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Region und Stadt Hannover
In unserer Region waren diese Tage ebenso sehr kalt
und auch die Leine zeigte Eisgang. Dennoch entlud
sich am 15. Januar besonders über der Region nörd-
lich von Hannover ein Gewitter mit der für Winter-
gewitter typischen Heftigkeit. Parallel dazu setzte ein
Orkan ein. Mehrere Mühlen sind schwer beschädigt
worden. An der Bockwindmühle in Rethmar (Stadt
Sehnde) wurde ein Flügelpaar zerstört, die Mühle
blieb aber noch kurze Zeit mit dem anderen Paar in
Betrieb. An der Bockwindmühle in Dudensen (Stadt
Neustadt a. Rbge.), die kurz zuvor nach einem Unfall
des Müllers stillgelegt worden war, brach der marode,
noch aus Holz bestehende Flügelwellenkopf und das
gesamte Flügelkreuz stand aufrecht vor der Mühle.
Eine Tragödie, die bis heute in alle Einzelheiten ver-
bürgt ist, spielte sich an jenem Tag auf der Hollän-
derwindmühle in Mandelsloh ab. Die mit einem Ven-
tikanten-Flügelkreuz von 23 Metern Durchmesser
ausgestattete und mit modernsten Maschinen verse-
hene Mühle war damals die am besten eingerichtete
Windmühle weit und breit. An diesem Tag schlug ein
heftiger Blitz in die Flügel, zerstörte die Steuerung am
Wellkopf und im darauf beginnenden Orkan schlugen
die Drehhecks der Ventikanten zu. Die Mühle lief nun
mit rascher Geschwindigkeit unter der Bremse, bis das
Kammrad zu qualmen anfing. Dem diensthabenden
Müller, dem Schwiegersohn des Obermeisters Kirch-
hoff, blieb keine Möglichkeit zum Bremsen. Mit den
beiden in der Mühle befindlichen Walzenstühlen war
ein Abbremsen nicht möglich, denn bei Überlast flo-
gen sofort die Treibriemen von den Maschinen. Der
Läuferstein des noch in der Mühle befindlichen Schrot-
gangs war durch den Blitz, der sich seinen Weg über
das gusseiserne Getriebe nach unten suchte, aus dem
Gang geschmettert worden, nach einigen Zerstörun-
gen im Mühlengebäude durch die Wand gebrochen
und im Garten vor der Mühle zum Liegen gekommen.
Nach einigen erfolglosen Notbremsversuchen, die
der Mühle das Kammrad kosteten und den Müller an
der Hand verletzten, flogen von den Drehhecks der
Flügel Teile davon und zerstörten im Vorbeiflug noch
die Windrose, die entstandene Unwucht brachte die
Mühle dann aber zum Stehen. Der Windantrieb wur-
de danach nicht wieder aufgebaut. Noch heute kann
man in der erhalten gebliebenen Kappe eindrucksvoll
die Brandspuren des Kammrades erkennen. Der noch
heute im Garten liegende Stein des Schrotgangs be-
kam nach dem Unglück die noch vor einigen Jahren
lesbare Inschrift mit dem Datum des 15.01.1954. Die
Region in der Leineniederung war schon immer für
heftige Gewitter bekannt und so erscheint es nicht
verwunderlich, dass an der monumentalen St. Osdag-
Kirche zwischen 1782 und 1784 nach Vorgaben des
berühmten Experimentalphysikers Professor Georg
Christoph Lichtenberg aus Göttingen einer der ersten
Blitzableiter in Europa angebracht worden ist.
Ein weiterer Sturm, vom 14. bis 16. Februar 1962,
machte Geschichte, vor allem durch die Sturmflut in
Hamburg. Im Umland von Hannover traf dieses zeit-
weise mit Orkanstärke auftreffende Unwetter insbe-
sondere die Windmühle in Steinhude. Dieser damals
im Eigentum eines Mühlenkonsortiums stehenden
und durch den Müller und Mühlenbauer Pare betrie-
benen Erdholländermühle fehlten nach dem Sturm
zwei Drittel des Flügelkreuzes und der Windrose.
