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Winghart, Stefan [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]; Kaspar, Fred [Oth.]; Gläntzer, Volker [Oth.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Güter, Pachthöfe und Sommersitze: Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land ; [... 23. Jahrestagung der nordwestdeutschen Hausforscher im März 2011 ...] — Hameln: Niemeyer, Heft 43.2014

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Güter Adeliger, Lebens- und Wirtschaftsformen
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Stiewe, Heinrich: Hallenhäuser als Herrenhäuser - adliges Wohnen auf dem Lande: Beispiele des 16. bis 18. Jahrhunderts aus Ostwestfalen und Lippe
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https://doi.org/10.11588/diglit.51273#0160
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Güter Adeliger, Lebens- und Wirtschaftsformen



22 Blomberg-Nassengrund (Kreis Lippe), ehern. Gut von Donop. Haupthaus von 1716, Längsschnitt, Rekonstruktion. Aufmaß
und Zeichnung: Verfasser 1987.

Fache nach Osten verlängert, dabei verwendete man
den alten Giebel von 1716 wieder. Im linken Seiten-
schiff befanden sich umfangreiche Kuhställe, die mit
fünf jeweils zwei Fache langen Kuhnackenriegeln zur
Diele geöffnet waren. Das rechte Seitenschiff diente
vermutlich als Pferdestall. Ebenfalls um die Mitte oder
in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde der
rückwärtige Wohnteil aufgestockt; in dem neuen
Oberstock entstanden mehrere große Stuben und
Kammern mit barocken Füllungstüren, die von einem
Mittelflur erschlossen wurden. An der Flurwand war
eine bauzeitliche Wandbemalung mit dunklem Qua-
dermuster und feiner Marmorierung auf olivgrünem
Grund erhalten. Im Untergeschoss des Wohnteils, der
durch eine zweiflügelige Barocktür von der Hofseite
aus zugänglich war, richtete man eine geräumige
Küche mit einer großen Kaminanlage ein, die im Dach
mit dem Schornstein der hinteren Stuben zusammen-
geführt wurde. Um 1840 wurde im Garten hinter
dem Gutshaus ein kleineres, eingeschossiges Fach-
werkhaus mit Krüppelwalmdach über einem großen
Tonnengewölbekeller vermutlich als Altenteilerwoh-
nung errichtet.
Dem Gutshaus schräg gegenüber stand an der
Hofeinfahrt ein großer Fachwerkspeicher mit Krüppel-
walmdach von 1755 (d).55 Der 2010 abgebrochene
Bau enthielt ein hohes Untergeschoss und zwei Spei-
cherböden im Ober- und Dachgeschoss. Möglicher-
weise enthielt dieses Gebäude ursprünglich eine
Branntweinbrennerei, für die Nassengrund im 19.
Jahrhundert berühmt war.

Zusammenfassung
Hallenhäuser als Wohn- und Wirtschaftsgebäude auf
Gütern des niederen Adels sind in Ostwestfalen und
Lippe für das 16. bis 18. Jahrhundert vielfach nach-
weisbar. Sie dürften zu dieser Zeit eher die Regel als
die Ausnahme gewesen sein. Die hier vorgestellten
Beispiele sind bei Weitem nicht vollständig; auch dürf-
te manches frühere Haupthaus eines Gutes noch
unerkannt als Wirtschaftsgebäude gelten.56 Einige ad-
lige Hallenhäuser hatten repräsentativ gestaltete Fas-
saden mit mehrfach vorkragenden Fachwerkgiebeln
und reichem Schnitzwerk, das bekannteste Beispiel ist
der Valepagenhof aus Delbrück von 1577. Daneben
kamen aber auch schlicht verbretterte Giebel wie in
Dahlhausen vor. Ein wichtiges Kennzeichen adliger
Wohn- und Wirtschaftsgebäude waren geschnitzte
Familienwappen, die auf den Torbögen oder an den
Knaggen der Torständer angebracht waren. Die
Bauten des 16. Jahrhunderts waren aus kräftig di-
mensionierten Hölzern mit großem Holzverbrauch
hochwertig verzimmert - was aber auch bei Bauern-
häusern dieser Zeit üblich war. Die vorgestellten adli-
gen Hallenhäuser unterscheiden sich von zeitgleichen
Bauernhäusern vor allem durch ihre erheblich größe-
re Länge. So hatten die Häuser in Ahmsen und Dahl-
hausen Längen von 16 bzw. 15 Fachen (ca. 32-35 m),
während große Meierhäuser vor 1600 gerade mal sie-
ben bis neun Fache (ca. 25 m) umfassten. Zwei Hal-
lenhäuser auf Gütern der Familie von Exterde in Lippe
konnten auch in ihrer inneren Raumstruktur näher
betrachtet werden: Das 1555 erbaute und 1959 ab-
gebrannte Haupthaus des Gutes Ahmsen war ein
 
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