Mühlengeschichtlicher Überblick
37
Windmühle nach den damals modernsten Systemen
mit zusätzlichem Doppelwalzenstuhl, neuzeitlicher
Sichterei und Reinigung in eine halbautomatische
Feinmühle stattfand.
Als letzter Umbau einer alten Bockwindmühle zu ge-
werblichen Zwecken erfolgte hierzulande außer der
Reihe noch 1964 bis 1968 die Neueinrichtung und
Wiederinbetriebnahme der lange zuvor stillgelegten
Hänigser Mühle durch den Geller Müllermeister Hans
Schubotz unter Verwendung von Ausstattungsteilen
der Bockwindmühle in Groß-Lobke (Ldkr. Hildesheim),
der Wassermühle in Wienhausen (Ldkr. Celle) und der
Holländermühle in Schellerten (Ldkr. Hildesheim).
Keine der hiesigen Bockwindmühlen ist heute noch
gewerblich in Betrieb. Einige sind aber zu musealen
Zwecken restauriert worden und werden regelmä-
ßig zu Schauzwecken vorgführt. Dazu gehören die
Mühlen in Dudensen, Langenhagen-Kaltenweide und
Wettmar. Sie besitzen alle noch ihr komplettes und
mahlfähiges technisches Innenleben. In der Sorgen-
ser Mühle bei Burgdorf und in der „Alten Mühle" im
Hermann-Löns-Park in Hannover sind ebenso noch
wesentliche Teile der Mühlentechnik erhalten. Die Hä-
nigser Mühle wurde als letzte gewerblich arbeitende
Bockwindmühle weit und breit erst 1995 stillgelegt
und dient heute mit ihrem kompletten technischen
Innenleben als stillstehender Blickfang einer um sie
herum entstandenen Altenwohnanlage. Die Borste-
ler Mühle bei Neustadt a. Rbge. ist zwar ihrer inneren
Technik beraubt, bildet aber zusammen mit einer be-
nachbarten Holländermühle eine außergewöhnliche
Landmarke. Zahlreiche ehemalige Bockwindmühlen-
standorte in der Region sind ebenso heute noch ein-
deutig im Gelände oder an Hand erhalten gebliebener
Fundamentreste ausmachbar.
Wie im Kapitel „Zur Konstruktion unserer Bockwind-
mühlen" soll auch hier auf Verzierungen und Inschrif-
ten eingegangen werden, die jedoch in den nüchter-
nen, rein technischen Teilen des Räderwerks oder gar
der Maschinen seltener anzutreffen gewesen sind.
Kammräder ältester Konstruktion besaßen hierzulan-
de einfache, durch die Flügelwelle gesteckte Speichen,
deren äußere Köpfe zumeist mit einem geschwungen
verzierten Hirnholz endeten. Auch spätere Kammrä-
der mit doppelten Speichen besaßen und besitzen
hierzulande häufig geschwungene Speichenköpfe,
wenn auch in weniger aufwendig verzierter Form.
Wenn es Inschriften im Räderwerk der hiesigen Bock-
windmühlen gab, dann kamen sie im Kammrad vor,
denn dort fielen sie sofort ins Auge. Auch stellte das
Kammrad das Herzstück des Räderwerks dar und war
daher auch oft als Gesellenstück verschiedener Müh-
lenbauer am Ende ihrer Berufsausbildung gefertigt
worden. Ein vermutlich aus einer solchen Situation
entstandenes Kammrad befindet sich heute noch in
der Bockwindmühle in Burgdorf-Sorgensen. Es trägt
die Inschrift „M. Grothe, Anno 1903".
Zu den Maschinen in den Bockwindmühlen, die Ver-
zierungen trugen, gehörten wie auch in unseren älte-
ren Wassermühlen die Beutelkisten. Jene Mehlsiebma-
schinen, vor denen der Müller die meiste Arbeitszeit
verbrachte, waren oft besonders an der Auslaufseite
reich verziert. In den Bockwindmühlen fiel diese Ma-
schinenrückwand beim Betreten des Absackbodens
als erstes direkt ins Auge. Eine Art „Kleiekotzer" in
Form einer fratzenartig gestalteten Maske an der
Rückwand des Beutelkastens, wie man sie in vielen
süddeutschen Regionen antraf und noch antrifft, ist
hierzulande jedoch nicht üblich gewesen.
Inschriften in Müllereimaschinen gab es hierzulande
zwar besonders in Sichtern, doch handelte es sich
in der Regel um individuelle Schreibereien einzelner
Müller. Im Sechskantsichter der 1968 umgeworfenen
Bockwindmühle in Arpke fand sich früher der Spruch
„Das Müllerleben hat Gott gegeben, doch das Mah-
len und Steineschärfen bei der Nacht, das hat der Teu-
fel erdacht". An der Sichterwand der Sorgenser Müh-
le stand der Spruch „Stand eine Mühle still im Land,
die Flügel weit ins Licht gespannt. Auf kam ein Wind
wie Orgelklang, hörst Du der Mühle Lobgesang", den
ein Mitglied des Verbandes „Glück zu" der Deutschen
Müllerschule dort eingeschrieben haben soll. Eine Be-
sonderheit stellt heute noch der zum 1861 eingebau-
ten zweiten Mahlgang der Bockwindmühle Dudensen
erhaltene Sichter dar, der in seinem obersten in den
Raum zeigenden Seitenbrett neben der Inschrift „HAB
1861" (= Heinrich Ahrbecker) auch dutzende Initialen
von Müllergesellen und sogar geschäftliche Notizen
enthält.
