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Winghardt, Stefan [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]; Puppe, Josefine [Bearb.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Archäologie und Informationssysteme: vom Umgang mit archäologischen Fachdaten in Denkmalpflege und Forschung — Hameln: Niemeyer, Heft 42.2013

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Archäologie und Informationssysteme

Thesauri im Fachinformationssystem
des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege
Markus Ullrich, Roland Wanninger

Einleitung
Der Begriff „Thesaurus", im Sinne einer Sammlung
zulässiger (Fach-)Termini, ist bereits seit dem 18. Jahr-
hundert nachweisbar’. Im Zeitalter der elektronischen
Datenverarbeitung werden solche kontrollierten Vo-
kabulare vor allem bei der computergestützten Suche
nach komplexen Inhalten, dem sogenannten „Infor-
mation Retrieval", verwendet2. Die Vorteile liegen da-
bei auf der Hand: Unterschiedliche Schreibweisen für
ein und denselben Terminus werden vermieden sowie
Rechtschreibfehler und die Eingabe unzulässiger Be-
griffe ausgeschlossen. In einer Datenbank laufen The-
saurusabfragen indiziert ab, das heißt über Zahlen-
codes, die dem jeweiligen Eintrag hinterlegt sind. So-
mit sind sie im Vergleich zur Freitextsuche wesentlich
schneller und benötigen weniger Ressourcen. Die Vo-
kabulare können hierarchisch gegliedert sein, sodass
ein Fachbegriff einem Überbegriff zugeordnet sein
und gegebenenfalls auch mehrere Unterbegriffe ent-
halten kann. Bei Bedarf besteht außerdem die Mög-
lichkeit, Synonyme in der Wortliste zu verwalten. Sind
ein oder mehrere Begriffe zugleich mehreren Ober-
begriffen zugeordnet, spricht man von einem polyhie-
rarchischen Thesaurus. Durch die DIN 1463-1, bezie-
hungsweise deren internationalem Äquivalent ISO
2788, ist die elektronische Verwendung klar definiert.
Für die Erfassung der Bodendenkmäler und die Füh-
rung der Bayerischen Denkmalliste ist es im Unter-
schied zu den sicht- und meist begehbaren Baudenk-
mälern notwendig, alle verfügbaren archäologisch re-
levanten Informationen zu sammeln und wissenschaft-
lich zu bewerten3. Dementsprechend genießt auch die
Rückgewinnung, respektive die Wiedererschließung
dieser Fachinformationen, eine hohe Priorität. Schon
in den 1980er Jahren wurden deshalb in der Inventa-
risation des Bayerischen Landesamtes inselartig
dBase-Lösungen an den einzelnen Dienststellen ein-
gesetzt. Unter Zuhilfenahme von vordefinierten Listen
mit Buchstabenkürzeln, dem sogenannten „Zeit-Typ-
Schlüssel", stellte man damals die Informations-
rückgewinnung trotz unterschiedlicher Schreibweisen
in den Beschreibungen der Fundstellen sicher. Die
Kombination „HAGBgh18" bedeutete zum Beispiel
„Grabhügelgruppe der Hallstattzeit mit 18 (erkann-
ten) Hügeln". Eine Abfrage von Oberbegriffen, wie
etwa dem „Neolithikum", die im Ergebnis automa-
tisch sämtliche untergeordneten Zeitstufen und
Kulturen/Gruppen beinhaltete, wie das bei echten
hierarchischen Thesauri der Fall ist, war aber nur sehr
bedingt möglich.

Mit dem Anschluss des Bayerischen Landesamtes an
das Bayerische Behördennetz 2003 wurden die vor-
mals unvernetzt betriebenen Datenbanken auf einem
SQL-Server zusammengeführt und die vorhandenen
Verschlüsselungen in Wortlisten ohne Hierarchisie-
rung migriert. Unterschiedlichste Informationen fasste
man aber weiterhin als Fließtext in einem Datensatz
zusammen, unabhängig davon, ob es sich um Fund-
meldungen, um die Beschreibung archäologischer Be-
funde und Funde oder um Angaben zu Ausgrabun-
gen sowie Prospektionsmaßnahmen handelte. Eine
systematische Aufschlüsselung der verschiedenen
Fachdaten erfolgt erst seit der Einführung des Fach-
informationssystems (FIS) der Denkmalpflege im Jahr
2008, bei der die vormalige Datenbank zu einem geo-
grafischen Informationssystem (GIS) weiterentwickeltt
wurde4.

Datenmodell des FIS, Teil Bodendenkmäler
Das wesentliche Kennzeichen des Fachinformations-
systems gegenüber den vorher in Bayern verwende-
ten Datenbanken ist die aktivitäts- bzw. maßnahme-
bezogene Struktur. Sie löste die auf den Fundplatz
bezogene Erfassung ab5. Ausdehnung, Ansprache
und Datierung von Bodendenkmälern sind einem ste-
ten Wandel unterworfen und müssen nach aktueller
Sachlage überarbeitet werden. Neue Erkenntnisse
können sowohl zur Ausweisung eines Denkmals als
auch zu einer teilweisen oder gänzlichen Streichung
aus der Denkmalliste führen. Im Unterschied zu dieser
„Dynamik" der Bodendenkmäler sind Typ, Inhalt und
räumliche Ausdehnung der archäologischen Aktivitä-
ten, ebenso wie die daraus resultierenden Erkennt-
nisse, vergleichsweise konstant. Die Fläche einer Be-
gehung mit dort geborgenem archäologischem Fund-
material ändert sich auch nach einer Überbauung und
der damit einhergehenden Zerstörung nicht. Die
„archäologische Information" hat nach wie vor die
gleiche Lokalisierung, auch wenn das Bodendenkmal
längst nicht mehr existiert. Im Datenmodell des FIS
werden diese einzelnen Fachobjekte nun in ihre logi-
schen Beziehungen zueinander gesetzt (Abb. 1)6.
Bei fast allen Objekten kommen Thesauri zum Einsatz.
Dabei handelt es sich sowohl um kurze Wertelisten als
auch zum Teil um umfangreiche und hierarchisch
gegliederte Vokabulare. Das Datenbankschema aller
Thesauri ist aber unabhängig vom jeweiligen Umfang
gleich aufgebaut.
 
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