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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 1.1883

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Nr. 11
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Schwarz, Franz Joseph: Bischofsstab und Kelch, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15859#0098

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mehr oder weniger auch vom Fuß, dem
Rohr und dem untern Theil der Cuppa.
Die Kunst wäre also ans die Technik des
Treibens und Ciselirens beschränkt, und
obendrein noch in sehr bescheidener Aus-
dehnung. Da kommt nun die Email-
malerei gerade recht, und zwar nach dop-
pelter Richtung, einmal als Ersatz der
durch den handlichen Gebrauch ausgeschlos-
senen technischen Hilfsmittel, dann als
Metall-Malerei. Ein goldenes oder silber-
nes Gefäß, das nicht durch fchön geformte
Abwechslung von Matt- und Glanzgold
oder durch plastisch erzeugte Abwechslung
von Schatten und Licht belebt wird, ist
einförmig, ausdruckslos. Diesem Uebel-
stande hilft die Farbe am besten ab. Es
ist daher ganz naturgemäß, daß der Kelch
von den ältesten Zeiten an ein gern itub
häufig gewählter Gegenstand der Email-
malerei gewesen ist. Spricht ja schon
Tertullian am Anfang des 3. Jahrhun-
derts von Gemälden an den Kelchen. An
zwei Stellen feiner Schrift de pudicitia
berichtet er, daß auf Kelchen das Bild des
guten Hirten, der das verlorene Schaf zur
Herde zurückträgt, abgebildet gefunden
werde. »A parabolis licebit incipias,
ubi est ovis perdita a Domino requi-
sita et humeris ejus revecta (Luc. 15,
4 sqq.). Proredant ipsae picturae ca-
licum vestrorum, si vel in iis perlu-
cebit interpretatio pecudis illius, utrumne
christiano an ethnico peccatori de resti-
tutione conliniet.« (cap. 7.) Ebenso in
cap. 10.: »pastor quem in calice de-

pingis.« Mögen diese Kelche von Glas
oder Metall gewesen sein, so waren die
Gemälde in beiden Fällen in Schmelzfarben
ausgeführt. Umfangreich wurde diese Be-
handlungsart besonders von der byzanti-
nischen Zeit an angewendet und blieb es bis
in das tiese Mittelalter herab. Noch in der
Zopfzeit hat man das gefühlt und durch die
so oft angewendete Porzellanmalerei diesem
Gefühl gerecht zu werden gesucht. Wir
sollten daher auch in diesem Feld der
kirchlichen Kunst wieder zu den gesunden
Prinzipien zurückkehren. Das ist nichts
Unerreichbares, sobald man die Forderung
also formulirt: „statt auf ungeeignete, dem
Gebrauch hinderliche, besonders architekto-
nische Verzierungen verwende man die
hiefür nöthigen Gelder auf die Email-

malerei; es wird auch die Technik des
Treibens zu Gunsten derselben mit Vor-
theil beschränkt werden dürfen." That-
sächlich wird dies darauf hinauslaufen,
daß alle diejenigen, welche mehr als einen
einfachen, dem bloßen Bedürfniß genügenden
Kelch anschaffen können, ülls Auge fassen
werden, ob sie nicht und wie weit sie zu
Email ihre Zuflucht nehmen können. Wir
haben noch Gelegenheit, darauf zurückzu-
konnnen, wie man auch ohne sehr erheb-
liche Kosten mit einfacher Technik Kunst-
gerechtes leisten kann.

Und nun über das Email unseres Kel-
ches nur noch einige Worte, da die dieser
Nummer angeschlossene artistische Beilage
uns einer längeren Beschreibung überhebt.
Er ist 0,225 m hoch, die Cuppa hat
0,116 m, der Fuß 0,187 m Durchmes-
ser. Hienach können die übrigen Verhält-
nisse berechnet werden. Das Email be-
ginnt mit dem Theil des Rohres, der
zwischen dem Nodus und dem Rohrkapitäl
liegt. Die cylindrische Fläche hat einen
Fond von weißem Email. Zwischen
emaillirten Blnmendekorationen liegen drei
Felder in Vierpaßform, von einem schma-
len Goldreif gebildet, der zugleich wie die
an die Oberfläche tretenden Metalltheile
die Gruben für das danach benannte Email
bildet. In diesen Vierpässen sind drei
symbolische Vögel, Pelikan, Taube und
Adler, eingravirt, der Fond des Vierpas-
ses ist rothbrannes, durchscheinendes Email.
Aehnlich, jedoch mit andern Blumendeko-
rationen und den symbolischen Thieren
Einhorn, Hirsch und Löwe, ist der unter
dem Nodus liegende Theil des Rohrs be-
handelt. Der Nodus hat zwar sechs,
jedoch nicht sehr ausladende, rundgeformte
Pasten, ist aber der Griffigkeit halber im
Uebrigeu ganz glatt; seine einzige Zierde
ist Email. In den Pasten sind die fünf
Buchstaben des Namens JESUS und ein
Kreuz silbervergoldet ans mattgrünem
Grunde. Die sechs Felder oberhalb und
unter den Pasten haben gothisches Laub-
ornament, silbervergoldet und ciselirt, aus
tiefblauem Emailgrund, je das zweite Feld
eine fünfblätterige Blume, weiß emaillirt,
Contonren Gold. Die sechs Felder des
Fußes stellen in silbervergoldeten, ciselirten
Bildern dar: Mariä Vermählung, Christi
Geburt, Flucht nach Aegpten, den zwölf-
 
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