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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 10
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Prill, Joseph: Grammatik der kirchlichen Baukunst, [12]: Gewölbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.15862#0102

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98

dicke, hinausgeht; wird sie tiefer, etwa um
mehrere Bogeutiefen, so heißt sie G e-
wölbe. Ein einfaches Gewölbe kann
man sich daher so entstanden denken, daß
mehrere gleiche Bogen ohne Unterbrechung
und Scheidung hin-
tereinander gestellt
worden sind. Zur
nähern Veranschau-
lichung diene Fig.

90. Dieselbe zeigt
bei a den Grund-
riß eines Theils der
Mauer u. der Wöl-
bung, bei d den
halben Querdurch-
schnitt der Kirche,
beicdendem Grund-
riß a entsprechen-
den Längendnrch-
schnitt, welcher die
Wölbung, von der
Mitte aus gesehen,
darstellt. Die mit
aahbezw.Dunda")
bezeichneten vortre-
tenden Theile sind
Bögen, das Ganze
ein Gewölbe, und
zwar ein Tonn en-
gewölbe, so genannt,
weil es die Gestalt
einer der Länge nach
halb abgeschnittenen
Tonne hat. Fig. 87
zeigt ein solches
Tonnnengewölbe in
der Perspektive von
oben. Die einzel-
nen Schichten dieser
Wölbung laufen,
wie aus Fig. 90 bei
c ersichtlich ist, in
geraden Linien fort,
nur liegtjede Schicht
wegen der Krüm-
mung der Wölbung
in einer anderen
Ebene. Schmale
Bögen, wie die mit a a bezeichneten, legt man
sehr gern unter größere Tonnengewölbe,
einestheils um dieselben zu verstärken, dann
aber auch, um eine für das Auge wohlthuende
Theilnng der großen Flächen zu erzielen.

Fig. 90. Kirche zu Montbron (Charente).
(XII. Jahrh. Nach Bannvot.)

Wf-m

Fig. 91. Aus dem Tempel zu Baibeck. (Römisch.)

Weil sie sich von einer Mauer zur anderen
quer über die Mauer legen und die Mauern
gleichsam zusammenbinden oder gürten,
nennt man sie gewöhnlich Gurtbögen
oder einfach Gurten.

Auch in spitzbogi-
ger Form kommen
Gewölbe wie das
eben besprochene vor
ss. Fig. 88), jedoch
fast nur in unter-
geordneten schma-
len Räumen; zur
Ueberdeckung einer-
ganzen Kirche sind
sie nur in wenigen
Fällen im 12. Jahr-
hundert angewendet
worden, wie z. B.
in der Kathedrale
von Autnn.

d) Die Römer
machteninihrenRie-
senbauten von den
halbrunden Ton-
nengewölben den
ausgiebigsten Ge-
brauch und über-
deckten damit Räume
von ganz gewaltiger
Ausdehnung, wie
heute noch die Reste
der römischen Bä-
der, der Kaiserpa-
läste u. a. beweisen.
Ein Beispiel weist
auch Fig. 91 ans, in
welcher der halbe
Querschnitt, ein
Theil des Längen-
schnittes und ein
Theil des Grnndris-
es der inneren Wand
vom Tempel zu Bal-
beck dargestellt sind.
Auch hier legen sich
Gurten unter die
Wölbung, diese
selbst ist aber auch
nicht ans gleichmäßigen Schichten erbaut,
sondern besteht, wie es in den Prachtbauten
der Römer fast immer der Fall war, gewisser-
maßen aus einem gewölbten Netz oder Ge-
rippe, zwischen welchem Räume offen gelassen
 
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