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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 1
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Relpek, Eugen: Wie man baut, wo man kein Geld hat
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https://doi.org/10.11588/diglit.15862#0014

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10

Mit dem Geld, das wir noch nicht haben,
das wir aber hätten auch für die anderen
Projekte ansbringen müssen. Ja, daß ich
es recht sage, mit der Hälfte der Mittel,
die wir, höchst unvorteilhaft, in fremde
Lokale hineingesteckt hätten, erbiete ich mich,
Sie in den Besitz eines eigenen Gottes-
hauses zu setzen, wofern Sie aus meine
Vorschläge eingehen wollen.

„Und diese Summe beläuft sich . . . ?"

Auf 5000 M. für den Rohbau. Soviel
verspreche ich, aufznbringen. Damit hoffe
ich zwar nicht einen großartigen Ban, mit
dem wir doch nichts anzusangen wüßten,
den wir, wenn ein anderer ihn bezahlte,
nicht einmal aus eigenen Mitteln unter-
halten könnten, wohl aber eine würdige
gottesdienstliche Stätte mit Licht und Lust
und hundert Sitzplätzen, oder vielmehr den
soliden Rohbau hiesür herzustellen; für
die innere Ausstattung wird, wenn einmal
das Gebäude da ist, Gott schon sorgen.

„Es ist leider nicht möglich, bemerkte
kleinlaut der Baumeister, mit 5000 M.
eine Kapelle in der Größe, wie wir sie
brauchen, m a s s i v aufzusühren. Quader
behauen kostet Geld; zudem eignet sich
unser Sandstein wegen seiner Rauhigkeit
und seiner Eigenschaft, Wasser zu ziehen,
nur für den Sockel. In nächster Nähe
unseres eventuellen Bauplatzes sind zwar
trockene Steine §u finden, jedoch in so
kleinen Stücken, daß sie nur zum Aus-
mauern von Riegeln taugen. Der Bezug
von Backsteinen aus weiter Ferne ist für
uns zu theuer. So weist denn alles aus
einen Fach werkbau hin!"

„Fachwerk! Eine Kirche von Fachwerk!
Wo ist das je erhört worden! Aber das
ist ja gar nicht monumental! Das wird
keinesfalls von der Behörde genehmigt!"
— so rief es von allen Seiten.

Prüfen wir alle diese Einwände der
Reihe nach, nahm der Vorsitzende wieder
das Wort. So unerhört, wie Sie meinen,
ist die Verwendung von Holz zu Kirchen-
bauten nicht. Ich selbst sah eine alte sehr
geräumige Holzkirche, wenn ich mich recht
erinnere, in Honsieur, an der abgesehen
von dem Unterbau gar keine Steine ver-
wendet sind. Ist nun dies der Fall in
einer Gegend, wo es an anderweitigem
Baumaterial nicht fehlte, um wie viel mehr

dürfen dann wir zum Fachwerkbau greisen,
die wir von schönstem und wohlfeilstem
Bauholz umgeben, an Bausteinen aber arm
sind. Eine Bauweise, die aus dem Be-
dürfnisse und aus der Natur der betreffen-
den Gegend herausgewachsen ist, trägt ihre
Berechtigung, ob sie auch als eine Neue-
rung erscheint sin sich selbst. Zwar bin
ich keineswegs so Barbar, daß ich nicht
eines jener mittelalterlichen Kirchlein mit
malerischen Chorabschluß und reichem Netz-
gewölbe, mit durchbrochener Thurmpyra-
mide und zierlicher Steinmetzarbeit dem
meinigen weit vorziehen würde; aber was
Hilst mir die schönste Gothik, wenn ich
ihre Spitzbogen, ihre Fialen und Krabben
nicht bezahlen kann und wenn mich aus
den Augenhöhlen der Wasserspeier eine
unerschwingliche Bauschuld angrinst! Für
uns handelt es sich nicht darum, etwas
Zierliches zu bauen, sondern überhaupt
zu bauen und nach Maßgabe unserer Mittel
zu bauen. Darum bleibt auch für uns
von der Forderung des Monumentalen,
die Sie aufzustellen beliebten, nur der
Begriff des Dauerhaften, ohne welchen
allerdings kein Kirchenbau, auch der be-
scheidenste nicht, denkbar ist. Dauerhaft
aber ist ein Fachwerkbau, der sich in den
Grenzen des unsrigen hält, dauerhafter
sogar als ein Backsteinbau von nicht ganz
gutem Material.

„Einverstanden," sagte der Baumeister,
„vorausgesetzt, daß die Riegelwände aus
einen massiven Sockel von 1 m. Höhe zu
stehen kommen, aus starkem Holz herge-
stellt und wenigstens ans den drei am
meisten ausgesetzten Seiten verschindelt
werden. Denn der Genius loci Neuen-
bürgs ist feucht. Eine Verblendung hält
in solcher Lage nicht. Sie bekommt Risse
und werden diese nicht sofort und immer-
fort ausgebessert, so fault der Balken, der
unter der Gipsdecke nicht trocknen kann —-
und das übertünchte Grab ist da — wäh-
rend ein Schuppenpanzer aus Schindeln
die Wände wetterfest, und wenn die Schin-
deln , vom Anstrich feucht, mit feinem
Sand bestreut und nachher noch 1—2 mal
angestrichen werden, auch einigermaßen
feuerfest macht. Mit Recht wird deshalb
diese gefällige und haltbare Verschalung
bei uns auch innerhalb Etters mehr und
mehr angewandt. Für unser abgesondertes
 
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