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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 6
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Schnütgen, Alexander: Wandbekleidung mit Thonfliesen, [1]
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61

sie ganz außergewöhnlich reiche Mittel,
besonders, wenn eine farbige Wirkung er-
zielt werden soll, also mehrfarbige fremde
Marmorarten zu Hilfe genommen werden
wollten, wie im Dome zu Parenzo. Auf
diese Wirkung kann aber, wo eine polychrome
Behandlung des ganzen Inneren bereits
ausgeführt, oder auch nur beabsichtigt ist,
nicht wohl verzichtet werden. H Selbst die
Ausstattung mit dnnkelrothem, von hori-
zontalen gelben, grau bordirten Streifen
durchbrochenen Marmor, welche eine Kapelle
des Dekagons von St. Gereon in Köln
neuerdings erfahren hat, erscheint dem
übrigen dekorativen Reichthnm gegenüber
etwas dürftig. Daß dieselbe in der stark
halbkreisförmigen Coucha durch schmale
Vertikalstreifen hergestellt wurde, also unter
Verzicht auf die runde Form, gereicht ihr
und ihrer Wirkung nicht zum Vortheile,
war aber wohl durch die Rücksicht auf die
Kosten unbedingt geboten.

Der stucco lustro ist ein würdiger
Ersatz des Marmors, aber auch er ist nicht
wohlfeil herzustellen und nicht geeignet der
Feuchtigkeit Trotz zu bieten. Hieran aber
leiden gerade die unteren Theile der Kirchen-
wände sehr häufig, die der mittelalterlichen
Kirchen fast ausnahmslos. Sie spottet in
der Regel allen Versuchen, durch Kanäle
und Luftlöcher abgeleitet, oder durch Ver-
putz, mag er selbst in Asphalt bestehen,
zurückgedrängt zu werden. Auch die solideste
Wachsmalerei wird ihr bald zum Opfer
fallen und es ist ein wahrer Jammer,
welchen Anblick die unteren Kirchenwände
meistens schon wenige Monate nach ihrer
neuen Bemalung bieten. Große Salpeter-
flecken brechen überall durch und der
Schimmel ist dort in Permanenz. Wollte
man diese partim honteuses durch Tep-
piche verdecken, so würde man damit einer-
seits das Nebel nur .noch verschlimmern,
anderseits diesen selber große Gefahren be-
reiten, selbst wenn man sie in angemessener
Entfernung von den Wänden aufhängen
und die übrigen Vorsichtsmaßregeln treffen
würde, die in dem betr. Artikel bereits

ft Wir stimmen hierin mit dem hochgeschätzten
Herrn Mitarbeiter nicht ganz überein, glauben
vielmehr, daß, je reicher die Oberwände in Farben
gekleidet sind, umsomehr auf mehrfarbige Deko-
rirung der Unterwände verzichtet werden kann
und soll, namentlich im Interesse der Ruhe des
Gesammteindruckes. Die Red.

vorgesehen fttib.2) Abgesehen von diesen
Schwierigkeiten, sowie von den dort eben-
falls nicht unerwähnt gelassenen Um-
ständlichkeiten ihrer Bewahrung und Reini-
gung, sind Teppiche, wenn sie von solidem
Material und würdig, gar kunstvoll
ausgestattet sein sollen, eine kostspielige
Anschaffung. Sie wird noch erhöht durch
den Umstand, daß sie in mehreren
Exemplaren, weil in mehreren Farben vor-
handen sein müssen, aus Rücksichten auf
die Liturgie, aber auch auf die Abwechselung,
ans die nun einmal bei allem nicht monu-
mentalen Schmuck, nicht verzichtet werden
kann. Im günstigsten Falle eignen sich
Teppiche aber nur für die Ausstattung der
Chorwände. Diese aber bedürfen eine
solide Bekleidung in der Regel nicht in
dem Maße, als die Umfassungsmauern der
Seitenschiffe, welche gewöhnlich von der
Feuchtigkeit noch mehr angegriffen, immer
aber der unmittelbaren Berührung durch
die Besucher, um nicht zu sagen, deren
Mißhandlungen ansgesetzt sind. Für sie
muß namentlich ein durchaus haltbares, leicht
zu reinigendes, finanziell erschwingbares,
künstlerisch zu behandelndes Bekleidungs-
material besorgt werden, wenn anders
unsere Kirchen auch die reich dekorirten,
in ihren unteren Partieen aufhören
sollen, beständigen Reparaturen und Er-
neuerungen zu unterliegen, oder den Ein-
druck der Häßlichkeit und der Verwahr-
losung zu machen.

Ein solches aber dürfte sich in beit
gemusterten Thon fliesen bieten. Diese
erreichen, im Feuer gebrannt, einen hohen
Grad von Festigkeit und bis zur Frittung
(Verglasung) gebracht eine solche Wider-
standskraft, daß sie an gleichmäßiger Härte
von keinem natürlichen Materiale erreicht,
sich sogar als Bodenbelag in vorzüglichem
Maße eignen. Da sie gut vermörtelt aus
jeder Wand, sei sie noch so feucht, mit
absoluter Festigkeit haften und vermöge
ihrer Härte die Feuchtigkeit vollständig
zurückdrängen, dazu jeder Musterung fähig
sind, der plastischen sowohl, wie der male-

ft Wir geben bierin dem Hrn. Vers. Recht für
solche Fälle, wo die Nässe und Salpetrirung
bereits einen enormen Grad erreicht hat, halten
aber dafür, daß Teppiche sich noch hatten können,
ohne zu verderben und ohne die Wassersnchts-
krankheit der Mauer zu steigern, >vo die Malerei
längst nicht mehr zu halten vermag. Die Red.
 
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