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Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Gewölbe- und Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen
Der Wunsch nach Präsentation des mittelalterlichen
Originals ist aus diesen Maßnahmen abzulesen. Nach
der Abnahme der Übermalungen machte der redu-
zierte Bestand Ergänzungen notwendig. Diese sollten
die Darstellung nicht durch eigene Interpretation ver-
vollständigen, sondern hauptsächlich die Störungen
beseitigen. Da Brose aber die Übermalungen Morisses
nicht völlig entfernen konnte und über die reine
Ergänzung von Fehlstellen hinaus ging, indem er die
Zeichnung nachzog und lasierend übermalte, ergab
sich kein befriedigender Zustand. Die Malerei präsen-
tiert sich kontrastarm und verwaschen mit einem
Konglomerat aus ursprünglichem, stark reduziertem
Bestand, reduzierten, aber nicht vollständig entfern-
ten Übermalungen Morisses und erneuten Überma-
lungen und Ergänzungen Broses. Ob es sich um Reste
der Übermalungen Morisses oder um wiederholte
Übermalungen durch Brose handelt, ist nicht immer
erkennbar. Der aufgetragene Überzug glänzt stark,
was nicht der optischen Wirkung einer Kalkmalerei
entspricht.
Dokumentation
Ob 1907 eine schriftliche oder fotografische Doku-
mentation angefertigt wurde, ist nicht bekannt. Es
sind weder Korrespondenzen noch Rechnungen die
Restaurierung durch Morisse betreffend vorhanden.
Auch historische Fotos existieren nicht. Morisse fertig-
te allerdings eine Aquarellzeichnung der Marien-
krönung nach der Freilegung an.96 Dasselbe gilt für die
Restaurierung durch Brose 1939. Das Pfarrarchiv in
Edewecht brannte 1945 vollständig aus, so dass hier
keinerlei Archivalien vor 1945 vorliegen.97
Heutiger Erhaltungszustand98
Auf der Gewölbefläche liegen viele Spinnweben und
Verschmutzung, hauptsächlich bestehend aus Staub
und Ruß. Einige kleinste Risse sind zu verzeichnen. Ein
größerer Riss verläuft von der Mitte des Chorbogens
schräg nach links oben. Dieser Riss hat vermutlich sta-
tische Ursachen. Er ist gekittet und retuschiert. Die
Kittung ist an den Rändern nicht mehr mit dem Putz
verbunden, was auf Vergrößerung des Risses durch
statische Bewegung hindeutet. Hohllagen sind nicht
feststellbar. Mehrere Putzergänzungen, bereits 1907
von Morisse ausgeführt, sind erkennbar. Diese sind
bindemittelreicher als der ursprüngliche Verputz und
liegen leicht über dem Niveau der Gewölbeober-
fläche. Sie haben gute Anbindung an den umliegen-
den Verputz.
In einem, vom oben beschriebenen Riss betroffenen,
abgegrenzten Bereich liegt auf der Oberfläche ein
weißer Flaum. Hierbei handelt es sich um kristalline
Salze, die augenscheinlich aus dem Riss austreten. Sie
sind andernorts nicht sichtbar.
Die Malerei weist einige Schäden auf, die aus der
Freilegung resultieren. Viele Kratz- und Schabspuren
zeugen von der Arbeit mit Spachtel und Drahtbürste.
Die Malschicht ist insgesamt ausgedünnt, der mal-
technische Aufbau nur mehr unvollständig erhalten.
Vor allem die Inkarnate sind davon betroffen: In fast
allen Gesichtern sind die Zeichnung, Lichter und
Schatten verloren. Es gibt aber große Unterschiede
bezüglich des Erhaltungszustands der Malerei.
Während einige Bereiche nur Reste von Malerei zei-
gen, sind vor allem die Teufelsgestalten in einem weit-
aus besseren Zustand. Die von Morisse und Brose aus-
geführten Übermalungen und Ergänzungen wurden
bereits im Rahmen der Restaurierung beschrieben.
Ihre Maßnahmen, die die Malerei stark prägen, sind
nicht exakt zu differenzieren.
Auf den figürlichen Darstellungen liegt ein Überzug.
