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Winghart, Stefan [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]; Kaspar, Fred [Oth.]; Gläntzer, Volker [Oth.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Güter, Pachthöfe und Sommersitze: Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land ; [... 23. Jahrestagung der nordwestdeutschen Hausforscher im März 2011 ...] — Hameln: Niemeyer, Heft 43.2014

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Güter Adeliger, Lebens- und Wirtschaftsformen
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Kagel, Nils: Die Geschichte von Amt und Vorwerk in Moisburg unter besonderer Berücksichtigung bauhistorischer Aspekte
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https://doi.org/10.11588/diglit.51273#0109
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Die Geschichte von Amt und Vorwerk in Moisburg
unter besonderer Berücksichtigung bauhistorischer Aspekte
Nils Kagel

Landwirtschaftliche Großbauten auf adeligen Anwe-
sen und Vorwerken der frühen Neuzeit beschäftigen
die historische Bauforschung schon seit geraumer
Zeit. Im nördlichen Niedersachsen, insbesondere im
Bereich der Lüneburger Heide, haben sie hingegen
nur vereinzelt Beachtung gefunden. Dies mag vor
allem daran liegen, dass hier der Anteil an landesherr-
lichem Grundbesitz vergleichsweise hoch war und die
Region dementsprechend wenige adelige Güter auf-
wies. Ausgeprägter Streubesitz und leichte Böden
boten denkbar ungünstige Bedingungen für die
Herausbildung rentabler Gutsbetriebe. In diesem
Zusammenhang fallen die zahlreichen den landesherr-
lichen Ämtern zugeordneten Vorwerke ins Auge, die
als Staatsdomänen teilweise noch bis ins 20.
Jahrhundert bewirtschaftet wurden.
Als im Sommer 2010 auf dem Gelände der ehemali-
gen Domäne in Moisburg im nordwestlichen Teil des
Landkreises Harburg Ausschachtungsarbeiten für ein
Wohn- und Geschäftshaus durchgeführt werden soll-
ten, ergab sich die seltene Gelegenheit, im Rahmen
einer archäologischen Grabung Einblicke in die bauli-
che Entwicklung eines solchen Betriebes vom späten
Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert zu erhalten. Mit
einer zeitgleich anlässlich des dreihundertjährigen
Amtshausjubiläums im Jahr 2011 auf Grundlage lite-
rarischer und archivalischer Quellen durchgeführten
Untersuchung gelang es schließlich, die Mehrzahl der
Befunde in ihren historischen Kontext einzuordnen.
Burg und Vogtei Moisburg im späten Mittelalter
Die früheste Erwähnung der Ortschaft Moisburg als
Mosedeburch findet sich in einer Urkunde des Alten
Klosters bei Buxtehude von 1242, in der sowohl die
Kirche als auch ein Priester namens Johannes genannt
wird.1 Eine Burg wird hier nicht erwähnt, ihre Existenz
ist jedoch aufgrund der Namensgebung recht wahr-
scheinlich. Ihr Standort ist nicht bekannt. Möglich
wäre eine Lage in der Umgebung der Kirche, ähnlich
wie es im Fall von Sinstorf bei Harburg nachgewiesen
werden konnte.2
1322 wird im Zusammenhang mit einer Schadenser-
satzforderung gegenüber den Lüneburger Herzögen
erstmals ein Schloss in Moisburg erwähnt. Aus dem
Schriftstück geht hervor, dass die Anlage zwischen
1310 und 1322 erbaut worden sein muss. Zusammen
mit Harburg fiel ihr die Aufgabe zu, das lüneburgische
Territorium gegen Nordwesten zu sichern und den
Straßenzwang auf Lüneburg durchzusetzen. Gleich-
zeitig bildete es den Mittelpunkt einer Vogtei mit

umfangreichem landesherrlichem Grundbesitz, wobei
sich die Höfe in Moisburg selbst im Besitz der
Erzbischöfe von Bremen befanden. Die Verwaltung
von Schloss und Vogtei oblag einem Advocatus, also
einem Vogt, der zugleich die hohe und niedere Ge-
richtsbarkeit im Vogteibezirk ausübte.3 Ob es sich
beim erwähnten Schloss um die Wiederherstellung
einer älteren Anlage, die in bewaffneten Auseinan-
dersetzungen mit bremischen Stiftsleuten zerstört
worden war, oder um einen Bau an gänzlich neuer
Stelle handelte, ist aus der schriftlichen Überlieferung
nicht zu ersehen. Genauso wenig ist über Gliederung
und Bauweise der Befestigung bekannt. Zeitgenössi-
sche Anlagen verfügen in der Regel über eine Haupt-
burg mit den Wohngebäuden des Burgherrn sowie
über eine oder mehrere Vorburgen mit den für eine
Versorgung der Burgbesatzung unverzichtbaren Wirt-
schaftsgebäuden. Als einigermaßen gesichert kann
der Standort mitten in den sumpfigen Niederungen
der Este und des Staersbecks gelten, da es keine
Hinweise auf eine Verlagerung des Schlosses in späte-
rer Zeit gibt.
Schon bald nach der Fertigstellung wurde das Schloss
an adelige Lehensmänner vergeben. Am 16. April
1340 versprechen die Ritter Bertold, sein gleichnami-
ger Sohn und der Ritter Johann Schulthen den Her-
zögen Otto III. und Wilhelm von Braunschweig-Lüne-
burg, ihnen ihre Schlösser Harburg und Moisburg mit
den zugehörigen Ländereien sowie allen Rechten und
Gerechtsamkeiten zurückzugeben, wenn sie es ver-
langten. Zwei Jahre später geschieht dies tatsächlich,
und am 6. Dezember 1342 bestätigen die Ritter, dass
sie von den Herzögen für alle während ihrer Amtszeit
entstandenen Kosten für Bautätigkeiten am Schloss
und Schäden an ihrem Gut entschädigt worden
seien.4
Zu diesem Zeitpunkt besaß Moisburg eine wichtige
strategische Bedeutung in den Auseinandersetzungen
mit dem Bremer Domkapitel. 1343 kauften die Herzö-
ge dem Ritter Gebhard Schulte deshalb ein Stück
Land von etwa drei Morgen bei Emmen ab, um dort
Ton für die Herstellung von Ziegeln abzubauen, die sie
für den Ausbau des Schlosses benötigten. Anschlie-
ßend wurde es erneut an adelige Lehensmänner ver-
geben, die es jedoch bald darauf zurückgegeben
haben müssen, da 1347 wiederum ein Vogt in Mois-
burg erwähnt wird.5
1372 scheint sich das Schloss erstmals im Pfandbesitz
der Stadt Lüneburg befunden zu haben.6 Einfach war
die Situation der kleinen Burgbesatzung zu diesem
 
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