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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 5.1887

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Nr. 9
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Prill, Joseph: Grammatik der kirchlichen Baukunst, [21]
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Keppler, Paul Wilhelm von: Fra Giovanni da Fiesole, [4]: der Engel der kirchlichen Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.15863#0083

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79

bogen aufgesetzten Giebel (Windberge,
Wimperge), eine Anordnung, die anch zu-
weilen auf die Fenster übertragen wird.

Fig. 117. Bogcnprosil zu 145.

Nehmen die Thürösfnungen größere Aus-
dehnung an, so werden sie durch einen
Pfosten in der Mitte getheilt.

Wie die Fa<;ade überhaupt — gewisser-
maßen das Gesicht oder Titelblatt der
Kirche — bei größeren Werken mehr ge-
schmückt wurde, so pflegte man namentlich
die Portale durch verschwenderischen Reich-
thum an Gliederungen, Laubwerk und Fi-
guren anszuzeichnen. In der späteren
Gothik werden, wie überall, so auch hier
die Gliederungen magerer und trockener,
die Kehlen weit und die Gräte spitz, und

Fig. 148. Thür am Mesncrhaus in Frciburg
(nach Rcdtcnbachcr).

die Gliederungen dnrchschneiden sich an der
Spitze und wo sonst Gelegenheit dazu ist,
gegenseitig; dagegen bietet die Spätgothik

für untergeordnete Thüren manche neue
und anziehende Formen, wie z. B. Fig. 148.
Der Gedanke dieser Gestaltung, die auch
ein kräftiges und schönes Profil zeigt, und
in der Spätgothik sehr häufig ist, geht aus
von der oben erwähnten Anordnung der
Kragsteine.

Zum Schlüsse sei noch erwähnt, daß
sich mitunter dem Portale nach außen eine
Laube vorlegt, deren Architektur dann in
höchst zierlicher und anmutiger Weise ans-
gebildet wird. (Fortsetzung folgt.)

^ra Giovanni da Kesole,

der Engel der kirchlichen Malerei.

Bon Prof. Dr. Keppler.

(Fortsetzung.)

Wenn wir von dem verdorbenen und
übermalten Kreuzbild im Refektorium des
Klosters San Domenico in Fiesole ab-
sehen, so bleiben uns noch sieben Darstel-
lungen des Gekreuzigten, welche in den
Korridoren, den Zellen und dem Refekto-
rium des Klosters San Marco sich finden.
Auf dem einen derselben assistirt niemand
dem heiligen Opfer, als der hl. Domini-
kus, welcher in Glaube, Anbetung, Stau-
nen, Liebe und Mitleid sich ganz in dessen
unergründliche Geheimnisse versenkt hat,
vor dem Kreuz in die Kniee gesunken ist
und mit seinen Armen es umklammert, den
Blick unverwandt auf das Antlitz des
großen Sterbenden geheftet, als wollte er
seinen Körper nie mehr trennen von dem
blutüberrieselten Kreuz und als wollte er
seine Seele für immer nntertanchen in der
Betrachtung des Wunders der Liebe. Na-
mens seines Ordens und der ganzen Chri-
stenheit scheint der heilige Ordensstifter am
Kreuze Todtenwache zu halten; sein Bei-
spiel und Vorbild ist die eindringlichste
Einladung, znm Kreuze zu kommen und
beim (Gekreuzigten zu weilen. Dann wie-
der ist der Kreis der Ehrenwache auf
Golgatha erweitert und dem Kreuz des
Herrn sind die beiden andern beigegeben;
mit weit ausgebreiteten Armen scheint der
hl. Dominikus unwillkürlich die Haltung
seines Herrn und Meisters nachzubilden,
während Maria aufrecht sich ganz dem
Kreuze zuwendet und ihren Blick mit
heroischem Opfermut in das Leidensantlitz
 
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