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Winghart, Stefan [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]; Kaspar, Fred [Oth.]; Gläntzer, Volker [Oth.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Güter, Pachthöfe und Sommersitze: Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land ; [... 23. Jahrestagung der nordwestdeutschen Hausforscher im März 2011 ...] — Hameln: Niemeyer, Heft 43.2014

DOI issue:
Güter Adeliger, Lebens- und Wirtschaftsformen
DOI article:
Dörfler, Wolfgang: Bockel und Mulmshorn: zwei adelige Hallenhäuser aus der Mitte des Landkreises Rotenburg/Wümme
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51273#0093
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Vörde (Abb. 1). Mulmshorn an der Wieste - also der
umstrittenen Grenze zwischen den Stiften - auf verdi-
scher Seite und Bockei knapp jenseits des Grenzba-
ches im Bremischen. Mulmshorn war ursprünglich ein
großer einstelliger Hof, Bockei war in einem aus nur
drei Höfen bestehenden Dorf nachgesiedelt worden.
Bei Betrachtung der Lage und Verteilung von Bauern-
höfen in Einzellage fällt auf, dass diese entlang von
Grenzen, besonders von umstrittenen Grenzen, ge-
häuft vorkamen. Hier könnte der Gedanke der Grenz-
sicherung hinter der Ansiedlungserlaubnis bzw. der
Ansiedlungsförderung gestanden haben. Einzelhöfe
als Übernahmeobjekte haben vorstellbar auf Adelige
eine besondere Anziehungskraft ausgeübt, kamen sie
doch der Vorstellung von einem auch räumlich sepa-
rierten adeligen Gutsbetrieb primär schon nahe.6
Mulmshorn
Die gesicherten historischen Nachrichten zum Sied-
lungsplatz Mulmshorn beginnen um 1260. Hier heißt
der Platz Ollerdeshorn und hatte möglicherweise zwei
Hofstellen. Die Bauern des Hofes waren dem Verde-
ner Bischof zehntpflichtig. In einem Schatzregister
von 1548 ist nur noch ein Bauer mit Namen Hermann
dort auf einem einstelligen Hof nachweisbar; sein
Haus war fünf Fach groß. 1560 zahlt sein Nachfolger,
der Meier Arp, eine der höchsten Schatzsummen im
Stift Verden. Er musste kurz nach 1560 den Hof an
den Adligen Johann von Holle abgeben oder wie es in
der Quelle heißt: Johann von Holle habe den Hof abe-
gecontentiert und nhun eine Edelmannswohnung
daraus zu machen angefangen. Damals wechselte der
Name von Ollerdeshorn zu Tom Ulmes Horm, das spä-
ter zu to Mulmeshorn und schließlich zu Mulmshorn
vereinfacht wurde.7 Johann von Holle wandelte den
Bauernhof mit Zustimmung des Verdener Bischofs
(welcher sein Bruder war) in einen „freien Adelshof"
um.8 Zwei alte, im Rahmen von Grenzkonflikten ent-
standene Karten der Zeit kurz vor 1600 zeigen den
Hof mit den Mühlengebäuden. Der hier in die Wieste
einmündende Glindbach ist auf der Skizze so gezeich-
net, als ob er zusammen mit dem Fluss wie ein
Wassergraben den Adelshof schützend umrundet
(Abb. 2).
Als von einem adeligen Besitzer bewohnter und be-
wirtschafteter Hof bestand Mulmshorn nur ca. 40
Jahre (bis kurz nach 1600). Dann kam es zu einem
Versuch des Verkaufs durch Johann von Holle, der in
einen Prozess vor dem Reichskammergericht münde-
te und 1611 mit dem Ankauf des Gutes durch das
Verdener Domkapitel endete.9 Der Hof wurde mit
Mitteln aus dem Schatzaufkommen des Stiftes
gekauft und den bischöflichen Tafelgütern zugelegt.
Dabei war ein Argument auf den Beschluss fassenden
Landtagen von 1602 und 1611, dass es wegen des
Hofes in seiner vorgeschobenen Grenzlage (das
Guedt wehre an eim strittigen Orte belegen) bei dem

1 Mulmshorn und Bockei an der Poststraße von Rotenburg
nach Zeven. Ausschnitt aus dem Blatt 21 Rotenburg von
1836, Topographischer Atlas des Königreichs Hannover und
Herzogtums Braunschweig von August Papen. Reproduk-
tion, Druck und Vertrieb LGN - Landesvermessung +
Geobasisinformation Niedersachsen, Hannover 1999.



2 Der Hof Mulmshorn mit den Mühlengebäuden. Der
Adelshof wirkt wie durch einen Wassergraben geschützt.
Zwei Karten der Zeit um 1600. StA Stade Karten Neu Nr.

13101 und 13122.
 
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