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Möller, Hans-Herbert [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Schäden an Wandmalereien und ihre Ursachen: ein Forschungsprojekt des Bundesministers für Forschung und Technologie; aktuelle Vorberichte zu den ersten interdisziplinären Befunden — [Hannover]: Inst. für Denkmalpflege, Heft 8.1990

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Die Ev.-ref. Kirche in Eilsum
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Petersen, Karin; Krumbein, Wolfgang E.: Mikroorganismen beschleunigen den Zerfall mittelalterlicher Wandgemälde
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https://doi.org/10.11588/diglit.50505#0123
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werden. Es zeigte sich, daß diese Mikroorganismen im La-
boransatz sowohl Dextrin und Zellulose aber auch Kasein
verwerten können. Der Abbau der Fixative wird in den Abbil-
dungen 12 und 13 dargestellt. Unverbrauchtes Dextrin läßt
sich mit Jod-Jodkali blau/violett, Zellulose mit Chlorzinkjod
bräunlich anfärben. Um die Mikroorganismen herum erschei-
nen helle Bereiche, in denen das jeweilige Fixativ nicht mehr
nachweisbar ist. Dies gilt auch für Kasein. Die Trübung des
Nährbodens durch Kasein ist im Bereich um die Mikroorganis-
men herum verschwunden. Es erscheinen klare, kaseinfreie
Bereiche (Abb. 14).
Darüber hinaus ließ sich durch die zuvor erläuterte Methode
im Labor diesen Mischkulturen die Fähigkeit zur Carbonatlö-
sung zuordnen (Abb. 11). Mikrobielle Prozesse greifen somit
nachgewiesenermaßen in vielfältiger Weise in die Haltbarkeit
und leider auch in die Zerstörung von Wandmalereien ein.
Leider sind hier noch viele diese ersten Ergebnisse sichernden
Untersuchungen notwendig, ehe echte Schutzmaßnahmen
und vorbeugende Maßnahmen empfohlen und umgesetzt
werden können. Solche Maßnahmen müssen dann in engster
Zusammenarbeit mit den Restauratoren erprobt und umge-
setzt werden.
Möglichkeiten der Hemmung mikrobieller
Aktivität
Nach unseren Erkenntnissen sollte daher die Anwendbarkeit
von Bioziden geprüft werden. Erste Ergebnisse weisen darauf
hin, daß nicht wie bei Strzelcyk beschrieben10 eine universell
einsetzbare Methode gewählt werden kann. Die verschiede-
nen Populationen zeigten in.den Laborversuchen derart unter-
schiedliche Reaktionsmuster, daß hier grundsätzlich eine Prü-
fung für das jeweilige Objekt unter Berücksichtigung der mate-
rialtechnischen Anforderungen durchgeführt werden muß.
Vorsicht ist bei der Nutzung von Äthanol geboten. Selbstver-
ständlich zeigt Äthanol in höheren Konzentrationen zunächst
eine hemmende Wirkung. Dennoch weist bereits Eckhardt1
darauf hin, daß bei geringeren Konzentrationen dieses Lö-
sungsmittel auch Substratcharakter besitzt.
Ob die von Krumbein3 beschriebene UV-Sterilisation ein für
längerfristige Anwendung geeignetes Verfahren zur Begren-
zung mikrobieller Zerstörungsmechanismen darstellt, muß
erst in einem Langzeitversuch geklärt werden. Die besondere
Problematik liegt, neben der geringen Eindringtiefe im mögli-
chen direkten Angriff der Strahlen auf Pigmente und organi-
schen Materialien, im Materialverband.
Bewertung und Ausblick auf zukünftige
Untersuchungen
Die umfassenden mikrobiologischen Untersuchungen an der
mittelalterlichen Wandmalerei der Ev.-ref. Kirche in Eilsum er-
gaben den Nachweis einer intensiven mikrobiellen Schädi-
gung des Objektes. Eine Besiedlung durch Mikroorganismen
und somit ein mikrobielles Schadenspotential wird am natürli-
chen Standort jedoch nie völlig zu verhindern sein. Das Bei-
spiel Eilsum zeigt, daß die mikrobiellen Schadensmechanis-
men daher besonders bei allen Beurteilungen vor geplanten
Eingriffen, auch bei Notmaßnahmen, stets berücksichtigt wer-
den müssen. Aus dieser Erkenntnis heraus müssen präventive
Maßnahmen erarbeitet werden.