Er ist mit dem Pinsel aufgestrichen worden, bedeckt
aber die Oberfläche nicht regelmäßig. Einige Teile sind
davon ausgespart, im südlichen Bereich der Gewölbe-
kappe liegt er pastoser vor. Der Überzug glänzt und ist
stark verbräunt.99
Im Flügel eines Engels im nördlichen Bereich der Ge-
wölbekappe sind kleine aufstehende Malschicht-
schollen und durch abgefallene Schollen entstandene
Fehlstellen feststellbar. Ursache für dieses Schadens-
phänomen ist der spannungsreiche Überzug, der die
Malschicht strappiert.
Im Hintergrund der Darstellung ist der Überzug nicht
sichtbar. Unter der obersten Kalktünche liegen zwei
weitere stark verschmutzte Tünchen. Die spätere die-
ser beiden ist stellenweise unter der jetzigen
Kalktünche sichtbar. Der Überzug liegt auch auf die-
ser Tünche nicht auf. Theoretisch ist denkbar, dass der
Überzug auf der untersten Kalktünche liegt. Da aber
die Anbindung zwischen den Tüncheschichten sehr
gut ist, scheint eine Zwischenschicht mit einem kunst-
harzhaltigen Material eher ausgeschlossen. Daher ist
anzunehmen, dass der Überzug nur auf den figürli-
chen Darstellungen ausgeführt wurde.
Die Inkarnate einiger Auferstehender sind nachträg-
lich übertüncht worden. Dabei hielt man sich jedoch
nicht exakt an die Körperkonturen, sondern füllte
grob die Flächen. Diese Maßnahme erfolgte nach
Auftrag des Überzugs, der auf den Übertünchungen
nicht vorliegt.
Zahlreiche jüngere Strich-, Punkt- und flächige
Retuschen liegen auf der Malschicht. Flächige
Retuschen liegen im Bereich der Risskittung, das heißt
auf einer erneuerten Oberfläche vor. Strichretuschen
verwendete man, um Fehlstellen in der Malerei zu
schließen. Punktretuschen sind für die Ergänzung von
Konturen angewandt worden.
Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Gewölbe- und Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen
Der Wunsch nach Präsentation des mittelalterlichen
Originals ist aus diesen Maßnahmen abzulesen. Nach
der Abnahme der Übermalungen machte der redu-
zierte Bestand Ergänzungen notwendig. Diese sollten
die Darstellung nicht durch eigene Interpretation ver-
vollständigen, sondern hauptsächlich die Störungen
beseitigen. Da Brose aber die Übermalungen Morisses
nicht völlig entfernen konnte und über die reine
Ergänzung von Fehlstellen hinaus ging, indem er die
Zeichnung nachzog und lasierend übermalte, ergab
sich kein befriedigender Zustand. Die Malerei präsen-
tiert sich kontrastarm und verwaschen mit einem
Konglomerat aus ursprünglichem, stark reduziertem
Bestand, reduzierten, aber nicht vollständig entfern-
ten Übermalungen Morisses und erneuten Überma-
lungen und Ergänzungen Broses. Ob es sich um Reste
der Übermalungen Morisses oder um wiederholte
Übermalungen durch Brose handelt, ist nicht immer
erkennbar. Der aufgetragene Überzug glänzt stark,
was nicht der optischen Wirkung einer Kalkmalerei
entspricht.
Dokumentation
Ob 1907 eine schriftliche oder fotografische Doku-
mentation angefertigt wurde, ist nicht bekannt. Es
sind weder Korrespondenzen noch Rechnungen die
Restaurierung durch Morisse betreffend vorhanden.
