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•rung in diesen Verliältnissen ein. Denn im Jahre 1409 wurde
nach gehaltenem Ordenskapitel in Quartschen dem Eathe von
Königsberg gestattet, vor dem Thore ein St. Gertrud’s Hospital
nebst Kapelle zu erbauen. Als bald darauf Burggraf Friedrich
von Hohenzollern 1411 die Verwaltung der Mark erhalten
hatte, wies Kaiser Sigismund den Ordensmeister an, dem
Burggrafen zu huldigen, indem er ausdrücklich aussprach, dafs
er nicht Willens sei, diesem das Haus Quartschen vorzuent-
halten. 1) Auffallender Weise ist dann das Letztere hei dem
furchtbar verwüstenden Einfalle der Hussiten im Jahre 1433,
dem melirere Städte der Neumark zum Opfer fielen — dar-
unter iu nächster Nähe Bärwalde und 'Schönfliefs, während
Königsberg widerstand -— verschont gehlieben. Es befand sich
damals in den Händen des deutschen Ritterordens und wurde
vom Johanniter-Meister reklamirt. 2) Kurfürst Friedrich II.
unterstützte diese Forderung und scheint auch die Zurückgahe
des Hofes Quartschen dnrchgesetzt zu liaben, nachdem der
Orden selbst an den Kaiserliof sich gewandt liatte. Nach Ab-
tretung der Neumark an den Kurfürsten 1454 erhielt Quart-
sclien 1463 die Bestätigung der 1351 gestifteten Hehung fiir
den Johannes- und Katharinen - Altar 3) und hatte schliefslicli
1527 die Ehre, dafs in seinen Mauern der Johanniter-Herren-
meister Georg von Scldaberndorf gewählt wurde. 4 5)

Baubeschreibung.

Die auf Blatt CXIV dargestellte Kapelle ist ein kleiner,
aber ebenso wohlerhaltener wie einfach edler Bau, welcher
zu den besten Denkmälern der Neumark gehört und bisher
wenig bekannt war. 6) Er bestelit — vergl. den Grundrifs
Fig. 1 — aus einem dreijochigen Langhause und dem un-
mittelbar sich anschliefsenden Chore, der in fünf Seiten des
Achteckes schliefst. Zwei Rundthürme flankiren die Westfront,
in deren modern nmgestaltetem Giebel die Glocke hängt. In
überwiegendem Mafse ist Backstein verwendet, doch sind Reste
eines älteren Baues aus Granitquadern sowohl an der West-
wie an der Siidseite vorhanden, wie dies die Fig. 3 (Haupt-
portal) und Fig. 5 (Südportal) erkennen lassen. Der alte
Templer-Bau des XIII. Jahrhunderts wird vermuthlich eine
einschiffige, plattgeschlossene Kapelle von Granitquadern ge-
wesen sein, von welcher einige Mauerstücke geschont wurden,
als man den Neubau begann, während man das übrige
alte Material unmittelbar wieder verwerthete, z. B. für den
Untertlieil der Strebepfeiler, wie es der Querschnitt Fig. 4
zeigt. Der neue Bau stammt, wie aus der Technik und dem
ganzen Kunstcharakter hervorgeht, aus deil besten Zeit, näm-
lich aus der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts und es ist
daher selir wohl möglich, dafs die Schenkung des Jahres 1351
an den Hochaltar St. Johannes und St. Katharina mit der
Vollendung des Werkes zusammenhängt. Besonders schön sind
die Verhältnisse sowoiil in dem Querschnitte Fig. 4 — wobei
die ursprüngliche Lage des Pflasters nicht übersehen werden
darf —, als auch in dem Systeme des Inneren Fig. 2. Auclx
gilt dieses Lob für das äufsere System und für die wenigen,
überaus streng und einfach behandelten Einzelheiten, welche vor-
handen sind. Die zweimal abgestuften Strebepfeiler schliefsen
mit Satteldächern, Fig. 4 und 12, die schmalen, zweitheiligen
Spitzbogenfenster sind aufsen und innen stark geschmiegt, be-
sitzen aber Vierpässe, Fig. 2 und 9. Das aus grofsen luft-
trocken geschnittenen Backsteinen mit Birnenstäben und Kehlen
hergestellte Südportal läfst Fig. 5 erkennen und das in seinen

1) Kletke, Regesten der Neumark in den Märk. Forsch. XII, S. 58.

2) Kletke XII, S. 114. Der Johanniter-Orden stand in dem Yerdachte,
den Hussiten heimlieh Beistand geleistet zu haben, daher möglicher Weise die
Schonung Quartschen’s. Vergl. das Hochmeisterschreiben a. a. O. S. 121.

