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Archäologie und Informationssysteme
Kleiner Ratgeber zur Archivierung digitaler Daten
Reiner Göldner, David Bibby, Andreas Brunn, Sigmar Fitting, Axel Posluschny, Bettina Stoll-Tucker
Die AG Archivierung der Kommission „Archäologie
und Informationssysteme" im Verband der Landesar-
chäologen in der Bundesrepublik Deutschland ver-
folgt das Ziel, allgemein verfügbare methodische und
technische Ansätze zur Archivierung digitaler archäo-
logischer Daten zu begutachten sowie praxisorientier-
te Empfehlungen, Vorschläge und Tipps zu geben.
Die Ergebnisse dieser Arbeit münden in einen
Ratgeber, der hier in Ausschnitten dargestellt wird.'
1 Einleitung
„Digital" ist Trend. Digitale Helfer findet man heute
für nahezu alle Lebenslagen. Leistungsfähige und
preiswerte Systeme, die sich unkompliziert und intui-
tiv bedienen lassen, finden große Verbreitung. Aller-
orts wird gescannt und digitalisiert: Bilder, Bücher,
Karten, Landschaften, Räume, Museumsobjekte. Und
wer fotografiert heutzutage noch mit Film? Auch im
Bereich der Archäologie werden herkömmliche
Methoden immer häufiger durch digitale Methoden
abgelöst. Berichte, Pläne, Fotos usw. existieren oft nur
noch als Datei. Viele dieser digitalen Daten sind es
aufgrund ihrer Einzigartigkeit und hervorragenden
Bedeutung wert, langfristig oder sogar dauerhaft
bewahrt - archiviert - zu werden.
Nun ist allerdings die Informationstechnik heutzutage
im Normalfall recht wenig auf Dauerhaftigkeit ausge-
richtet. Ganz im Gegenteil bestimmen kürzeste Inno-
vationszyklen das Geschehen und die neue Technik
nimmt nur selten Rücksicht auf alte Daten. Wer kann
schon heute noch Disketten lesen oder MODs? Wie
lange werden CDs noch unterstützt werden? Nie-
mand erwartet noch ernsthaft, Daten lesen zu kön-
nen, die vor drei oder mehr Systemgenerationen ge-
schrieben wurden. Wie soll man da etwas dauerhaft
bewahren? Es ist zwar zu erwarten, dass die Archi-
vierung digitaler Daten in der nächsten Zeit auch als
Standard-IT-Thema stärker in den Vordergrund tritt
und hoffentlich bald auch preiswerte kommerzielle
Lösungen angeboten werden. Bis dahin bleibt aller-
dings nur, sich mit den Problemen vertraut zu machen
und, Schritt für Schritt, nach individuellen Lösungen
zu suchen. Mit Kenntnis einiger grundlegender
Methoden kann man die Richtung vorgeben und
erste Schritte gehen, ohne Datenverluste zu riskieren
und auch ohne zukünftig möglichen Archivsystemen
vorzugreifen.
Warum lassen sich digitale Daten eigentlich so
schlecht aufheben? Zwei wesentliche Problemberei-
che lassen sich dafür identifizieren: Komplexität und
Alterung.
Herkömmliche, analoge Dokumente sind in der Regel
direkt und mit bloßem Auge lesbar und erkennbar.
Dieses einfache Prinzip hat zu einer weitreichenden
Verbreitung geführt und gewährleistet gleichzeitig,
dass man Dokumente aus lang zurückliegender Zeit
heute noch lesen kann, sofern das Medium erhalten
geblieben ist.
Im digitalen Bereich finden wir eine andere Situation
vor. Hier erschließt sich der Inhalt oder die Funktiona-
lität nur über ein komplexes System aus Hardware,
Software, Datenträger und Datenformat. Sobald sich
in diesem komplexen System nach der Datenauf-
zeichnung etwas ändert, kann man nicht mehr gewiss
sein, auf den ursprünglichen Inhalt bzw. die ursprüng-
liche Funktionalität zurückgreifen zu können. Ohne
eine passende Systemumgebung ist der Datenträger
mit all seinen Daten wertlos.
analog:
Inhalt —>
Medium
—> Rezipient
digital:
Inhalt —>
Funktion -»
komplexes System
aus Hardware,
Software,
Datenträger und
Datenformat
—> Rezipient
1 Komplexität eines analogen Systems (oben) und eines digitalen Systems (unten).
Archäologie und Informationssysteme
Kleiner Ratgeber zur Archivierung digitaler Daten
Reiner Göldner, David Bibby, Andreas Brunn, Sigmar Fitting, Axel Posluschny, Bettina Stoll-Tucker
Die AG Archivierung der Kommission „Archäologie
und Informationssysteme" im Verband der Landesar-
chäologen in der Bundesrepublik Deutschland ver-
folgt das Ziel, allgemein verfügbare methodische und
technische Ansätze zur Archivierung digitaler archäo-
logischer Daten zu begutachten sowie praxisorientier-
te Empfehlungen, Vorschläge und Tipps zu geben.
