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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 2.1884

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Nr. 4
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Festing, F.: Studien über Plastik, [5]: altchristliche Periode, 1. bis 10 Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.15860#0035

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31

aus der Leidensgeschichte des Herrn, wie
auch der Verrath des Judas, die Auf-
erstehung Christi, die Ermordung der un-
schuldigen Kindlein, die Geschichte der
Susauna und der Martyrtod des hl.
Stephan findet sich nur auf Sarkophagen
des südlichen Frankreich; letztere, obgleich
vielfach an die römischen erinnernd, unter-
scheiden sich überhaupt von diesen sowohl
durch den Inhalt der Skulpturen wie durch
die Behandlungsweise, den Styl und die
architektonischen Details. Die Museen zu
Arles, Lyon, Marseille, Aix sind reich an
südgallischen Särgen."

Man sieht, die christliche Kunst ist be-
züglich ihres Inhalts gerade in ihrem Be-
ginne eine mehr historisch-didaktische, als
bloß symbolische. Diese tritt immer nur
da ausschließlich ans, wo, wie am Beginne
der Kulturentwicklung eines Volkes, es an
einem von der Kunst erfaßbaren Inhalt
und den Mitteln einer geschulten Technik
fehlt. Letztere überkam die christliche Kunst
als das wenn auch schon stark depravirte
Erbe der Antike, den Inhalt lieferten die
Thatsachen des ganzen reichen Lebens Jesu
mit seinen zugleich echt menschlichen und
tief poetischen, wie zugleich wesentlich gött-
lichen Seiten, mit seinen höchst erhabenen,
das Gemüth erhebenden und befriedigenden
Ideen.

Die allerersten Anläufe der christlichen
Kunst nehmen freilich, sowohl bei den
Sarkophagen als in der Malerei, ihren
Ausgang vom Symbol. An: häufigsten
kommt das Kreuz und der Namenszug
Christi mit dem Alfa und Omega vor, sowie
das Lamm, zuweilen mit dem Kreuz, und der
Fisch, der ebenfalls Christus sinnbildet.
Der Pfau deutet auf die Unsterblichkeit,
die Tauben und Vögel, gewöhnlich neben
einer Vase, bedeuten die Seelen der Christen.
Der Weinstock, Palmbanm, Lorbeer ge-
hören ebenfalls hierher. Auch antike Aus-
drucksmittel werden angewendet. So ist
das Bild des Gastmahls von den heidnischen
Särgen und die Trauben lesenden und
kelternden Genien ans den bacchischen Dar-
stellungen herübergenommen und im bib-
lischen Sinne angewendet.

Doch sehen wir uns die hervorragendsten
der noch erhaltenen Särge an. Ein Sarko-
phag in St. Ambrosio in Mailand unter
der Kanzel, voll lebendiger Anklänge an

die alte Kunst, (Abb. in den Oesterr.
Denkmälern von Heider Bd. II.) zeigt
auf der einen Schmalseite Adam und Eva
beim Baume der Erkenntniß und andere
Szenen des Alten Testaments, sowie das
Christuskind in der Krippe zwischen Ochs
und Esel; auf der andern die Opferung
Isaaks mit klarer Beziehung auf den Opfer-
tod Christi. An der Vorderseite befinden
sich am Rande des Deckels in der Mitte
in einem Medaillon, von Genien gehalten,
die Brustbilder der beiden Verstorbenen,
links davon die drei Jünglinge, die das
Götzenopfer verweigern, rechts die drei
Weisen, wodurch ein sinniger Gegensatz
zwischen heidnischer und christlicher Gottes-
verehrung gegeben ist. Darunter sehen
wir in einem doppelt so hohen Fries
Christum aus erhöhtem Orte als Lehrer
unter den zwölf Aposteln vor dem Tempel
stehen, während zu seinen Füßen die zwei
Verstorbenen knieen.

In den christlichen Museen des Lateran
und in den Grotten des Vatikans befindet
sich eine Reihe solcker Sarkophage, welche
uns ziemlich ausgiebig den Stofs altckrist-
licher Kunstdarstellungen vorführen. Die
erftern stammen meist ans den Katakomben.
Einen der schönsten hat Lübke in seiner
Geschichte der Plastik (Bd. I, S. 376)
abgebildet. Zwei Reihen Reliefdarstellungen,
durch einen einfachen Gesimsbalken von
einander getrennt, ziehen sich an den Seiten-
wänden hin. In der Mitte der Haupt-
seite befindet sich der geschmackvolle Mnsckwl-
rahmen mit den Brustbildern der Ver-
storbenen, der fast vom obern Rande bis
zu lU in die untere Reliefreihe heruntergeht.
In der obern Reihe steht links vom
Medaillon der jugendliche Moses, die Ge-
setzestafeln aus der Hand Gottes empfangend,
daneben links ist die Verleugnung Petri
und am Eck die Auferweckung des Lazarus :
Christus streckt die Rechte gegen das antike
Grabmonnment aus, während die Schwester
des Lazarus in ausdrucksvoller Bewegung
ihm die Linke küßt; rechts vom Medaillon
sehen wir das Opfer Isaaks und am Eck
das gegen Gewohnheit so ausführlich mit
8 Figuren ^geschilderte Gericht Pilatus'.
Die untere Reihe zeigt von links nach rechts
Moses das Wasser aus dem Felsen schlagend,
dann 3 Figuren (Gefangennehmung Petri?),
Daniel zwischen zwei Löwen, dem Habakuk
 
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