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Windmühle nach den damals modernsten Systemen
mit zusätzlichem Doppelwalzenstuhl, neuzeitlicher
Sichterei und Reinigung in eine halbautomatische
Feinmühle stattfand.
Als letzter Umbau einer alten Bockwindmühle zu ge-
werblichen Zwecken erfolgte hierzulande außer der
Reihe noch 1964 bis 1968 die Neueinrichtung und
Wiederinbetriebnahme der lange zuvor stillgelegten
Hänigser Mühle durch den Geller Müllermeister Hans
Schubotz unter Verwendung von Ausstattungsteilen
der Bockwindmühle in Groß-Lobke (Ldkr. Hildesheim),
der Wassermühle in Wienhausen (Ldkr. Celle) und der
Holländermühle in Schellerten (Ldkr. Hildesheim).
Keine der hiesigen Bockwindmühlen ist heute noch
gewerblich in Betrieb. Einige sind aber zu musealen
Zwecken restauriert worden und werden regelmä-
ßig zu Schauzwecken vorgführt. Dazu gehören die
Mühlen in Dudensen, Langenhagen-Kaltenweide und
Wettmar. Sie besitzen alle noch ihr komplettes und
mahlfähiges technisches Innenleben. In der Sorgen-
ser Mühle bei Burgdorf und in der „Alten Mühle" im
Hermann-Löns-Park in Hannover sind ebenso noch
wesentliche Teile der Mühlentechnik erhalten. Die Hä-
nigser Mühle wurde als letzte gewerblich arbeitende
Bockwindmühle weit und breit erst 1995 stillgelegt
und dient heute mit ihrem kompletten technischen
Innenleben als stillstehender Blickfang einer um sie
herum entstandenen Altenwohnanlage. Die Borste-
ler Mühle bei Neustadt a. Rbge. ist zwar ihrer inneren
Technik beraubt, bildet aber zusammen mit einer be-
nachbarten Holländermühle eine außergewöhnliche
Landmarke. Zahlreiche ehemalige Bockwindmühlen-
standorte in der Region sind ebenso heute noch ein-
deutig im Gelände oder an Hand erhalten gebliebener
Fundamentreste ausmachbar.
Wie im Kapitel „Zur Konstruktion unserer Bockwind-
mühlen" soll auch hier auf Verzierungen und Inschrif-
ten eingegangen werden, die jedoch in den nüchter-
nen, rein technischen Teilen des Räderwerks oder gar
der Maschinen seltener anzutreffen gewesen sind.
Kammräder ältester Konstruktion besaßen hierzulan-
de einfache, durch die Flügelwelle gesteckte Speichen,
deren äußere Köpfe zumeist mit einem geschwungen
verzierten Hirnholz endeten. Auch spätere Kammrä-
der mit doppelten Speichen besaßen und besitzen
hierzulande häufig geschwungene Speichenköpfe,
wenn auch in weniger aufwendig verzierter Form.
Wenn es Inschriften im Räderwerk der hiesigen Bock-
windmühlen gab, dann kamen sie im Kammrad vor,
denn dort fielen sie sofort ins Auge. Auch stellte das
Kammrad das Herzstück des Räderwerks dar und war
daher auch oft als Gesellenstück verschiedener Müh-
lenbauer am Ende ihrer Berufsausbildung gefertigt
worden. Ein vermutlich aus einer solchen Situation
entstandenes Kammrad befindet sich heute noch in
der Bockwindmühle in Burgdorf-Sorgensen. Es trägt
die Inschrift „M. Grothe, Anno 1903".
Zu den Maschinen in den Bockwindmühlen, die Ver-
zierungen trugen, gehörten wie auch in unseren älte-
ren Wassermühlen die Beutelkisten. Jene Mehlsiebma-
schinen, vor denen der Müller die meiste Arbeitszeit
verbrachte, waren oft besonders an der Auslaufseite
reich verziert. In den Bockwindmühlen fiel diese Ma-
schinenrückwand beim Betreten des Absackbodens
als erstes direkt ins Auge. Eine Art „Kleiekotzer" in
Form einer fratzenartig gestalteten Maske an der
Rückwand des Beutelkastens, wie man sie in vielen
süddeutschen Regionen antraf und noch antrifft, ist
hierzulande jedoch nicht üblich gewesen.
Inschriften in Müllereimaschinen gab es hierzulande
zwar besonders in Sichtern, doch handelte es sich
in der Regel um individuelle Schreibereien einzelner
Müller. Im Sechskantsichter der 1968 umgeworfenen
Bockwindmühle in Arpke fand sich früher der Spruch
„Das Müllerleben hat Gott gegeben, doch das Mah-
len und Steineschärfen bei der Nacht, das hat der Teu-
fel erdacht". An der Sichterwand der Sorgenser Müh-
le stand der Spruch „Stand eine Mühle still im Land,
die Flügel weit ins Licht gespannt. Auf kam ein Wind
wie Orgelklang, hörst Du der Mühle Lobgesang", den
ein Mitglied des Verbandes „Glück zu" der Deutschen
Müllerschule dort eingeschrieben haben soll. Eine Be-
sonderheit stellt heute noch der zum 1861 eingebau-
ten zweiten Mahlgang der Bockwindmühle Dudensen
erhaltene Sichter dar, der in seinem obersten in den
Raum zeigenden Seitenbrett neben der Inschrift „HAB
1861" (= Heinrich Ahrbecker) auch dutzende Initialen
von Müllergesellen und sogar geschäftliche Notizen
enthält.