Zu den vordringlichsten Aufgaben für unsere Arbeitsgruppe
wird daher, neben der weiteren Erforschung der Schadensver-
läufe in enger Zusammenarbeit mit den anderen Verbundpart-
nern, die Erweiterung unserer Kenntnisse und die Ausarbei-
tung von Strategien zur Vermeidung oder zumindest Verringe-
rung der mikrobiellen Schädigung unter besonderer Berück-
sichtigung praxisbezogener Aspekte sein. Ein Hauptaugen-
merk muß hier, neben den zweifelsfrei wichtigen maltechni-
schen Anforderungen, auf eine mögliche Gefährdung des An-
wenders gelegt werden. Dieser besondere Aspekt sollte unter
Einbindung eines interessierten Arbeitsmediziners bearbeitet
werden. Das derzeit laufende BMFT-Verbundprojekt bietet die
einmalige Gelegenheit, die im Labor erzielten Forschungser-
gebnisse auch am Objekt zu überprüfen, und zwar sowohl
langfristig als auch unter der direkten Kontrolle durch versierte
Restauratoren. Dadurch ist stets die Rückkopplung gegeben,
die zu einer Verbesserung der Analysemethoden und zu
praxisorientierten Lösungsmöglichkeiten führen muß.
Anmerkungen
1 E. W. E Eckhardt, 1981: Zum Vorkommen von Pilzen auf Wandputz,
Fresken und Mörtel. In: H. J. Oel (ed.), Sitzung des Arbeitskreises
„Naturwissenschaftliche Forschung an Kunstgütern aus Stein”.
Zollern-Institut B. Deutschen Bergbaumuseum: März 1981.
85-90.
2 W. E. Krumbein and C. Lange, 1978: Decay of plaster, paintings
and wall material of the interior of buildings via microbial activity.
ln:W. E. Krumbein (ed.), Environmental Biogeochemistry and Geo-
microbiology. The Terrestrial Environment, vol.2. Ann Arbor
Science Publ. Inc., Michigan. 687-697.
3 W. E. Krumbein, 1983: Mikrobiologische Untersuchungen an Put-
zen, Farbanstrichen sowie Freskomalereien der Kirchen von Bar-
dewisch und Pilsum. In: H. J. Oel (ed.), Sitzung des Arbeitskreises
„Naturwissenschaftliche Forschung an Kunstgütern aus Stein”.
Erlangen: 87-107.
4 C. Giacobini, M. A. DeCicco, E.Tiglie, G. Acardo, 1988: Actinomy-
cetes and Biodeterioration in the Field of Fine Art. In: D. R. Hough-
ton, R. N. Smith and H. O. W. Eggins (eds.) Biodeterioration Vol.
7. Elsevier Applied Science. 418-423.
5 E. Bock, 1987: Biologisch induzierte Korrosion von Naturstein -
starker Befall mit Nitrifikanten. Bautenschutz und Bausanierung.
Heft 1. 24-27.
6 W. E. Krumbein, C. E. Schönborn-Krumbein, 1987: Biogene Bau-
schäden. Bautenschutz und Bausanierung. Heft 1. 14-23.
7 K. Petersen, G. Grote, W. E. Krumbein, 1988: Biotransfer of Metals
by Fungi isolated from Rock. In VIth International Congress on
Deterioration and Conservation of Stone. Nichholas Copernicus
University Press Department. Torun 12. - 14. 9. 1988. 111-119.
8 P. Raschel, 1985: Über Schädlingsbefall an Wandmalereien. Histo-
rische Technologie und Konservierung von Wandmalereien. Bern.
51 -58.
9 K. Petersen, D. D. Janssen, V. Schostak, K. Bode-Warscheid, W.
E. Krumbein, 1989: On the Influenced of Restoration Activities on
Microbial Biodeterioration of Mural Paintings. Proceedings of the
Congress of European Cultural Heritage, Bologna 1989 (in press).
10 A. B. Strzelcyk, 1981: Painting and Sculptures. In: A. H. Rose,
(ed.). Microbial Biodeterioration. Academic Press, London.
203-234.
Abbildungsnachweis
Karin Petersen.

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