Durch die Unwucht des Flügelkreuzes in Folge der
Beschädigungen schlug dieses um, die Flügelwel-
le sprang aus den Lagern und das 1863 beim Bau
der Mühle in Braunschweig-Broitzem aus Gusseisen
hergestellte Kammrad beschädigte dabei das Kap-
pendach bevor es selbst zerbrach. Aus dem Mühlen-
konsortium wurde nun 1963 der „Verein zur Erhal-
tung der Steinhuder Windmühle e. V." als der erste
Mühlenerhaltungsverein im weiten Umland. Durch
die Eintragung der Gemeinnützigkeit konnten Förder-
gelder für den Wiederaufbau der Mühle eingeworben
werden, was in damaliger Zeit noch selten war, denn
Windmühlen gehörten in den Köpfen Vieler eher zum
Überbleibsel einer zu Ende gehenden Wirtschaftepo-
che. Auch die durch die Gründung der „Vereinigung
der Wind- und Wassermühlen in Niedersachsen e. V."
seit dem Jahre 1957 vermittelten Beihilfen aus Denk-
malpflegemitteln in Hannover konnten schließlich den
Wiederaufbau der Steinhuder Windmühle, der im
Hauptteil bis 1964 erfolgte, aber noch bis 1968 dau-
erte, unterstützen. Die Reparaturkosten beliefen sich
nach fachkundiger Schätzung auf 20.583 DM, wovon
4.583 DM als Beihilfe beantragt worden sind. Der
originale Wortlaut der späteren Beschreibung nach
den gewährten Beihilfen lautete in Kurzform wieder-
gegeben: „Von obiger Reparatur sind durch Beihilfen
des Landkreises (damals Schaumburg-Lippe), der Ge-
meinde und des Mühlenvereins bereits Arbeiten in der
Höhe von 16.000 DM ausgeführt. Mühle verpachtet
und noch in Betrieb mit Windantrieb. Dach und Au-
ßenhaut sind zu erneuern. Die bisherigen Leistungen
des Windmühlenvereins sollten nicht unberücksichtigt
bleiben. Mühle erhaltungswürdig". In der Tat hat sich
diese durch die Beihilfen unterstützte Restaurierung
gelohnt, denn die Steinhuder Windmühle blieb noch
bis 1979 als letzte gewerblich betreibene Windmühle
der Region in Betrieb und ist nach neueren Restaurie-
rungsphasen 2004/05 wieder erneut als technisches
Denkmal in Betrieb genommen worden.
Zu den Unwettern, die noch heute vielerorts in man-
cher Munde sind, zählt der Orkan „Wiebke" vom 13.
November 1972. Dieser richtete, allerdings sehr regi-
onalbezogen, an Windmühlen zum Teil verheerende
Schäden an. In weiten Teilen Mitteldeutschlands, auf
dem Gebiet der DDR, wurden altersschwache Bock-
windmühlen in großer Anzahl stark beschädigt oder
zerstört. Auch in Ostfriesland waren die Schäden an
den Windmühlen teils verheerend. So lief beispiels-
Region und Stadt Hannover
In unserer Region waren diese Tage ebenso sehr kalt
und auch die Leine zeigte Eisgang. Dennoch entlud
sich am 15. Januar besonders über der Region nörd-
lich von Hannover ein Gewitter mit der für Winter-
gewitter typischen Heftigkeit. Parallel dazu setzte ein
Orkan ein. Mehrere Mühlen sind schwer beschädigt
worden. An der Bockwindmühle in Rethmar (Stadt
Sehnde) wurde ein Flügelpaar zerstört, die Mühle
blieb aber noch kurze Zeit mit dem anderen Paar in
Betrieb. An der Bockwindmühle in Dudensen (Stadt
Neustadt a. Rbge.), die kurz zuvor nach einem Unfall
des Müllers stillgelegt worden war, brach der marode,
noch aus Holz bestehende Flügelwellenkopf und das
gesamte Flügelkreuz stand aufrecht vor der Mühle.
Eine Tragödie, die bis heute in alle Einzelheiten ver-
bürgt ist, spielte sich an jenem Tag auf der Hollän-
derwindmühle in Mandelsloh ab. Die mit einem Ven-
tikanten-Flügelkreuz von 23 Metern Durchmesser
ausgestattete und mit modernsten Maschinen verse-
hene Mühle war damals die am besten eingerichtete
Windmühle weit und breit. An diesem Tag schlug ein
heftiger Blitz in die Flügel, zerstörte die Steuerung am
Wellkopf und im darauf beginnenden Orkan schlugen
die Drehhecks der Ventikanten zu. Die Mühle lief nun
mit rascher Geschwindigkeit unter der Bremse, bis das
Kammrad zu qualmen anfing. Dem diensthabenden
Müller, dem Schwiegersohn des Obermeisters Kirch-
hoff, blieb keine Möglichkeit zum Bremsen. Mit den
beiden in der Mühle befindlichen Walzenstühlen war
ein Abbremsen nicht möglich, denn bei Überlast flo-
gen sofort die Treibriemen von den Maschinen. Der
Läuferstein des noch in der Mühle befindlichen Schrot-
gangs war durch den Blitz, der sich seinen Weg über
das gusseiserne Getriebe nach unten suchte, aus dem
Gang geschmettert worden, nach einigen Zerstörun-
gen im Mühlengebäude durch die Wand gebrochen
und im Garten vor der Mühle zum Liegen gekommen.
