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Winghart, Stefan [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]; Kaspar, Fred [Oth.]; Gläntzer, Volker [Oth.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Güter, Pachthöfe und Sommersitze: Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land ; [... 23. Jahrestagung der nordwestdeutschen Hausforscher im März 2011 ...] — Hameln: Niemeyer, Heft 43.2014

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Landgüter von Bürgern und Beamten, Lebens- und Wirtschaftsformen
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Kaspar, Fred; Barthold, Peter: Saalkammer und Torhaus: ein bürgerliches Pachtgut mit Sommerwohnungen aus der Zeit um 1590: Haus Milte bei Telgte (Kr. Warendorf)
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https://doi.org/10.11588/diglit.51273#0342
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Landgüter von Bürgern und Beamten - Lebens- und Wirtschaftsformen

Kuhställe dürften daher die ganze Länge der zu dieser
Zeit acht Gefache langen Diele umfasst haben, wäh-
rend sich an die Pferdeställe möglicherweise Wohn-
räume im Bereich von drei Gefachen anschlossen. So-
wohl über den Pferdeställen wie über den Kuhställen
gab es jeweils eine Knechtbühne, auf der Bettladen
standen - hierbei dürfte es sich um Kammern im
Zwischengeschoss der seitlichen Räume im Vor-
schauer handeln. In der offenbar von der Diele durch
eine Scherwand abgetrennten Küche befand sich
1807 ein offenes Herdfeuer mit zwei Brandruten.
Neben der Küche lag eine Küchenstube, in der ein
Plattenofen und ein ovaler Tisch standen, ferner eine
Kammer an dieser Küchenstube, in der eine Bettlade
mit Behang aufgestellt war. Auch in einer weiteren
Schlafkammer an der Küche befand sich eine Bett-
stelle mit Behang. Ferner wird noch eine Mägde-
kammer mit drei Bettladen und eine Waschkammer
mit einem steinernen Kump genannt. Alle diese ge-
nannten Nebenräume befanden sich nach der weite-
ren Beschreibung des Hauses nicht im westlichen
Kammerfach des Hauses und müssen daher - wie
dann für die Zeit vor dem Umbau nach 1832 nach-
weisbar - im nördlichen Seitenschiff gelegen haben.
Während im südlichen Seitenschiff nach den Baube-
funden61 offensichtlich eine hohe Lucht von drei Ge-
fachen bestand, kann im nördlichen Seitenschiff
höchstens eine Lucht von zwei Gefachen Länge be-

standen haben, sodass auch eine hier durchgehende
Ständerreihe anzunehmen ist.52
Das Kammerfach am westlichen Ende des Hauses
bestand nach den schriftlichen Quellen aus einem
wohl unterkellerten Saal, an den sich (wohl seitlich
daneben) zwei Schlafkammern anschlossen. Auf dem
Saal stand 1807 ein großer Schrank, dessen Nutzung
den Eigentümern des Hauses vorbehalten war. Zwei
Fenster waren mit Gardinenstangen versehen, an
denen vier weiße Gardinen hingen. In der ersten, der
kleinen oder Eck-Kammer am Saal standen 1807 eine
Bettlade mit Behang, ein kleiner eckiger Tisch, ein
runder Tisch, sechs Binsenstühle und an der Wand
hing ein Spiegel. In der zweiten Kammer stand eben-
falls eine Bettlade mit Behang.
Das damit zumindest für die Zeit um 1800 noch fass-
bare Raumprogramm im Wohnteil des Hauses (auch
1832 wird es noch im gleichen Zustand beschrieben)
zeichnet sich durch eine ungewöhnlich große Zahl
von Wohnräumen aus, die sich teils im Kammerfach,
teils aber auch neben der Flettküche befanden. Diese
Struktur war möglicherweise in wesentlichen Teilen
noch bauzeitlich und dokumentiert die besondere
Nutzung, da der Bereich nicht nur der dauernd in dem
Haus lebenden Pächterfamilie dienen sollte, sondern
auch Raum für die Besuche der Besitzer bereithalten
musste, z. B. wenn sie ihr Gut und das Haus insbeson-
dere als Sommerfrische aufsuchten.

10 Gut Haus Milte bei Telgte; Ansicht der südlichen Traufwand des Haupthauses (Foto Kaspar 2009).
 
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