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Möller, Hans-Herbert [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Das Vieweg-Haus in Braunschweig — Hannover: Niedersächs. Landesverwaltungsamt, Heft 5.1985

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Hagen, Rolf: Die Gründung von Campes Schulbuchhandlung und die Übersiedlung des Vieweg-Verlages nach Braunschweig
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https://doi.org/10.11588/diglit.50503#0020
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um sich von dort weiter nach Lübeck zu begeben. Die Äbtis-
sin folgte ihr. Am 1. November traf man in Lübeck ein, reiste
aber schon am 4. weiter nach Hamburg. Von Ottensen, wo
die Herzogin noch einmal ihren sterbenden Gatten aufge-
sucht hatte, ging die Flucht weiter zur Schwester des däni-
schen Kronprinzen, der Herzogin von Holstein-Augusten-
burg. Es ist nun eine höchst merkwürdige Duplizität der Er-
eignisse, daß sich der Kaufmann Friedrich Vieweg am
31. Oktober in Rostock, wo ersieh „zeithero“ auch aufgehal-
ten hatte, einen Reisepaß ebenfalls für eine Fahrt von Ro-
stock über Wismar und Lübeck nach Hamburg ausstellen
ließ114. Am 10. November, dem Todestag des Herzogs,
wurde der Paß in Neumünster vom „Officier du jour“, einem
Herrn Sperling, abgezeichnet.
So lange sich keine weiteren Dokumente oder Anhalts-
punkte finden, wird natürlich jede Mutmaßung über die Ur-
sache dieses eigenartigen Zusammentreffens von Daten
und Orten Spekulation bleiben, aber daß es sich um puren
Zufall gehandelt habe, wird man wohl ausschließen können.
Sollte der Günstling des Herzogs mit dessen Familie gleich-
falls vor den Franzosen, die am 26. Oktober in Braunschweig
einrückten, geflohen sein? Um eine normale Geschäftsreise
wird es sich kaum gehandelt haben, denn für Geschäfte war
diese Zeit alles andere als günstig. Oder hatte Vieweg Ver-
handlungen mit dem Gefolge des Herzogs zu führen? Auch
der Kabinetts-Sekretär Eschenburg und der Legationsrat
Graf Gallatin sowie Viewegs Vertrauter Legationsrat Henne-
berg hielten sich in Hamburg auf.
Doch die Zeiten ändern sich, wer wüßte das nicht? Nur zwei
Jahre später wurde der ehemals Herzogliche Rat Campe am
Kasseler Hofe als Deputierter dem westfälischen Minister
Beugnot vorgestellt, „der nicht wenig erfreut war, in dessen
Person den philosophe celebre Immanuel Kant kennen zu
lernen“, der allerdings 1804 bereits das Zeitliche gesegnet
hatte115. Vieweg aber war als „Munizipalrat“ u. a. in der
Schloßbaukommission darum bemüht, mit Hilfe angesehe-
ner Berliner Künstler den Grauen Hof, die ehemalige Weifen-
residenz, in einen würdigen Wohnsitz für den König von
Westfalen, den Bruder Napoleons, zu verwandeln. Doch da-
mit beginnt ein neues Kapitel in der Geschichte des Vieweg
Verlages.

Literatur
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bis 1899. Braunschweig 1899.
Verlagskatalog von Friedrich Vieweg & Sohn in Braunschweig 1786
bis 1911. Braunschweig 1911.

Anmerkungen
1 „Promemoria“ v. 14. August 1798, Staatsarchiv Wolfenbüttel,
(künftig StA WF) 2 Alt 9166, BI. 49.
2 Es ging dabei um die Aufhebung des Verbots der Allgemeinen
Deutschen Bibliothek, die von Vieweg nach Riga vertrieben

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