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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 6.1888

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Nr. 3
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Aldenkirchen, ...: Die Ausstellung kirchlicher Kunstmalereien und Stickereien der Vergangenheit in Crefeld
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https://doi.org/10.11588/diglit.15864#0028

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als Jury bei Beendigung der Ausstellung
einige besonders wichtige Nutzanwendungen
niederlegten, werden einige kurze praktische
Erwägungen und archäologische Hinwei-
sungen immerhin den Lesern des „Archivs"
noch willkommen sein.

Ich möchte hier au erster Stelle die
Aufmerksamkeit auf die Frage richten, wel-
chen Stoff man am besten zur Anferti-
gung der Paramente verwenden solle?
Aermere Kirchen können nicht nachdrücklich
genug vor den billigeren Qualitäten der
Seidendamaste gewarnt werden, zu deren
Herstellung neben der Seide auch Baum-
wolle und Leinen verwandt wird, und die
unter dem Namen Serilin in den Handel
kommen. „Billig und schlecht" ist die
Signatur dieser Stoffe, bei welchen die
Seide von dem mit ihr verwebten Leinen-
faden förmlich aufgezehrt wird, so daß
nach einiger Zeit nur noch das leinene
Gewebe sich zeigt. Zwingen die Rück-
sichten auf das Budget zur Verwendung
billigen Stoffes, so möge mau einen Wol-
lendamast wählen, weil derselbe dauerhaft
ist und, wie eine ausgestellte, dem 15.
Jahrh. ungehörige Kasel aus Brünn zeigt,
nach Jahrhunderten noch in seiner äußeren
Erscheinung einen würdigen Eindruck macht,
was von den Seriliu-Stofsen schon nach
verhältnißmäßig kurzem Gebrauch nicht
gesagt werden kann. Bei reicheren Mitteln
sollte man guten echten Seidendamast
nehmen und namentlich für die weißen
Paramente eine Musterung wählen, die
durch farbige Konturiruug der Hauptmotive
in Tamburirstich prägnanter hervorgehoben
werden kann, wodurch auch eine harmo-
nische Verbindung des Stoffes mit dem
farbigen, fei es gewebten oder gestickten
Caselkreuz erzielt wird. Was wir an sol-
chen Arbeiten aus neuerer Zeit, z. B. an
einer auch in ihrem herrlichen alten Kreuz
nicht geschickt restaurirten Casel aus Eus-
kirchen sahen, war recht abschreckender Art,
während mustergiltige Belebung des Stof-
fes durch aufgestickte Ornamente an mehre-
reil Paramenten zll bewundern war, ich
nenne nur die dem 15. Jahrhundert an-
gehörenden Caseln und Dalmatiken aus
der Stiftskirche in Kyllburg und der Pfarr-
kirche von St. Johann Baptist in Köln,
sowie den Chormantel aus der Kirche in
Kaiserswerth, bei welchen in Gold und

Seide aufgestickte Adler bezw. Granatäpfel
ein wiederkehrendes Muster von großer
Wirkung bilden.

Unstreitig der würdigste, wirkungsvollste
und schönste Paramentenstoff bleibt aber der
Sammt, und da die neuere Industrie densel-
ben in vorzüglicher Güte und zu verhältniß-
mäßig nicht hohen Preisen herstellt, so sollte
man, namentlich wenn es sich um Beschaffung
voll Festtagsparamenten handelt, wieder
mehr zu einem Stoffe zurückkehren, beit,
wie unsere Ausstellung an zahlreichen Bei-
spielen zeigte, das Mittelalter trotz seines
damals viel höheren Preises vorzugsweise
verwendet hat. Referent ließ vor einigen
Jahren rothen Sammt nach einem alten
feinlinigen Granatapfelmuster Herstellen, bei
welchem das Muster in rothem Satin sich
äußerst wirkungsvoll von dem höher stehen-
den Sammt abhob, und schwarzen mit weißem
Satinmuster. Dieser Versuch zeigte, daß
sich bei einigem guten Willen auf die-
sem Gebiete wieder viel Schönes erzielen
läßt, wenn wir auch einstweilen mit einer
Nachahmung der einfacheren geschnittenen
Sammte uns begnügen müßten, welche die
Ausstellung in größter Mannigfaltigkeit
der Musterung vorführte. Es würde, wenn
diese erst wieder mehr in Aufnahme ge-
kommen , gewiß wohl nur einige Zeit
dauern, bis die Fabrikanten, welche für
profane Zwecke so reiche Muster in den
verschiedensten Farben und Techniken Her-
stellen, den Muth finden, auch die reiche-
ren und theueren Stoffe mit ausschließ-
lich kirchliche Motive zeigenden Mustern
zu schaffen. Für diese wären dann die
überaus wirkungsvollen Vorbilder zu ver-
wertheu, die lvir namentlich an mehreren
Caseln, Chormänteln und Dalmatiken aus
dem Aachener Dom, der Pfarrkirche zu
Bracht und aus Privatbesitz bewundern.
Bei diesen zeigt sich bald eine Verbindung
von geschnittenem und ungeschnittenem
Sammt (sog. Frise) auf gleichfarbigem
Atlas- oder Satingrund, bald eine zarte
blaue Sammtkoutour auf einem Grund
von Gold-Frise, bald geschnittener Sammt
in zwei verschiedenen Höhen auf Gold-
grund oder mit eingefprengten Goldfäden
(velorirg sur velours en or frise). Zu
beachten wäre nur, daß für weiße Para-
mente der Sammt sich weniger eignet und
daß bei Färbung der Seide für die rothen,
 
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