3) Kletke a. a. 0. S. 254.

4) Kletke a. a. O. S. 429.

5) Bergau hat Quartschen auffallender Weise nicht erwähnt.

oberen Theilen bei der Restauration nicht richtig erneuerte
Hauptgesims Fig. 6. Die vortrefflich gebogenen Kreuzgewölbe
ruhen auf stai'ken, aber sanft gekehlten Rippen, Fig. 10 links,
mid diese werden von Runddiensten getragen, welche im Cliore
vom Boden aufsteigen, Fig. 11, im Schiffe aher auf blatt-
belegten Konsolen aufsetzen, Fig. 7 und 8. An der Nordseite
und am letzten Schiffsjoche lag an die Strebepfeiler an-
geschlossen eine kleine, von zwei Kreuzgewölben überdeckte
Kapelle oder Sakristei, welche — längst abgerissen — erst
durch eine Ausgrabung ermittelt werden konnte. Von ihr
stammte die schlanke Birnenrippe, Fig. 10, in der Mitte, wäh-
rend die rechts dargestellte Rippe bei einer Ausgrabung hinter
dem Cliore gefunden worden ist. Das Steinformat beträgt
12 — 12Vi, 5 und 3 7/s Zoll.

Der oberste Theil des Westgiebels und wahrscheinlich
auch die Steinkuppeln der Thürme rühren von einer Restau-
ration aus den sechszigei' Jaliren dieses Jahrliunderts her.

Die Städte der Neumark.

A. Die Stadt Bärwalde.

Historisches.

Die Gründung dieser Stadt stelit zwar urkundlich niclit
fest, hängt abei' sicher mit dem von Oderberg und Zehden aus
erfolgten kriegerischen Vordringen der Markgrafen Johann I.
und Otto III. zusammen. Der Templer-Orden hatte hier, wie
oben hervorgehoben worden ist, um 1230 die Bahn gebroclien. 1)
Ein Menschenalter später —- zwischen 1260 — 70 — haben die
Markgrafen sofort jene rastlose Thätigkeit zur Germanisation
altslavischer Gebiete begonnen, deren Segen wir nocli lieute
empfinden. Erst in den Jahren 1295, 96 und 97 wird Bär-
walde urkundlicli genannt, und zwar als Ausstellungsort der
bezügliclien Schriftstücke. Die letzten Anhaltiner haben hier
häufig verweilt. 1317 gehörte der Ort zu den sieben Städten,
welche fortan ihr Recht von Soldin liolen sollten und 1319
(am 14. August) starb in seinen Ringmauern Waldemar, der
vorletzte und vielleicht thatkräftigste Fürst von allen Gfiedern
jenes erlauchten Hauses. 1320 wird ein Marienaltar in cler
Pfarrkirche gestiftet und gut fundirt, demnächst wird der Stadt
in Folge eines scliweren Brandes 1348 die Urbede auf drei
Jahre erlassen und 1350 erfährt man, dafs ein Hospital
St. Spiritus vorlianden ist. 2) Weiter ergiebt sicli, dafs der
Markgraf Ludwig der Römer die ihm bewahrte Treue der
Stadt während des Auftretens des falschen Waldemar dankbar
anerkannt hat. Gleichwohl hat die Stadt die schweren Zeiten
unter dem Hause Luxemburg, dann des deutschen Ritterordens
durchmachen müssen, bis sie unter den Schutz des Plohen-
zollern-Hauses kam. Aus einigen Urkunden des XIV. und
XV. Jahrhunderts läfst sich die fortdauernde Pflege der Pfarr-
kirche erkennen, sei es, dafs neue Altarstiftungen oder sei es,
dafs reichere Ausstattungen derselben erwähnt werden, so 1368
Errichtung des Kaland-Altares, 1432 des Altares des heiligen
Leichnams, ferner 1473, 1485 und 1500. 3) Schwere Schäden
brachten der Stadt der dreifsigjährige wie der siebenjährige
Krieg.

Pfarrkirche St. Maria.

Wie Blatt CV Fig. 6 ersehen läfst, besteht dieser mittel-
grofse Bau aus einem oblongen Westthurine, dem zweischiffigen
Langhause nebst Vorhalle an der Südseite und dem Chore,
welcher in sieben Seiten des Zwölfeckes geschlossen ist. Im

1) v. Raumer, Die Neumark Brandenburg im Jahre 1337, S. 15 ff.

2) Bei Merian wird dasselbe w yeder genannt noch abgebildet.

3) Riedel XIX, S. 30, 41, 52 u. 58.
 
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