Nach einigen erfolglosen Notbremsversuchen, die
der Mühle das Kammrad kosteten und den Müller an
der Hand verletzten, flogen von den Drehhecks der
Flügel Teile davon und zerstörten im Vorbeiflug noch
die Windrose, die entstandene Unwucht brachte die
Mühle dann aber zum Stehen. Der Windantrieb wur-
de danach nicht wieder aufgebaut. Noch heute kann
man in der erhalten gebliebenen Kappe eindrucksvoll
die Brandspuren des Kammrades erkennen. Der noch
heute im Garten liegende Stein des Schrotgangs be-
kam nach dem Unglück die noch vor einigen Jahren
lesbare Inschrift mit dem Datum des 15.01.1954. Die
Region in der Leineniederung war schon immer für
heftige Gewitter bekannt und so erscheint es nicht
verwunderlich, dass an der monumentalen St. Osdag-
Kirche zwischen 1782 und 1784 nach Vorgaben des
berühmten Experimentalphysikers Professor Georg
Christoph Lichtenberg aus Göttingen einer der ersten
Blitzableiter in Europa angebracht worden ist.
Ein weiterer Sturm, vom 14. bis 16. Februar 1962,
machte Geschichte, vor allem durch die Sturmflut in
Hamburg. Im Umland von Hannover traf dieses zeit-
weise mit Orkanstärke auftreffende Unwetter insbe-
sondere die Windmühle in Steinhude. Dieser damals
im Eigentum eines Mühlenkonsortiums stehenden
und durch den Müller und Mühlenbauer Pare betrie-
benen Erdholländermühle fehlten nach dem Sturm
zwei Drittel des Flügelkreuzes und der Windrose.
Durch die Unwucht des Flügelkreuzes in Folge der
Beschädigungen schlug dieses um, die Flügelwel-
le sprang aus den Lagern und das 1863 beim Bau
der Mühle in Braunschweig-Broitzem aus Gusseisen
hergestellte Kammrad beschädigte dabei das Kap-
pendach bevor es selbst zerbrach. Aus dem Mühlen-
konsortium wurde nun 1963 der „Verein zur Erhal-
tung der Steinhuder Windmühle e. V." als der erste
Mühlenerhaltungsverein im weiten Umland. Durch
die Eintragung der Gemeinnützigkeit konnten Förder-
gelder für den Wiederaufbau der Mühle eingeworben
werden, was in damaliger Zeit noch selten war, denn
Windmühlen gehörten in den Köpfen Vieler eher zum
Überbleibsel einer zu Ende gehenden Wirtschaftepo-
che. Auch die durch die Gründung der „Vereinigung
der Wind- und Wassermühlen in Niedersachsen e. V."
seit dem Jahre 1957 vermittelten Beihilfen aus Denk-
malpflegemitteln in Hannover konnten schließlich den
Wiederaufbau der Steinhuder Windmühle, der im
Hauptteil bis 1964 erfolgte, aber noch bis 1968 dau-
erte, unterstützen. Die Reparaturkosten beliefen sich
nach fachkundiger Schätzung auf 20.583 DM, wovon
4.583 DM als Beihilfe beantragt worden sind. Der
originale Wortlaut der späteren Beschreibung nach
den gewährten Beihilfen lautete in Kurzform wieder-
gegeben: „Von obiger Reparatur sind durch Beihilfen
des Landkreises (damals Schaumburg-Lippe), der Ge-
meinde und des Mühlenvereins bereits Arbeiten in der
Höhe von 16.000 DM ausgeführt. Mühle verpachtet
und noch in Betrieb mit Windantrieb. Dach und Au-
ßenhaut sind zu erneuern. Die bisherigen Leistungen
des Windmühlenvereins sollten nicht unberücksichtigt
bleiben. Mühle erhaltungswürdig". In der Tat hat sich
diese durch die Beihilfen unterstützte Restaurierung
gelohnt, denn die Steinhuder Windmühle blieb noch
bis 1979 als letzte gewerblich betreibene Windmühle
der Region in Betrieb und ist nach neueren Restaurie-
rungsphasen 2004/05 wieder erneut als technisches
Denkmal in Betrieb genommen worden.
Zu den Unwettern, die noch heute vielerorts in man-
cher Munde sind, zählt der Orkan „Wiebke" vom 13.
November 1972. Dieser richtete, allerdings sehr regi-
onalbezogen, an Windmühlen zum Teil verheerende
Schäden an. In weiten Teilen Mitteldeutschlands, auf
dem Gebiet der DDR, wurden altersschwache Bock-
windmühlen in großer Anzahl stark beschädigt oder
zerstört. Auch in Ostfriesland waren die Schäden an
den Windmühlen teils verheerend. So lief beispiels-