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Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Gewölbe- und Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen


Chor, südliche Gewölbekappe. Höllenrachen. Foto 1925,
Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege.


Chor, südliche Gewölbekappe. Durch spätere Restau-
rierungen wurde der Höllenrachen zum Höllenfeuer. Zwei
Teufelsgestalten wurden übertüncht,.

späteren Restaurierung wieder reduziert wurden. Die
Figuren wirken in ihrer Zeichnung teilweise klarer als
heute, Schattierungen in Faltenwürfen der Gewänder
sind kontrastreicher. Am auffallendsten ist der Unter-
schied zwischen 1925 und heute im Bereich der
Höllendarstellung im östlichen Joch. Das heute sicht-
bare Höllenfeuer zeigte 1925 die Form eines Höllen-
rachens. Ob es sich hier aber um Fehlinterpretationen
bzw. Zutaten Gottas oder der 1960er Jahre handelt,
ist nicht belegt. In den anderen Darstellungen sind die

Unterschiede unbedeutend. Die Farbflächen wirken
geschlossen, aber nicht überarbeitet. Die ornamenta-
le Malerei behandelte Gotta anders. Sie wirkt in ihrer
Geschlossenheit und einheitlichen Farbwirkung voll-
ständig lasierend übermalt. Dabei wurden erhaltene
Malereibereiche durch Lasuren überdeckt, blieben
aber erkennbar. Auch der Hintergrund wirkt flächig
überarbeitet, wobei der helle Grund übertüncht wur-
de, während die Bodenzonen innerhalb der Darstel-
lungen von Himmel und Hölle im östlichen Joch offen-
bar lasierend überarbeitet wurden, ohne ihnen klare
Umrisse zu verleihen, denn sie laufen wolkig diffus
aus. Durch diese unterschiedliche Behandlung erga-
ben sich beim Hintergrund und der dekorativen Male-
rei klare Formen, worin die weniger überarbeiteten
und sicher nur teilweise erhaltenen figürlichen Male-
reien eingebettet wurden.
Bei einer restauratorischen Untersuchung 1996 wurde
festgestellt, dass die meisten Retuschen aus der res-
tauratorischen Maßnahme 1963 stammten. Die Zuta-
ten Gottas waren demnach zu dieser Zeit weitestge-
hend reduziert worden.363
Dokumentation
Schriftliche Dokumentationen zur Restaurierung
1924-26 liegen in den Archiven nicht vor. Von 1925,
aus der Zeit nach der Restaurierung, datieren SA/V-
Fotografien, die die einzelnen Gewölbekappen des
östlichen Jochs sowie die ganzfigurigen Heiligen-
darstellungen des mittleren Jochs zeigen. Hierbei han-
delt es sich jeweils um Überblicke, deren Ziel nicht die
Dokumentation der Restaurierung war. Dies gilt umso
mehr, da es keine Fotos im Zustand nach der Freile-
gung gibt. Abgesehen von der erwähnte Aquarell-
pause eines Heiligen, der zu einer jüngeren Ausma-
lungsphase gehörte, deren Fassung bei der Freilegung
nicht erhalten werden konnte, sind keine Kopien oder
Pausen erhalten. Da sie auch in Schriftverkehr und
Rechnungen keine Erwähnung finden, ist davon aus-
zugehen, dass sie nicht angefertigt wurden.
Relevanz der Restaurierungsgeschichte für die
kunsthistorische Einordnung
Gotta hat bei der Restaurierung 1925 relativ zurück-
haltende Maßnahmen ausgeführt, die dazu dienten,
die Authentizität der mittelalterlichen Malerei weitest-
gehend zu wahren aber auch eine Geschlossenheit
der Darstellung zu erreichen. Gottas Ergänzungen
sind als solche erkennbar und zeigen dezent farbig
angelegte Flächen, die die Darstellungen optisch
schließen, jedoch keinen perfekten Erhaltungszustand
vortäuschen. Nachgezogene Konturen und Farblasu-
ren über fragmentarisch erhaltenem Bestand lassen
letzteren zwar erkennbar, verändern ihn aber den-
noch. Die wolkig diffus auslaufenden Flächen des
Hintergrunds sind eine Zutat der Restaurierung und
verunklären den Eindruck der mittelalterlichen
 
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