Güter, Pachthöfe und Sommersitze
Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land
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Das Gut in Langreder bei Barsinghausen (Lkr. Hannover) gehörte zum Besitz der Familie von Klenke, die ihren Hauptsitz aller-
dings auf der Hämelschenburg zwischen Bad Pyrmont und Hameln hatte. Das Gutshaus ist in der Mitte des 18. Jahrhunderts
als so genanntes T-Haus errichtet worden und dürfte durch einen Pächter genutzt worden sein. An dessen zweigeschossiges
Wohnhaus schließt sich ein traditionelles Viehhaus in der Form eines Längsdielenhauses an, das heute ebenfalls zu Woh-
nungen ausgebaut worden ist. (Foto Fred Kaspar 2009)r
„Kuhhaus" (oder auch „Rinderhaus") für viele der
großen Bauhäuser landwirtschaftlicher Gebäude auf
adeligen Gütern Nordwestdeutschlands nachwei-
sen.110 Hintergrund für diese Ausrichtung der Wirt-
schaftsteile dürfte insbesondere die Ochsenmast als
Grundlage des lukrativen Viehhandels gewesen sein,
der dazu diente, die Großstädte des europäischen
Binnenlandes mit Fleisch zu versorgen.’11 Andere
Betriebe hatten ihre wirtschaftliche Grundlage in der
Milchwirtschaft und unterhielten große Kuhherden.
Nicht zu unterschätzen ist, dass diese - im Unter-
schied zu den vielfach mehr auf die Versorgung des
Nahmarktes mit Lebensmitteln oder sogar nur auf die
Eigenversorgung ausgerichteten kleineren Bauern-
höfen - auf den Verkauf landwirtschaftlicher Produk-
te orientierten Güter den sich ändernden Märkten
immer wieder angepasst werden mussten. Seit dem
17. Jahrhundert nahm in Nordwestdeutschland der
Getreideanbau auf Kosten der Hornviehhaltung zu,
der zuvor nur in bestimmten Regionen wie etwa dem
Weserbergland dominant gewesen war. Dies musste
weitreichende Auswirkungen auf die Wirtschaftsräu-
me der Längsdielenhäuser haben. Der Getreideanbau
brachte auch weitere Gewerbezweige der Weiterver-
arbeitung oder Veredelung auf die Großbetriebe und
Güter, zu denen insbesondere Branntweinbrennereien
und die Brauereien, aber auch Mühlen oder Stärke-
fabriken gehörten.
Längsdielenhäuser ohne Wohnteil
Es gibt Längsdielenhäuser, die nur als Wirtschafts-
gebäude dienten. Sie werden zumeist - entsprechend
den Nennungen in historischen Quellen - als Bauhaus
oder Viehhaus/Kuhhaus oder auch als Vorwerk be-
zeichnet. Es kann sich hierbei sowohl um Bauten mit
Zwei-, Drei- oder Vierständergerüsten handeln, um
Fachwerkbauten oder solche mit massiven Umfas-
sungswänden. Allerdings wurden Längsdielenhäuser
in Vierständerbauweise mit massiven Umfassungs-
wänden keineswegs nur als Bauhäuser der herrschaft-
lichen Wasserburgen oder auf den Wirtschaftshöfen
der Klöster und Stifte errichtet. Offenbar sind die mas-
siven Umfassungswände nur eine Form soliderer Bau-
weise gewesen, sodass sowohl Bauhäuser auf adeli-
gen Sitzen aus Stein wie aus Fachwerk als auch
Längsdielenhäuser auf Pachthöfen beider Techniken
bekannt sind.
Unabhängig von ihrer Konstruktion und Bautechnik
können diese Bauten ausschließlich zur Unterbrin-
gung von Vieh konzipiert sein - dann in der Regel mit
einer Durchfahrts-, Durchgangs- oder Sackdiele -112
oder aber (zusätzlich) auch noch andere Funktionen
und weitere Wirtschaftsräume aufgenommen haben.
