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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 7.1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.15865#0016

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12

Beim Zusammenstellen der Maße mit und
ahne Mauerdicke sieht der Verfasser zuletzt drei
Zahlen beisammen: 78, 28 und 20. 78 der

lichte Raum von der Tempelvorhalle bis an die
Ostmauer des Priestervorhofs, 28 der Durchschnitt
des Altars mit seinen Umgängen, und,20 der-
selbe Durchschnitt ohne Umgänge. 78, 28, 20
sieh da, eben das ist die Zauberformel! 20:28
ist das Verhältnis des einbeschriebenen Quadrats
zum umbeschriebenen und 78 (eigentlich 77 - 94)
ist der Durchmesser des umbeschriebeneu Sechs-
sterns ! Daß der Verfasser vom Altar als Zen-
trum ausgehen und die Formel bestimmen kann,
welch äußerst günstige Position gegenüber ander-
weitigen Versuchen, wobei man an den Säulen-
basen sein Normativ sich holte. Die Ver-
längerung und Durchkreuzung der Scheitellinien
vollenden das Ganze nach Höhe und Tiefe.

Kreis und gleichseitiges Dreieck haben so den
Tempel der Israeliten, das achte Wunderwerk
der Welt erbaut! Kreis und gleichseitiges Dreieck
sind ja auch die primitivsten Formen der Geo-
metrie , ein starkes Präjudiz der Nichtigkeit der
Aufstellungen Peter Wolffs. Da ist nicht die
Rede von sinus und Cosinus, von Kubik- und
Quadratwurzeln, nicht von der Teilung einer
Linie nach dem goldenen Schnitt, nicht einmal
vom Winkel-Anträgen. Zirkel, Lineal und ein
guter Maßstab genügen. Man läßt den Zirkel
kreisen, verbindet die Schnittpunkte mit dem Lineal,
verlängert und mißt, — das ist alles!

So weit konnte aber ganz gut schon ein Sa-
lomo in der Geometrie sein, von dem die heilige
Schrift sagt, daß er zu reden wußte „von der
Ged er ans dein Libanon bis zum Jsop an der
Mauer, über die Vierfüßer und Vögel, über Ge-
würm und Fische; und daß von allen Völkern
Leute kamen, seine Weisheit zu hören". (III Kap.
4, 33.) Bekannt ist ja auch von den Aegyptern
ihre wahrhaft staunenswerte Kenntnis; der Pro-
portionen und ihrer Messungen. (Kaiser, Aegypten
p. 67.) Und Salomo stand doch den Aegyptern
nahe und ward von ihnen noch bewundert! So
schmückt den vielgefeierten Fürsten ein vierfacher
Ruhmeskranz: des Staatsmannes, Philosophen,
Dichters und genialen Baumeisters.

Das Resultat der Wolff'scheu Entdeckung ist
sehr eingreifend. Zunächst erhellt daran noch
mehr als bisher schon angenommen wurde, der
Unterschied von einst und jetzt. Wir suchen
heute die Massen zu vergeistigen durch kühnen
Wurf derselben (romanische Gewölbe) oder durch
die Durchbrechung derselben (Gothik, insbesondere
die Thurmhelme); die Alten thaten es durch ratio-
nelle, proportionelle Gruppirung der Complexe.
Beides macht seine charakteristischen Effekte.

Die Lektüre unseres Buches stellt durchaus
keine hohen geometrischen Anforderungen oder
eigentlich gar keine; bei zwei- und dreimaligem
aufmerksamem Dnrcharbeiten ist es einem völlig
geläufig. Wegen seiner umfassenden Quellen-
kenntniß, einfachen und klaren Schreibweise, be-
sonnenen Kritik, lückenlosen, alle historischen und
technischen Momente genau berücksichtigenden
Durchführung ist es ein Werk von bleibendem

Werthe, dem recht viele Freunde ;u wün-
schen sind.

Nur Eine Ausstellung. Daß die Mauer zwi-
schen Vorhalle und Tempel bald zu 6 bald zu
5 Ellen genommen ist, wird vom Verfasser selbst
erläutert (p. 43 Anmerkung). Warum aber
nicht den Ausdruck „Berg Maria", „Hügel Ma-
ria", der ans gar so schwachen Stützen ruht, end-
lich ganz entfernen? In der ersten Hälfte ist
er allerdings, gerade ein Hanptort, weggeblieben,
in der ztveiten aber hat er sich doch wieder ein-
geschlichcn. Da die Tafel III ans der Linie von
Q P der Tafel II sich aufbaut, hätte die Altar-
höhe auch eingezeichnet werden sollen.

Ein schönes Tableau des alten Tempels von
Pater Wolffs Meisterhand entworfen und als
Pendant die Peterskirche in Rom, wer die zwei
hätte, der möchte sich glücklich schätzen dürfen.

Kapl. Schwager.

Annoncen.

Herder' sehr Vrrlagshandlung»
Freidurg im Vreisgau.

Soeben ist erschienen und durch alle Buch-
handlungen zu beziehen:

Graus, J., Die katholische
Kirche u. die Renaissance.

Zweite, erweiterte A u f 1 a g e. gr. 8°.
(So S.) M. 1.25.

Herder'sche Verlagshandlung,
Freiburg im Vreisgau.

Soeben ist erschienen und durch alle Buch-
handlungen zu beziehen:

Frantz, Dr. C, Geschichte der
christlichen Malerei. ?. Lieferung.

Bilder zum erstell Teil: Bon den Anfängen
bis zum Schluß der romanischen Epoche,
gr. 8°. (IV u. 44 Tafeln mit 63 Bildern.)
Ansnahmspreis für Abonnenten der Liefe-
rungs-Ausgabe M. 2. —, für Nicht-Abon-
nenten M. 3.

Das werk wird zwei Bände umfassen und
mit Raphael abschließen.

Hiezu eine Beilage:

Bildwerk des romanischen Taufsteins in Freu-
denstadt. (Die Aufnahme geschah in sachkun-
diger weise durch Photograph Fiedler in Freu-
denftadtZ

Stuttgart, Buchdruckerei der Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt".
 
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