Auch historische Fotos existieren nicht. Morisse fertig-
te allerdings eine Aquarellzeichnung der Marien-
krönung nach der Freilegung an.96 Dasselbe gilt für die
Restaurierung durch Brose 1939. Das Pfarrarchiv in
Edewecht brannte 1945 vollständig aus, so dass hier
keinerlei Archivalien vor 1945 vorliegen.97
Heutiger Erhaltungszustand98
Auf der Gewölbefläche liegen viele Spinnweben und
Verschmutzung, hauptsächlich bestehend aus Staub
und Ruß. Einige kleinste Risse sind zu verzeichnen. Ein
größerer Riss verläuft von der Mitte des Chorbogens
schräg nach links oben. Dieser Riss hat vermutlich sta-
tische Ursachen. Er ist gekittet und retuschiert. Die
Kittung ist an den Rändern nicht mehr mit dem Putz
verbunden, was auf Vergrößerung des Risses durch
statische Bewegung hindeutet. Hohllagen sind nicht
feststellbar. Mehrere Putzergänzungen, bereits 1907
von Morisse ausgeführt, sind erkennbar. Diese sind
bindemittelreicher als der ursprüngliche Verputz und
liegen leicht über dem Niveau der Gewölbeober-
fläche. Sie haben gute Anbindung an den umliegen-
den Verputz.
In einem, vom oben beschriebenen Riss betroffenen,
abgegrenzten Bereich liegt auf der Oberfläche ein
weißer Flaum. Hierbei handelt es sich um kristalline
Salze, die augenscheinlich aus dem Riss austreten. Sie
sind andernorts nicht sichtbar.
Die Malerei weist einige Schäden auf, die aus der
Freilegung resultieren. Viele Kratz- und Schabspuren
zeugen von der Arbeit mit Spachtel und Drahtbürste.
Die Malschicht ist insgesamt ausgedünnt, der mal-
technische Aufbau nur mehr unvollständig erhalten.
Vor allem die Inkarnate sind davon betroffen: In fast
allen Gesichtern sind die Zeichnung, Lichter und
Schatten verloren. Es gibt aber große Unterschiede
bezüglich des Erhaltungszustands der Malerei.
Während einige Bereiche nur Reste von Malerei zei-
gen, sind vor allem die Teufelsgestalten in einem weit-
aus besseren Zustand. Die von Morisse und Brose aus-
geführten Übermalungen und Ergänzungen wurden
bereits im Rahmen der Restaurierung beschrieben.
Ihre Maßnahmen, die die Malerei stark prägen, sind
nicht exakt zu differenzieren.
Auf den figürlichen Darstellungen liegt ein Überzug.
Er ist mit dem Pinsel aufgestrichen worden, bedeckt
aber die Oberfläche nicht regelmäßig. Einige Teile sind
davon ausgespart, im südlichen Bereich der Gewölbe-
kappe liegt er pastoser vor. Der Überzug glänzt und ist
stark verbräunt.99
Im Flügel eines Engels im nördlichen Bereich der Ge-
wölbekappe sind kleine aufstehende Malschicht-
schollen und durch abgefallene Schollen entstandene
Fehlstellen feststellbar. Ursache für dieses Schadens-
phänomen ist der spannungsreiche Überzug, der die
Malschicht strappiert.
Im Hintergrund der Darstellung ist der Überzug nicht
sichtbar. Unter der obersten Kalktünche liegen zwei
weitere stark verschmutzte Tünchen. Die spätere die-
ser beiden ist stellenweise unter der jetzigen
Kalktünche sichtbar. Der Überzug liegt auch auf die-
ser Tünche nicht auf. Theoretisch ist denkbar, dass der
Überzug auf der untersten Kalktünche liegt. Da aber
die Anbindung zwischen den Tüncheschichten sehr
gut ist, scheint eine Zwischenschicht mit einem kunst-
harzhaltigen Material eher ausgeschlossen. Daher ist
anzunehmen, dass der Überzug nur auf den figürli-
chen Darstellungen ausgeführt wurde.
Die Inkarnate einiger Auferstehender sind nachträg-
lich übertüncht worden. Dabei hielt man sich jedoch
nicht exakt an die Körperkonturen, sondern füllte
grob die Flächen. Diese Maßnahme erfolgte nach
Auftrag des Überzugs, der auf den Übertünchungen
nicht vorliegt.
Zahlreiche jüngere Strich-, Punkt- und flächige
Retuschen liegen auf der Malschicht. Flächige
Retuschen liegen im Bereich der Risskittung, das heißt
auf einer erneuerten Oberfläche vor. Strichretuschen
verwendete man, um Fehlstellen in der Malerei zu
schließen. Punktretuschen sind für die Ergänzung von
Konturen angewandt worden.