
StrauTsberg, Frankfurt und Neu-Angermiinde erbaut hätten, giebt aber keine
Daten dafiir an.

2) Dreger, Cod. diplom. S. 469.

3) Grundrifs bei Bergau S. 134.

geschlossen war, ist verschwunden, aber seine Granitquadern
sind hei dem Aufbau des neuen Chores wieder benutzt worden.
Vermuthlich war die alte Pfarrkirche eine Basilika mit Holz-
decken wie St. Nikolaus zu Prenzlau, St. Maria zu Straufsberg
und Berlinchen in der Neumark.

Als im Laufe des XIV. Jahrhunderts — wahrscheinhch
gegen seinen Sclilufs — in Folge des Wachsens der Ein-
wohnerzahl die Kirche erweitert werden mufste, ersetzte man
die Granitarkaden des Innern durch hacksteinerne Bogen-
reihen und den alten Chor durch einen neuen zweischiffigen
aus gleichem Materiale. Weil damals an der Nordwand des
Chores die Sakristei hereits stand, mufste der neue Chor etwas
nach Siiden verschoben und zweischiffig gestaltet, aucli das
Polygon etwas verdrückt werden. Dadurch erklärt sich die
eigenartige Planbildung in befriedigender Weise. Das Mittel-
schiff und der Chor haben Sterngewölbe, alle Seitenschiffe
aber aclitkappige Kreuzgewölbe erhalten. Die achteckigen
Pfeiler sind mit eingelassenen Bundstäben besetzt und hahen
kranzgesimsartige Kämpfer, auf denen die Birnenrippen ent-
springen. Die Fenster sind drei- und viertheilig, die Chor-
strebepfeiler ein Mal gestuft. Den Chor und die zweigeschossige
Sakristei, welche wahrscheinlich die alte Kalandskapelle von
1354 ist, umzieht das Hauptgesims, dessen mit einem Blatt-
strange geschmückter Plattenfries geputzten Grund zeigt. Die
Nordkapelle am Schiffe besitzt einen einfachen siehentheiligen
Stufengiebel und unter dem dreitheiligen Hauptfenster ein
etwas vortretendes Backsteinportal, welches ein Gitterfries wie
in Ziesar und Tangermünde rechtwinklig umrahmt. Ein ähn-
liches Portal liegt an der Südseite des Chores.

Steinformat: lO 1/^ — 3U, 5 und 3Vt— V2 Zoll.

b) Franziskaner-Klosterkirche St. Paul. 1)

Die auf Blatt CIV dargestellte Kirche zählt durch ihre
Mafse zu den gröfsten ihrer Gattung und gehört kraft ihrer
guten Verhältnisse und edlen Durchbildung zu den besten
Schöpfnngen in der Mark. Leider ist sie frühzeitig profanen
Zwecken iiberwiesen und sogar in neuester Zeit — angeblich
1865 — 66 —- ihrer schönen Gewölbe beraubt worden, so dafs
sie jetzt in einem liöchst unwürdigen Zustande sich befindet
und einer baldigen pietätvollen Wiederherstellung dringend
bedarf. 2)

Sie besteht, wie der Grundrifs Fig. 7 lehrt, aus einem
zweischiffigen Langhause von sechs Jochen und einem ein-
schiffigen Langchore von fünf Jochen, welcher in einem halben
Zehnecke schliefst. Weil das an der Südseite belegene Seiten-
schiff durch einen vierjochigen Anbau von gleicher Höhe nach
Osten hin verlängert ist und heide Bautheile mit dem Mittel-
schiffe hezw. Langchore zusammen unter einem Dache liegen,
so ergaben sich fiir die Facadenbildungeu in dem Südostächsel
nicht geringe Schwierigkeiten. I11 welcher naiven und doch
nicht störenden Weise sie gelöst wurden, zeigt die Ostfagade
Fig. 5.

Der ursprüngliche Bau war ein einschiffiger Granitbau
ohne Strebepfeiler wie die Franziskaner - Kirche zu Prenzlau
und stammte vermuthlich aus derselben Zeit, bald nach der
Mitte des XIII. Jahrhunderts. Ob er aucli wie jener gewölbt
war, läfst sich nicht mehr sicher entscheiden, docli sind von
ihm nocli heute vorlianden ein grofser Tlieil seiner Westfront
und die gröfsere Hälfte seiner Südseite. In dieser sieht man
noch sechs schmale, vermauerte Spitzbogenfenster und durch-
schreitet das in jener — der Westfront — befindliche, drei-

1) Grundrifs und Schaubild von Nordwesten gesehen bei Bergau S. 136
und 137.

2) Früher diente die Kirche als Salz-Magazin, jetzt ist sie bedauerlicher
Weise zura Theil Spritzenhaus, zum Theil Waarenschuppen und in den oberen
lläumen befinden sich Montirungs-Kammern.
 
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