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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 1.1883

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Nr. 11
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Schwarz, Franz Joseph: Praktische Winke für den Bau des Tabernakels und Tabernakelaltars, [2.2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15859#0095

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87

erste wesentliche Th eil ist die Umbella, die
das Sanktissimum schützende Bedachung,
der zweite der Vorhang der Rück- und
Seitenwände, beide von weißer Seide ge-
sertigt. Zur zweckdienlichen Befestigung
denken wir uns zwei aus hinlänglich kräf-
tigen Füßen aus Messingguß befestigte
Rnndstäbe von vergoldetem Messing, un-
gefähr 68 mm stark, welche über dem Fuß
und unterhalb des oberen Endes durch
zwei gleichstarke vergoldete Messingstäbe
nach Art eines Rostes rechtwinkelig unter-
einander verbunden werden. Das Behänge
der Rückseite hat Messingschlausen, welche
in die am oberen Messingstab laufenden
Messingringe eingehängt werden können.
Von derselben Höhe aus läuft ein mög-
lichst leichter, etwa 1,5 nr breiter Messing-
reis, anfangs, soweit die Seitenbehänge
reichen, in gerader Richtung nach vorn,
dann im Halbkreis schließend, an der
inneren Fläche mit Häkchen in genügender
Zahl versehen, um au ihnen sowohl die
Seitenbehänge als auch die Umbella be-
festigen zu können. Alle diese Messing-
znthaten sollen vergoldet, der Reis ent-
sprechend verziert sein, etwa in getriebener
Arbeit mit Motiven von Blumenornamen-
ten. Beschwerung mit Halbedelsteinen,
Bergkrystallen und Anderem ist nicht sehr
rathsam, damit das Gleichgewicht des gan-
zen Apparates nicht verrückt wird. Das
untere Ende der Umbella und der Behänge
soll mit Fransen oder sonst entsprechend
verziert sein. Höhe und Breite richtet sich
nach den Maßen des Thronus und der
Monstranz. Alles Weitere ist aus der
artistischen Beilage ersichtlich. Ein solches
Gerüste kann auch von Holz gefertigt und
polychromisch verziert und an passenden
Stellen vergoldet werden. Nur müssen in
diesem Falle die beiden Füße durch Ein-
gießen eines leichtslüssigen Metalls schwerer
gemacht, auch das Fußgestell erbreitert
werden, damit der Schwerpunkt nicht zu
weit nach oben verrückt wird.

-8. Dieselbe Art des Baldachins wird
bei manchen Renaissance-Altären das ein-
zige Auskunstsmittel bilden, Tabernakel
und Thronus vorschriftsmäßig einzurichten.
Durch die artistische Beil. Nr. 10 Fig. IV.
ist das veranschaulicht. Der übrige Auf-
bau dieses Renaissance-Altäres ist beige-
sügt, um einen Fingerzeig zu geben, wie

etwa eine Renaissance-Kirche mit einem
einfachen, aber durchaus würdigen Hoch-
altar versehen werden kann. Das Motiv
läßt sich, je nach der Größe der Kirche,
noch weiter und reicher ausbilden, z. B.
durch Beigabe eines zweiten Säulenpaares
und der daraus sich ergebenden Behand-
lung des halbkreisförmigen Abschlusses.
Mit solchen Altären ist auch die Möglich-
keit geboten, schönen und großen Altar-
gemälden den verdienten Platz einzu-
räumen.

9. Weit zahlreicher sind jedoch die Fälle,
in welchen die Konstruktion des Altars die
andere Art des Thronus, des verschließ-
baren nämlich, nothwendig macht. Bei-
spiele davon geben die artistischen Beilagen
Nr. 9 Fig. II A, B und C, sowie Nr. 10
Fig. III, jene im romanischen, diese im
gothischen Style. Ehe wir weiter davon
reden, müssen wir vorausbemerken, daß
Fig. II und III je einen doppelten Altar-
Entwurf geben, um Abwechslung in den
Aufsatz zu bringen. Die vertikale Halbi-
rungöliuie scheidet je die beiden Entwürfe
von einander, zeigt aber auch zugleich den
verschließbaren Thronus in seiner Doppel-
gestalt, links der Halbirungslinie die Hälfte
des offenen, rechts die Hälfte des geschlos-
senen Thronus und auf der Eousole Beil.
Nr. 9 Fig. II A 10 das bei geschlossenen
Thüren des Thronus ausgestellte Altar-
kreuz. Wir bemerken außerdem, daß bei
dieser Einrichtung die Exposition niemals
aus dieser für das Kreuz bestimmten Eonsole
statthaben darf, außer wenn ein nach oben
beschriebener Art gefertigter Baldachin auf
die Eousole gestellt und diese hiedurch zu
einem Thronus umgeschaffen wird. Dann
ist aber auch eine besondere Nische für
den Thronus überflüssig. Es dürste jedoch
nicht überflüssig sein, die ausdrückliche Er-
klärung beizufügen, daß dieser Behelf dem
Sinn der Kirche nicht vollkommen ent-
spricht und daß er nie in Fällen eines
Neubaus empfohlen, sondern höchstens
dann tolerirt werden kann, wo ein
schon vorhandener Altar nicht auf voll-
kommene Weise mit einem Thronus aus-
gestattet werden kann. Die Einrichtung
des geschlossenen Thronus ergibt sich von
selbst. Es wird zuerst eine Nische gebaut,
mit Grundriß im Halbkreis oder drei Sei-
ten des Achtecks, mit mnschelförmigem oder
 
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