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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 3.1885

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Nr. 6
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Restauration und malerischer Schmuck des Domes zu Eichstätt, [2]
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63

der Südseite besteht aus folgenden Bildern:
Ans zwei statuarischen Hauptfiguren, die
das Fenster flankiren ohne Nebenbilder:
St. Bonifazius, Oheim des hl. Willibald,
und Sola, Schüler des hl. Bonifazius, der
als Einsiedler in der Nähe Eichstätts in
einer Einöde lebte, die später den Namen
Solenhofen erlangte und heute noch durch
seine weltbekannten Lithographiesteine be-
rühmt ist. In den folgenden zwei Feldern
erscheinen se in der Mitte König Richard
und Königin Wuna, mit den königl. In-
signien, je von zwei Legendenbildern slan-
kirt: König Richard, wie er mit seinen
beiden Söhnen Willibald und Wunibald
eine Wallfahrt nach Rom unternimmt, und
wie er zu Lukka stirbt; neben W u n a —
sie selbst am Spinnrocken als züchtige Jung-
frau, der zu Füßen die Tante sitzt und
ihr aus dem hl. Buche vorliest; und wie
sie als fromme besorgte Mutter ihr todt-
krankes Knäblein, den hl. Willibald, dem
Herrn opfert. Die Nordseite schmücken
als statuarische Figuren mit ihren Neben-
bildern: dem Triumphbogen zunächst die
hl. Walburga, als Aebtissin vom
Kloster Heidenheim; zur Rechten ihre
Uebersahrt ans England aus stürmischer
See; — zur Linken die Sonne, wie sie
nahe ihrem Kloster den Hof eines Guts-
herrn betritt, und einen unbändigen Haus-
hund, der sie bedroht, mit ihrem hl. Blick
besänftigt. Dem todtkranken Töchterchen
des Nachbarn rettet sie durch ihr Gebet
das Leben. Der hl. Willibald, in der
Mitte im bischöflichen Ornat, tritt in den
Nebenbildern ans, als ostiarius auf monte
Cassino; — und als erster Bischof von
Eichstätt, dem der päpstl. Legate, der
hl. Bonifazius Ring und Stab als Zeichen
seiner neuen Würde übergibt. Den hl.
Wunibald sehen wir als Abt in statua-
rischer Gestalt in der Mitte des 3. dem
Polygon zugekehrten Felde und in den
2 Nebenbildern als seuereifrigen Verkünder
des hl. Glaubens und als Erbauer des
Klosters Heidenheim.

Die statuarischen Figuren haben einen
damascirten Teppich-Hintergrund und mehr
oder weniger reich verbrämte faltenreiche
Gewandung, die Nebenbilder einen kräftig
tiesrothen ornamentirten Hintergrund und
sind einfacher in der Ausführung. Leicht
in Farbe gelegt dient in allen Figuren

die Farbe selbst als Zeichnungsmittel für
die Contouren und die Schattirung, die
an keiner Figur und keinem Gegenstände
fehlt, aber nur schwach zur Anwendung
kommt, so daß die Zeichnung immer do-
minirt, wodurch Bild und Architektur in
einen so vollkommenen Einklang treten, wie
sie seit Wiederbelebung der monumentalen
Wandmalerei kaum besser gesunden werden
dürfte. Gleichwohl macht das Figürliche
den Eindruck, als ob es seine letzte Voll-
endung noch nicht erhalten habe, zumal
bezüglich des Ausdruckes der Figuren. Sie
tragen innnerhin einen hohen edlen Ernst
an sich, aber weniger den milden hl. Ernst,
der uns an den alten Figuren des Altares
so erhebt. Ein frischer lebensfroher Geist
durchweht die herrlichen Gebilde, aber mit
einem nicht unbemerkbaren Anflug von Ro-
mantik, während Komposition und Zeich-
nung von der seltenen Begabung und Form-
gewandtheit des Künstlers Zeugniß geben.
Näher diesem heiligen Ernste treten die
beiden großen Bilder, die aus der Süd-
und Nordseite über den reich dekorirten
großen Uhrblättern in dem mittleren Schild-
bogen sich befinden, das eine über der
statuarischen Figur des hl. Richard, das
andere über der des hl. Willibald. Ueber
dem Uhrblatt aus der Südseite thront Gott
Vater aus den Wolken als Schöpfer der
Welt. Die Krone auf dem Haupte, die
Arme, über welche ein faltenreicher Man-
tel niederfällt, segnend ansgebreitet schaut
er mit dem Ausdruck hoher Würde und
Befriedigung nieder aus sein Werk und
sieht, daß Alles gut ist. Sterne umkreisen
die hohe Gestalt, Sonne und Mond stehen
ihr zu Seiten und zu ihren Füßen, in
Mitte des Uhrblattes erscheint die Erde
mit Adam, dem Stammvater des Menschen-
geschlechtes und mit Repräsentanten der
Thierwelt. — Ueber dein Uhrblatte aus
der Nordseite sehen wir die hohe Gestalt
des Weltenrichters voll Macht und Milde
aus dem Regenbogen sitzend, die Füße auf
die Erdkugel (im Innern des Uhrblattes:)
wie ans einen Schemel gesetzt. Ein Man-
tel, durch eine Schließe auf der Brust zu-
sammengehalten, bedeckt zur Hälfte den
nackten Oberkörper und fällt im schönen
Faltenwurf über dem Schooße zusammen.
Die Rechte ist erhoben wie zum Segen
der Gerechten, die Linke abwehrend nach
 
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