Die Ergebnisse dieser Arbeit münden in einen
Ratgeber, der hier in Ausschnitten dargestellt wird.'
1 Einleitung
„Digital" ist Trend. Digitale Helfer findet man heute
für nahezu alle Lebenslagen. Leistungsfähige und
preiswerte Systeme, die sich unkompliziert und intui-
tiv bedienen lassen, finden große Verbreitung. Aller-
orts wird gescannt und digitalisiert: Bilder, Bücher,
Karten, Landschaften, Räume, Museumsobjekte. Und
wer fotografiert heutzutage noch mit Film? Auch im
Bereich der Archäologie werden herkömmliche
Methoden immer häufiger durch digitale Methoden
abgelöst. Berichte, Pläne, Fotos usw. existieren oft nur
noch als Datei. Viele dieser digitalen Daten sind es
aufgrund ihrer Einzigartigkeit und hervorragenden
Bedeutung wert, langfristig oder sogar dauerhaft
bewahrt - archiviert - zu werden.
Nun ist allerdings die Informationstechnik heutzutage
im Normalfall recht wenig auf Dauerhaftigkeit ausge-
richtet. Ganz im Gegenteil bestimmen kürzeste Inno-
vationszyklen das Geschehen und die neue Technik
nimmt nur selten Rücksicht auf alte Daten. Wer kann
schon heute noch Disketten lesen oder MODs? Wie
lange werden CDs noch unterstützt werden? Nie-
mand erwartet noch ernsthaft, Daten lesen zu kön-
nen, die vor drei oder mehr Systemgenerationen ge-
schrieben wurden. Wie soll man da etwas dauerhaft
bewahren? Es ist zwar zu erwarten, dass die Archi-
vierung digitaler Daten in der nächsten Zeit auch als
Standard-IT-Thema stärker in den Vordergrund tritt
und hoffentlich bald auch preiswerte kommerzielle
Lösungen angeboten werden. Bis dahin bleibt aller-
dings nur, sich mit den Problemen vertraut zu machen
und, Schritt für Schritt, nach individuellen Lösungen
zu suchen. Mit Kenntnis einiger grundlegender
Methoden kann man die Richtung vorgeben und
erste Schritte gehen, ohne Datenverluste zu riskieren
und auch ohne zukünftig möglichen Archivsystemen
vorzugreifen.
Warum lassen sich digitale Daten eigentlich so
schlecht aufheben? Zwei wesentliche Problemberei-
che lassen sich dafür identifizieren: Komplexität und
Alterung.
Herkömmliche, analoge Dokumente sind in der Regel
direkt und mit bloßem Auge lesbar und erkennbar.
Dieses einfache Prinzip hat zu einer weitreichenden
Verbreitung geführt und gewährleistet gleichzeitig,
dass man Dokumente aus lang zurückliegender Zeit
heute noch lesen kann, sofern das Medium erhalten
geblieben ist.
Im digitalen Bereich finden wir eine andere Situation
vor. Hier erschließt sich der Inhalt oder die Funktiona-
lität nur über ein komplexes System aus Hardware,
Software, Datenträger und Datenformat. Sobald sich
in diesem komplexen System nach der Datenauf-
zeichnung etwas ändert, kann man nicht mehr gewiss
sein, auf den ursprünglichen Inhalt bzw. die ursprüng-
liche Funktionalität zurückgreifen zu können. Ohne
eine passende Systemumgebung ist der Datenträger
mit all seinen Daten wertlos.
analog:
Inhalt —>
Medium
—> Rezipient
digital:
Inhalt —>
Funktion -»
komplexes System
aus Hardware,
Software,
Datenträger und
Datenformat
—> Rezipient
1 Komplexität eines analogen Systems (oben) und eines digitalen Systems (unten).