Insbesondere sind hier Back- oder Brau- und Brenn-
räume zu nennen, sodass es sich in diesen Fällen um
Längsdielenhäuser mit einem mehr oder weniger -
etwa durch eine Scherwand - abgetrennten rückwär-
Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land
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Das Gut in Langreder bei Barsinghausen (Lkr. Hannover) gehörte zum Besitz der Familie von Klenke, die ihren Hauptsitz aller-
dings auf der Hämelschenburg zwischen Bad Pyrmont und Hameln hatte. Das Gutshaus ist in der Mitte des 18. Jahrhunderts
als so genanntes T-Haus errichtet worden und dürfte durch einen Pächter genutzt worden sein. An dessen zweigeschossiges
Wohnhaus schließt sich ein traditionelles Viehhaus in der Form eines Längsdielenhauses an, das heute ebenfalls zu Woh-
nungen ausgebaut worden ist. (Foto Fred Kaspar 2009)r
„Kuhhaus" (oder auch „Rinderhaus") für viele der
großen Bauhäuser landwirtschaftlicher Gebäude auf
adeligen Gütern Nordwestdeutschlands nachwei-
sen.110 Hintergrund für diese Ausrichtung der Wirt-
schaftsteile dürfte insbesondere die Ochsenmast als
Grundlage des lukrativen Viehhandels gewesen sein,
der dazu diente, die Großstädte des europäischen
Binnenlandes mit Fleisch zu versorgen.’11 Andere
Betriebe hatten ihre wirtschaftliche Grundlage in der
Milchwirtschaft und unterhielten große Kuhherden.
Nicht zu unterschätzen ist, dass diese - im Unter-
schied zu den vielfach mehr auf die Versorgung des
Nahmarktes mit Lebensmitteln oder sogar nur auf die
Eigenversorgung ausgerichteten kleineren Bauern-
höfen - auf den Verkauf landwirtschaftlicher Produk-
te orientierten Güter den sich ändernden Märkten
immer wieder angepasst werden mussten. Seit dem
17. Jahrhundert nahm in Nordwestdeutschland der
Getreideanbau auf Kosten der Hornviehhaltung zu,
der zuvor nur in bestimmten Regionen wie etwa dem
Weserbergland dominant gewesen war. Dies musste
weitreichende Auswirkungen auf die Wirtschaftsräu-
me der Längsdielenhäuser haben. Der Getreideanbau
brachte auch weitere Gewerbezweige der Weiterver-
arbeitung oder Veredelung auf die Großbetriebe und
Güter, zu denen insbesondere Branntweinbrennereien
und die Brauereien, aber auch Mühlen oder Stärke-
fabriken gehörten.
Längsdielenhäuser ohne Wohnteil
Es gibt Längsdielenhäuser, die nur als Wirtschafts-
gebäude dienten. Sie werden zumeist - entsprechend
den Nennungen in historischen Quellen - als Bauhaus
oder Viehhaus/Kuhhaus oder auch als Vorwerk be-
zeichnet. Es kann sich hierbei sowohl um Bauten mit
Zwei-, Drei- oder Vierständergerüsten handeln, um
Fachwerkbauten oder solche mit massiven Umfas-
sungswänden. Allerdings wurden Längsdielenhäuser
in Vierständerbauweise mit massiven Umfassungs-
wänden keineswegs nur als Bauhäuser der herrschaft-
lichen Wasserburgen oder auf den Wirtschaftshöfen
der Klöster und Stifte errichtet. Offenbar sind die mas-
siven Umfassungswände nur eine Form soliderer Bau-
weise gewesen, sodass sowohl Bauhäuser auf adeli-
gen Sitzen aus Stein wie aus Fachwerk als auch
Längsdielenhäuser auf Pachthöfen beider Techniken
bekannt sind.
Unabhängig von ihrer Konstruktion und Bautechnik
können diese Bauten ausschließlich zur Unterbrin-
gung von Vieh konzipiert sein - dann in der Regel mit
einer Durchfahrts-, Durchgangs- oder Sackdiele -112
oder aber (zusätzlich) auch noch andere Funktionen
und weitere Wirtschaftsräume aufgenommen haben.
Insbesondere sind hier Back- oder Brau- und Brenn-
räume zu nennen, sodass es sich in diesen Fällen um
Längsdielenhäuser mit einem mehr oder weniger -
etwa durch eine Scherwand - abgetrennten rückwär-