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Sänger, Falk-Reimar; Frühauf, Anne; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Denkmale im Amt Neuhaus, Elbe — Hameln: Niemeyer, Heft 25.2001

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51265#0075
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Schulhausbau in den Jahren 1760 und 1868

Die Bausubstanz in Stapel ist, wie vielfach anderswo auch,
selbst Jahrzehnte nach dem Ende des Dreißigjährigen Krie-
ges noch immer in schlechtem Zustand. Aus dem Jahre
1694 besagt eine Nachricht, dass das Schulhaus baufällig
sei und repariert werden solle. Eine Bauholzanforderung
bekräftigt dies noch. Was aber genau geschieht, wissen
wir nicht. Gut 20 Jahre später wird ein Kostenanschlag für
einen Neubau verworfen und das Schul- und Küsterhaus
abermals repariert. Von Baumängeln wird dann wiederum
im Jahre 1732 berichtet. Konkreter wird es dann um die
Mitte des 18. Jahrhunderts. Am 21.11.1752 legt der Zim-
mermeister Joachim Bohnensack einen Kostenvoranschlag
für die Reparatur des Kantorhauses vor, die dann wohl
nicht ausgeführt wird. Sechs Jahre später folgt ein Kosten-
anschlag für einen Neubau, der im Jahre 1759 durch den
Anweisungsschein für Bauholz und die Regelung für die
Lieferung des Dachstrohs belegt wird. Es darf damit ange-
nommen werden, dass im Jahre 1760 ein neues Schulhaus
in Stapel entsteht. Zwei Jahre später wird berichtet, dass
das Gerüst des alten Schulhauses noch stehe und die nicht
zum Neubau gebrauchten Materialien versteigert würden
(NHStA-H. Hann. 74, Bleckede W, Consistoralia XIII, Ksp.
Stapel Nr. 9). Das neue Schulhaus wird in den Jahren 1792
und 1807 repariert und bereits im Jahre 1865 denkt man
wieder an einen Neubau, der diesmal massiv ausgeführt
werden soll.
Mit reichlicher Verspätung liefert der Zimmermann (Schus-
ter?) einen Entwurf nebst Kostenvoranschlag, die am
01.04.1865 an das Konsistorium in Hannover weiterge-
reicht werden. Nach Aussage des Zimmermanns soll das
Schulzimmer für die vorhandenen 92 Schulkinder ausrei-
chend Luftraum gemäß der damaligen Vorschriften bein-
halten. Man weiß in Stapel, dass dessen Himmelsrichtung
ungünstig ist, befürchtet aber, sonst mit der neuen Lüne-
burger Feuerordnung in Kollision zu geraten. Der Bansen-
raum soll dagegen ausreichend groß sein, um die Ernte
der zur Kantorei gehörenden sechs Hektar Land darin
unterzubringen (NHStA-H. Hann. 74, Bleckede W, Consis-
toralia, Schulsachen Stapel Nr.1).
Einen guten Monat später fordert der Baurat Hase aus
Hannover einen Lageplan mit der darin eingetragenen neu
geplanten Schule an, der dann wiederum einen Monat
später aus Stapel abgeschickt wird. Gleichzeitig wird der
vom Konsistorium bereits kritisierte Entwurf nochmals ver-
teidigt. Nach Eingang des Lageplans bemängelt Hase den
Bauplan sehr heftig und ausführlich. Die geplante
Dreschdiele ist ihm zu lang und zu breit. Stattdessen emp-
fiehlt er eine Querdiele, womit eine erhebliche Verkleine-
rung der Grundfläche des Hauses und damit der Baukos-
ten zu erreichen wäre. Er möchte auch das Schulzimmer
nicht nach Südwesten, sondern lieber nach Südosten oder
Osten verlegen und fordert einen separaten Eingang für
die Schulkinder. Weiterhin will er die durchschnittliche
Kinderzahl der letzten zehn Jahre wissen. Das Schulzim-
mer ist zu klein, beinhaltet nicht die damals geforderten


Stapel, Lindenstraße 61, ehemalige Schule

1,8 cbm Rauminhalt pro Schüler und erreicht auch nicht
die notwendige Mindesthöhe von 3,5 m. Weiterhin erregt
Hase sich über die ungünstige Disposition. So liegt z.B.
die Kellertreppe keineswegs raumsparend unter der
Haupttreppe. Der Baurat fordert auch einen richtigen
Dachstuhl und den Verzicht auf die geplanten halben Wal-
me. Zum Schluss empfielt er, sich doch für einen dauer-
hafteren Massivbau zu entscheiden, wofür die Gemeinde
auf einen Geldausgleich für das sonst für den Fachwerk-
bau kostenlos gelieferte Bauholz hofft.
Auf diese vernichtende Kritik hin zeichnet der Zimmer-
mann einen weiteren Entwurf und kalkuliert die Baukos-
ten dafür neu. Beides gibt er wiederum verspätet ab, und
vom Kirchen- und Schulvorstand werden diese Unterlagen
am 10.11.1865 an das Konsistorium abgeschickt und
macht zugleich die gewünschten Angaben. Die Anzahl der
Schulkinder beträgt zu diesem Zeitpunkt 88 und der zehn-
jährige Durchschnitt beläuft sich auf 90 Kinder pro Jahr,
bei fallender Tendenz.

Über den neuen Entwurf für einen Massivbau äußert sich
Hase am 27.04.1866. Das geplante Gebäude ist diesmal
vernünftig dimensioniert, aber wiederum mit allen Män-
geln des ersten Entwurfs behaftet. Seine Kritik wiederholt
der Baurat fast wörtlich. Zudem sind im Bau- und im La-
geplan unterschiedliche Himmelsrichtungen angegeben.
Der Zimmermann war sogar mit seinen Unterlagen vorab
bei Hase in Hannover und behauptet, dieser habe bereits
in allem zugestimmt, wogegen sich der Baurat energisch
verwahrt. Das Konsistorium aber lehnt mit seinem Schrei-
ben vom 05.05.1866 die Ausführung dieses Plans wiede-
rum ab.

Zehn Tage später korrigiert die Gemeinde die Himmels-
richtungen und einen aufgetretenen Irrtum. Es wird aber-
mals ein verbesserter Riss nebst Anschlag an die Kirchen-
kommission gesendet und zugleich verteidigt die Gemein-
de ihre eigenen Ansichten. Man möchte weiterhin so bau-
en wie geplant und an den halben Walmen festhalten.
Auch auf die größere Länge und Breite der Dreschdiele
besteht man mit aller Entschiedenheit. Die Schornsteine
sollen aber senkrecht aus dem Dach gezogen werden.

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