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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 9
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Prill, Joseph: Grammatik der kirchlichen Baukunst, [11]: Eindeckung der Kirchengebäude
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https://doi.org/10.11588/diglit.15862#0090

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86

zu erzielen, ohne den Balken eine größere
Last aufzubürden. Die nach diesem Grund-
gedanken gebildeten Holzdecken haben die
Balken so mit einander verspannt, daß sie
viereckige Zwischenräume frei lassen, die
dann in ähnlicher Weise wie in Fig. 84,

Fig. 84. Antike Stcindcckc. Nach Hübsch, I, 2.

meist aber nur durch ein solches vierecki-
ges Kästchen (Kassette) oder auch, wie es
dem Holz entspricht, in anderer reicherer
Verzierung, ausgefüllt sind. Weil aber
bei dieser Anordnung die Hanptbalken durch

Fig 85. Decke aus der Kirche zu Großsühen
bei Göppingen.

das Einschneiden der Ouerbälkchen sehr-
geschwächt wurden, mußten sie an den da-
rüberstehenden Dachstnhl angehängt werden;
und das führte dann wieder zur Ersetzung
der Balken durch leichtere Leisten, wie das

Fig. 86. AuS Kloster Alpirsbach.

ben. Im Mittelalter gab man den Holz-
decken in kirchlichen Gebäuden gern Bogen-
form. So zeigt Fig. 86 eine gothische,
im Stichbogen (== Bogen, welcher kleiner
als ein Halbkreis ist) gewölbte Decke, bei
der die Balken in der Längenrichtung liegen.
Gewöhnlich je-
doch brachte man
in solchen Fäl-
len hölzerne
Querrippen an,
aus die sich die
geraden, mit
Ruth und Feder
ineinanderqreif- Fiß. 87. Halbkreisförmiges Stein-
enden Bretter ^wölbe.Tonnengewölbe).

der Verschalung
legten.

Man gab der
Decke auch gern
die Gestalt eines
Tonnen-oder spitz-
bogigen Gewölbes
(ähnlich den Fig.

87 und 88 gezeich-
neten Steingewöl- Fig. ss. Spiybogigcs
ben), wobei man Steingewölbe.

auf denselben Mauern eine größere Höhe
des Raumes erzielte und zugleich die
Nippen mit den Balken und Sparren

der hohen mittelalterlichen Dächer verbin-
den konnte.

In welcher Weise die Balken und Leisten
verziert zu werden pflegten, erhellt zur Ge-
nüge ans Fig. 89. Besonders beachtens-

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Fig. 89. a und b gothische Balken und Leisten
aus Ueberlingcn. c gothischer Balken aus dem
Rathaus zu Ueberlingcn. 6 Rcnaissanceleistc von
einer Decke zu Ulm.

in Fig. 85 dargestellte ganz einfache Bei-
spiel zeigt. Dasselbe, welches der Renais-
sance angehört, ist zugleich ein Beweis
dafür, wie auch neben dem ansgebildetsten
Gewölbeban doch die Hauptdecken auch für
kirchliche Gebäude stets in Gebrauch blie-

werth ist hier die Art, wie im gothischen
Stil die Leisten profilirt werden: die un-
teren Kanten werden abgeschrägt und durch
Holzkehlen, Rnndstäbe u. s. w. reich belebt.
(Fortsetzung folgt.)
 
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