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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 3.1885

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Nr. 10
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Festing, F.: Studien über Plastik, [7]: 10. bis 13. Jahrhundert. Der romanische Stil
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https://doi.org/10.11588/diglit.15861#0105

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101

triumphirende Kirche mit Fahne und die
besiegte Synagoge. Eine von der Abtissin
Theophano geschenkte TafelvomJahre 1054,
faßt ein breiter Goldblechrahmen ein, dessen
getriebene Arbeit noch mit zierlichem Fili-
gran und Edelsteinen geschmückt ist, ein
sprechendes Beispiel prächtiger Ausstattung
der hl. Bücher.

Auf die andern noch vorhandenen ein-
zelnen Werke vom Stile des 10. und 11.
Jahrhunderts können wir nicht näher ein-
gehen.

Neben dem Elfenbein gelangen schon
früh besonders die Edelmetalle zu
künstlerischer Verwendung. Und wieder sind
es vor allem kirchliche Gegenstände, der
Altar, die hl. Gefäße und Geräthe, zu
deren Herstellung und Schmuck sie dienen.
Gerade wegen des Geldwerthes ihrer Stoffe
sind wohl die meisten zu Grunde gegangen,
wenn man auch noch in mancher Kathedral-
und ehemaligen Abteikirche heutzutage ein-
zelne Prachtstücke an Kelchen, Kruzifixen
und andern Stücken findet. Am reichsten
wurde gern der Altar, besonders die meusu,
durch werthvolle Antipendien geschmückt,
die aus getriebenen Platten, Goldblech, mit
Reliefs, Emailbildern, Ornamenten von
Filigran und kostbaren Edelsteinen herge-
stellt wurden. Nicht minder reich wurden
oft die Ciborien, die den Altar umgebenden
Baldachine, ausgestattet; sie ruhten ans
Säulen, reich geschnitzt und mit Metall-
platten umgeben, während die Bögen und
Decken Knpferplatten, vergoldet uub silber-
getäfelt, bekeideten. — (Siehe W. Wacker-
nagel: die goldene Altartafel von Basel,
mit Abbildungen, Basel 1857). Die me-
tallenen Kruzifixe, von denen jetzt noch
viele vorhanden, wurden wohl in Folge
ihres allgemeinen Gebrauchs mehr hand-
werksmäßig hergestellt. Dagegen verwendete
man in der spätromanischen Zeit aus die
kostbaren Reliquienschreine viel Kunstfleiß.
Sie haben meist eine architektonische Gestalt
und Gliederung, zeigen an den Seiten
unter Säulenbogen die Figuren des Heili-
ligen, dessen Reliquien sie enthalten, Christi,
Mariens und der Apostel in getriebener
Arbeit, auf dem dachartigen Deckel Reliefs
und Medaillons, aus allen Flächen reichen
Ornamentschmuck, Emaillen, Edelsteine und
antike Gemmen. Die meisten finden sich
am Rhein; die prachtvollsten sind: in Köln

der Schrein der hl. 3 Könige vom Jahre
1198, andere in St. Marien, St. Ursula
und Severin; in Deutz der St. Heribert-
kasten; in Aachen der Schrein Karls deö
Großen; in Hildesheim der des hl. Gode-
hard ; in Goslar und a. a. O. Auch das
schönste der erhaltenen Antipendien mit zier-
lichen Ornamenten in Email, welches vom
Ende deö 12. Jahrhunderts in Komburg
bewahrt wird, sei hier erwähnt.

Wie in der Goldschmiedekunst so wurden
die Deutschen auch in der Gießkunst ver-
hältnißmäßig früh erfahren und berühmt.
Am bekanntesten dürften wohl die beiden
ehernen Thüren des Domes zu Hildesheim
und Augsburg sein. Erstere ein Werk des
Bischofs Bernward, laut Inschrift vom
Jahre 1015, also das älteste datirte Denk-
mal deutscher Plastik, zeigt auf 16 vier-
eckigen Feldern einerseits von oben nach
unten Scenen aus der Schöpfungsgeschichte,
anderseits von unten nach oben solche aus
der Erlösung. Bei diesen Reliefbilderu
fühlt man so zu sagen seheud das energische
Ringen einer jungen Kunst. Die Kompo-
sition ist noch dürftig, die Zeichnung der
antik bekleideten Figuren mangelhaft; beson-
ders sind die dicken glotzäugigen Köpfe der
mit dem Oberleibe aus der Platte sich zu uns
herausneigendeuGestalten nichts weniger als
anmuthend. Und doch erfreuen diese Dar-
stellungen durch eine gewisse naive Frische,
durch poetisch lebensvolle Auffassung, ja
dramatische Züge, die mit wenigen Figuren
aber sprechenden Motiven zu schildern
wissen. Der angewandten Technik wegen,
mittels deren man schon damals einen
so bedeutenden Erzguß herzustellen ver-
mochte, können wir das monumentale Werk
nur bewundern. Die Flügelthür des Augs-
burger Domes enthält in 4 Reihen 32
Darstellungen, alttestamentliche und symbo-
lisirende (ursprünglich aus zwei verschiedene
Pforten vertheilt) untereinander mischend.
Die Reliefs sind ganz flach gehalten, mehr
wie gezeichnet, nach Art der Grabplatten, und
verrathen in Haltung und Gewandung der
zum Theil anmuthig bewegten Gestalten
antike Auffassung. Nicht minder merk-
würdig ist die vom genannten Bischof ge-
gossene eherne Christus-Säule, nach alten
Nachrichten errichtet im Jahre 1022. Sie
steht gegenwärtig aus dem Domplatze in
Hildesheim und mißt ohne das neue Kapitäl
 
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